Badearzt
29. Doktor Graesler
box 4/7
An a aa u — K
at
Nr. 111.
Berliner Tageblatt.
Freitag, den 2. März 1917.
WT
Tenee eeen
S n nicht besonders zahtreich bedacht. In allen Gemeinden ist dem Wunsche bringenden Gesteltung
Diese hat dem Plane in ihren Grundzügen zugestimmt und nur
wiederholt Ausdruck gegeben worden, die vorhandenen Spielplätze erheblich übersteigt.
in einigen Punkten Abänderungen beschlossen. Mit diesen Abande¬
weiter auszudehnen und neue große Plätze anzulegen. Nach einem enthält zugleich die
rungen lag nun die Vorlage zur Zustimmungserklärung der Ver¬
Gerüchte sollte jetzt der umfangreiche Spiel= und Sportplatz in
Verneinung der Zul#
sammlung vor. Die Einrichtung soll erst zu geeigneter Zeit nach
Hohenschönhausen, der von Sportvereinen, Turnern und
von, daß keine Mögl
Friedensschluß ins Leben treten, bis dahin aber nach Möglichkeit
von der Jugendwehr oft und gern benutzt wird, eingehen unb das
feste, nachweisbare u
vorbereitet werden. Die Vorlage wurde nach kurzer Erörterung
Gelände der Bebauung erschlossen werden. Wie wir von zu¬
auch die Mög ichkeit
einem Ausschusse zur Vorberatung überwiesen.
ständiger Stelle erfahren, entbehren diese Gerüchte jeder Unterlage.
die unter allen Bed
Es folgten dann zwei gleichlautende dringliche Anträge, die
Im Gegenteil schweben gegenwärtig zwischen Hohenschänhausen und
einerseits von den Sozialdemokraten, andererseits von den bürger¬
An der anschließ
einer großen Nachbargemeinde Verhandlungen, die bezwecken, den
lichen Fraktionen gestellt sind, und dahin gehen: „Die Versammlung
Dr. Alsberg,
Spiel= und Sportplatz dauernd für die Groß=Berliner zu er¬
ersucht den Magistrat, die ärztliche Behandlung der er¬
der anständige und
halten.
krankten Kriegsteilnehmerangehörigen auch nach dem
schiedenartigen Auff
Zehn Einbrecher verhaftet. Seit längerer Zeit wurden die
15. März dieses Jahres sicherzustellen.“ Stadtv. Dr. Weyl (Soz.)
gerichts charakterisie
westlichen Vororte Berlins von einer Einbrechergesellschaft unsicher
empfahl den Antrag anzunehmen, damit nicht ein arztloser Zustand
nische Mittel gegen
gemacht. Der Schöneberger Kriminalpoliz;i ist es
einrete, der nicht im Interesse der öffentlichen Gesund¬
direktor Heusler, G
jetzt gelungen, zehn Einbrecher im Alter von 18 bis 20 Jahren
heitspflege liegen würde. Morgen solle im Magistrat ein endgültiger
Schlußwort des Vo
Beschluß in dieser wichtigen Suche, in dem es zu Zwiespalt mit
zu verhaften. Den Verhafteten konnte eine ganze Reihe von Ein= ohne Murren und
Der Vorhang hob sich. Man gab einen neueren deutschen die in Ausstattun
Schwank, Katharina unterhielt sich vortrefflich, und oft lachte doch als sie mit ihr
Doktor Gräsler, Badearzt
sie auf, aber ohne sich nach ihrem Nachbar hinzuwenden. Im
trat, sah sie ihn
ersten Zwischenakt kaufte er ihr eine Tüte Bonbons, die sie
Ende verheiratet,“
Erzählung
dankbar lächelnd entgegennahm. Während des zweiten Aktes
Er lächelte zuer
pon
(Nachdruck verboten.]
117. Fortsetzung.)
nickte sie ihm bei Stellen, die ihr besonders lustig erschienen, über die Stirn, um
Arthur Schnitzler.
freudig zu. Während das Spiel weiterging, dem Dr. Gräsler daß dieses völlign
etwas zerstreut zuhörte, fühlte er von einer Loge her einen
bestimmt gewesen
„Nun, haben Sie ihn eines besseren oder schlechteren be¬
Operngucker auf sich gerichtet. Er erkannte Böhlinger,
gestorben war. K
lehrt?“
grüßte ihn unbefangen und erwiderte in keiner Weise den
dann trat sie näh
„Das hab’ ich getan. War es nicht recht von mir?“
pfiffig fragenden Blick des alten Freundes. Als er im letzten
schmeichelnd mit d
„O, ich habe keinen Grund, aus meinem Beruf ein Ge¬
Zwischenakt mit Katharina in den Wandelgängen hin und
tat. Er drehte das
heimnis zu machen. Und haben Sie denn auch zu Hause ge¬
her spazierte, hing er sich plötzlich in ihren Arm, was sie ohne
und jetzt erst ließ
sagt, daß Sie heute mit mir ins Theater zu gehen beab¬
weiteres geschehen ließ, gab über die Leistungen einiger Dar= zulegen. Dann a
sichtigen?“
steller seine Meinung ab, aber so eindringlich und leise, als anschickte, den Tisch
„Das geht niemanden was an. Und es fragt mich auch
gäbe es ein holdes Geheimnis zwischen ihm und seiner reizen= stand darauf, das
keiner. Ich könnte doch wohl auch allein gehen — nicht wahr?“
den Begleitein, und er war etwas enttäuscht, Böhlinger nicht
sihl nahm er auf
„Gewiß könnten Sie, aber es ist mir lieber, — so wie es
zu begegren. Das letzte Zeichen tönte, und als Gräsler nun
mit leiser Rührun
sich gefügt hat.“
wieder neben Katharinen saß, rückte er so nahe an sie heran,
reitungen für das
Sie blickte zu ihm auf, nach ihrer Gewohnheit die eine
daß ihre Arme sich berührten, und da sie den ihren nicht regte,
hierin, sondern au
Hand an ihren Hutrand führend, und sagte: „Allein macht es
fühlte er, wie sich allmählich eine immer vertrautere Beziehung
einer Geschicklichte
einem keine rechte Freude. Theater ist nur in Gesellschaft
zwischen ihm und ihr hergestellt hatte, und er es wohl wagen
Haus und Wirtsch
schön. Es muß jemand daueben sitzen, der auch lacht, und den
durfte in der Garderobe, während er ihr in die Jacke hinein¬
den Tisch, sie teil##
man angucken kann und“ —
half, ihr flüchtig Haare und Wangen zu streicheln.
tranken. Sie plat
„Und, was wollten Sie sagen?“
Als sie vor dem Tore standen, sagte sie, unter dem Hut zu
sich entzüickt über
„Und in den Arm kneifen, wenn es besonders schön wird.“
ihm aufblickend, in einem Ton, der nicht ganz ernst gemeint
halten, und war
„Hoffentlich wird's heute besonders schön — ich stehe jeden¬
klang: „Jetzt muß ich schauen, daß ich nach Hause komm'.“
selten Theater bes
falls zur Verfügung.
„Aber vorher,“ entgegnete er gewandt, „werden Sie mir,
schen Genüsse vorz
Sie lachte leise und begann einen sehr raschen Schritt an¬
wie ich hoffe, liebes Fräulein Katharina, die Ehre erweisen,
darüber, wie schor
zuschlagen, als fürchtete sie, den Anfang zu versäumen.
mein bescheidenes Mahl mit mir zu teilen.“
gnügungen solcher
„Wir sind zu früh da,“ sagte Dr. Gräsler, als sie vor dem
Aufenthalt von H#
Sie sah ihn zuerst an wie fragend, dann nickte sie ernst
Theatergebäude standen, es ist beinahe noch eine Viertel¬
aus einer kleinen
und so rasch, als verstünde sie mehr, als er gesagt hatte. Und
stunde Zeit.“
er bald wieder ü
wie zwei Liebende, deren Schritte die Leidenschaft beschleunigt,
Sie hörte nicht auf ihn. Leuchtenden Auges lief sie ihm
Arm in Arm, eilten sie durch die abendlichen Straßen seinem
müsse, wo es kein
voraus in den ersten Rang, kümmerte sich kaum um ihn, als
Hause zu.
und man auf kleit
er ihr behilflich war, die Jacke abzulegen, und erst als sie
Als sie in seiner Wohnung angelangt waren und er im
niedern Steinmau
nebeneinander auf ihren Plätzen in der dritten Reihe saßen,
fragte, ob es dor
Arbeitszimmer Licht gemacht hatte, blickte Katharina rings
traf ihn ein dankbarer Blick.
sich vor ihnen schü
um sich und betrachtete alle Bilder und Bücher mit neugierigen
Dr. Gräsler suchte in dem mäßig besetzten Zuschauerraum
schon wieder dorth
Augen. Gefällt es Ihnen bei mir?“ fragte er. Sie nickte.
— „Drei¬
„Es ist aber doch ein ganz altes Haus, nicht wahr?“
fragte er wie im
nach bekannten Gesichtern. Hier und da bemerkte er eines,
dessen er sich zu erinnern vermochte. Ihn selbst, der im
„Und wie neu da herin alles aus- den rasch genossen
hundert Jahre gewiß.
Dämmer saß, erkannte gewiß niemand.
Gern erbot er sich, ihr die übrigen Räume zu zeigen, Scherz eine Ahnum
sieht.“
29. Doktor Graesler
box 4/7
An a aa u — K
at
Nr. 111.
Berliner Tageblatt.
Freitag, den 2. März 1917.
WT
Tenee eeen
S n nicht besonders zahtreich bedacht. In allen Gemeinden ist dem Wunsche bringenden Gesteltung
Diese hat dem Plane in ihren Grundzügen zugestimmt und nur
wiederholt Ausdruck gegeben worden, die vorhandenen Spielplätze erheblich übersteigt.
in einigen Punkten Abänderungen beschlossen. Mit diesen Abande¬
weiter auszudehnen und neue große Plätze anzulegen. Nach einem enthält zugleich die
rungen lag nun die Vorlage zur Zustimmungserklärung der Ver¬
Gerüchte sollte jetzt der umfangreiche Spiel= und Sportplatz in
Verneinung der Zul#
sammlung vor. Die Einrichtung soll erst zu geeigneter Zeit nach
Hohenschönhausen, der von Sportvereinen, Turnern und
von, daß keine Mögl
Friedensschluß ins Leben treten, bis dahin aber nach Möglichkeit
von der Jugendwehr oft und gern benutzt wird, eingehen unb das
feste, nachweisbare u
vorbereitet werden. Die Vorlage wurde nach kurzer Erörterung
Gelände der Bebauung erschlossen werden. Wie wir von zu¬
auch die Mög ichkeit
einem Ausschusse zur Vorberatung überwiesen.
ständiger Stelle erfahren, entbehren diese Gerüchte jeder Unterlage.
die unter allen Bed
Es folgten dann zwei gleichlautende dringliche Anträge, die
Im Gegenteil schweben gegenwärtig zwischen Hohenschänhausen und
einerseits von den Sozialdemokraten, andererseits von den bürger¬
An der anschließ
einer großen Nachbargemeinde Verhandlungen, die bezwecken, den
lichen Fraktionen gestellt sind, und dahin gehen: „Die Versammlung
Dr. Alsberg,
Spiel= und Sportplatz dauernd für die Groß=Berliner zu er¬
ersucht den Magistrat, die ärztliche Behandlung der er¬
der anständige und
halten.
krankten Kriegsteilnehmerangehörigen auch nach dem
schiedenartigen Auff
Zehn Einbrecher verhaftet. Seit längerer Zeit wurden die
15. März dieses Jahres sicherzustellen.“ Stadtv. Dr. Weyl (Soz.)
gerichts charakterisie
westlichen Vororte Berlins von einer Einbrechergesellschaft unsicher
empfahl den Antrag anzunehmen, damit nicht ein arztloser Zustand
nische Mittel gegen
gemacht. Der Schöneberger Kriminalpoliz;i ist es
einrete, der nicht im Interesse der öffentlichen Gesund¬
direktor Heusler, G
jetzt gelungen, zehn Einbrecher im Alter von 18 bis 20 Jahren
heitspflege liegen würde. Morgen solle im Magistrat ein endgültiger
Schlußwort des Vo
Beschluß in dieser wichtigen Suche, in dem es zu Zwiespalt mit
zu verhaften. Den Verhafteten konnte eine ganze Reihe von Ein= ohne Murren und
Der Vorhang hob sich. Man gab einen neueren deutschen die in Ausstattun
Schwank, Katharina unterhielt sich vortrefflich, und oft lachte doch als sie mit ihr
Doktor Gräsler, Badearzt
sie auf, aber ohne sich nach ihrem Nachbar hinzuwenden. Im
trat, sah sie ihn
ersten Zwischenakt kaufte er ihr eine Tüte Bonbons, die sie
Ende verheiratet,“
Erzählung
dankbar lächelnd entgegennahm. Während des zweiten Aktes
Er lächelte zuer
pon
(Nachdruck verboten.]
117. Fortsetzung.)
nickte sie ihm bei Stellen, die ihr besonders lustig erschienen, über die Stirn, um
Arthur Schnitzler.
freudig zu. Während das Spiel weiterging, dem Dr. Gräsler daß dieses völlign
etwas zerstreut zuhörte, fühlte er von einer Loge her einen
bestimmt gewesen
„Nun, haben Sie ihn eines besseren oder schlechteren be¬
Operngucker auf sich gerichtet. Er erkannte Böhlinger,
gestorben war. K
lehrt?“
grüßte ihn unbefangen und erwiderte in keiner Weise den
dann trat sie näh
„Das hab’ ich getan. War es nicht recht von mir?“
pfiffig fragenden Blick des alten Freundes. Als er im letzten
schmeichelnd mit d
„O, ich habe keinen Grund, aus meinem Beruf ein Ge¬
Zwischenakt mit Katharina in den Wandelgängen hin und
tat. Er drehte das
heimnis zu machen. Und haben Sie denn auch zu Hause ge¬
her spazierte, hing er sich plötzlich in ihren Arm, was sie ohne
und jetzt erst ließ
sagt, daß Sie heute mit mir ins Theater zu gehen beab¬
weiteres geschehen ließ, gab über die Leistungen einiger Dar= zulegen. Dann a
sichtigen?“
steller seine Meinung ab, aber so eindringlich und leise, als anschickte, den Tisch
„Das geht niemanden was an. Und es fragt mich auch
gäbe es ein holdes Geheimnis zwischen ihm und seiner reizen= stand darauf, das
keiner. Ich könnte doch wohl auch allein gehen — nicht wahr?“
den Begleitein, und er war etwas enttäuscht, Böhlinger nicht
sihl nahm er auf
„Gewiß könnten Sie, aber es ist mir lieber, — so wie es
zu begegren. Das letzte Zeichen tönte, und als Gräsler nun
mit leiser Rührun
sich gefügt hat.“
wieder neben Katharinen saß, rückte er so nahe an sie heran,
reitungen für das
Sie blickte zu ihm auf, nach ihrer Gewohnheit die eine
daß ihre Arme sich berührten, und da sie den ihren nicht regte,
hierin, sondern au
Hand an ihren Hutrand führend, und sagte: „Allein macht es
fühlte er, wie sich allmählich eine immer vertrautere Beziehung
einer Geschicklichte
einem keine rechte Freude. Theater ist nur in Gesellschaft
zwischen ihm und ihr hergestellt hatte, und er es wohl wagen
Haus und Wirtsch
schön. Es muß jemand daueben sitzen, der auch lacht, und den
durfte in der Garderobe, während er ihr in die Jacke hinein¬
den Tisch, sie teil##
man angucken kann und“ —
half, ihr flüchtig Haare und Wangen zu streicheln.
tranken. Sie plat
„Und, was wollten Sie sagen?“
Als sie vor dem Tore standen, sagte sie, unter dem Hut zu
sich entzüickt über
„Und in den Arm kneifen, wenn es besonders schön wird.“
ihm aufblickend, in einem Ton, der nicht ganz ernst gemeint
halten, und war
„Hoffentlich wird's heute besonders schön — ich stehe jeden¬
klang: „Jetzt muß ich schauen, daß ich nach Hause komm'.“
selten Theater bes
falls zur Verfügung.
„Aber vorher,“ entgegnete er gewandt, „werden Sie mir,
schen Genüsse vorz
Sie lachte leise und begann einen sehr raschen Schritt an¬
wie ich hoffe, liebes Fräulein Katharina, die Ehre erweisen,
darüber, wie schor
zuschlagen, als fürchtete sie, den Anfang zu versäumen.
mein bescheidenes Mahl mit mir zu teilen.“
gnügungen solcher
„Wir sind zu früh da,“ sagte Dr. Gräsler, als sie vor dem
Aufenthalt von H#
Sie sah ihn zuerst an wie fragend, dann nickte sie ernst
Theatergebäude standen, es ist beinahe noch eine Viertel¬
aus einer kleinen
und so rasch, als verstünde sie mehr, als er gesagt hatte. Und
stunde Zeit.“
er bald wieder ü
wie zwei Liebende, deren Schritte die Leidenschaft beschleunigt,
Sie hörte nicht auf ihn. Leuchtenden Auges lief sie ihm
Arm in Arm, eilten sie durch die abendlichen Straßen seinem
müsse, wo es kein
voraus in den ersten Rang, kümmerte sich kaum um ihn, als
Hause zu.
und man auf kleit
er ihr behilflich war, die Jacke abzulegen, und erst als sie
Als sie in seiner Wohnung angelangt waren und er im
niedern Steinmau
nebeneinander auf ihren Plätzen in der dritten Reihe saßen,
fragte, ob es dor
Arbeitszimmer Licht gemacht hatte, blickte Katharina rings
traf ihn ein dankbarer Blick.
sich vor ihnen schü
um sich und betrachtete alle Bilder und Bücher mit neugierigen
Dr. Gräsler suchte in dem mäßig besetzten Zuschauerraum
schon wieder dorth
Augen. Gefällt es Ihnen bei mir?“ fragte er. Sie nickte.
— „Drei¬
„Es ist aber doch ein ganz altes Haus, nicht wahr?“
fragte er wie im
nach bekannten Gesichtern. Hier und da bemerkte er eines,
dessen er sich zu erinnern vermochte. Ihn selbst, der im
„Und wie neu da herin alles aus- den rasch genossen
hundert Jahre gewiß.
Dämmer saß, erkannte gewiß niemand.
Gern erbot er sich, ihr die übrigen Räume zu zeigen, Scherz eine Ahnum
sieht.“