29. Doktor Graesler
Badearzt
box 4/8
S D LE L ECZL
Nr. 135.
Donnerstag, den 15. März 1917.
Beitinel=Lagerian.
Sr
Ter
D
Sine hn ur — Sen
weniger als 1916,
Auf eine Anfrage des Stadtverordneten Dr. Landsberger,
Direktor, Herr Steiner, tritt am 1. April von der Leitung der Speziali¬
tungen in Höhe vo
tätenbühne in der Friedrichstraße zurück und an seine Stelle tritt
ob auch die Stadt Charlottenburg Schulkinder für mehrere
letzten Jahren auf
Direktor Klein. Im April wird noch ein reines Spezialitäten¬
Monate auf das Land zu senden beabsichtige, erwiderte Ober¬
programm gespielt werden, während für den Mai von dem neuen
Pachtungen zu vern
bürgermeister Dr. Scholz, daß sich der Magistrat bereits mit der
Leiter der Bühne ein neues Variétégenre geplant ist.
deutend höher
Angelegenheit befasse und in der nächsten Sitzung den Stadtver¬
Preußisch=Süddeutsche Klassenlotterie. Bei der gestrigen
Einnahmen der Sch
ordneten eine Vorlage unterbreiten werde.
Nachmittagsziehung der 3. Klasse der Preußisch=Süddeutschen Klassen¬
die Ausgaben mit
In geheimer Sitzung beschäftigte sich die Versammlung mit
lotterie fiel ein Gewinn von 75000 Mark auf Abteilung I Nr. 4535
schließt mit einer #
der Aufnahme einer neuen städtischen Anleihe. Wie
nach Berlin, der zweite Gewinn von 75000 Mark auf Abtei¬
118000 Mark ab.
wir hören, soll es sich um eine Anleihe von vielen
lung II Nr. 4585 nach Jauer.
gung von 92 000
Millionen Mark handeln.
Wieder drei Brotkartendiebe verhaftet. In der Münz¬
69 100 Mark Ausge
Die Wilmersdorfer Stadtverordnetenversammlung
straße wurde gestern von Kriminalbeamten ein Mann be¬
haltung weist folge
beschäftigte sich in ihrer gestrigen Sitzung gleichfalls mit dem Haus¬
obachtet, der zwischen einzelnen Schankwirtschaften hin und her
einnahmen in Buch
haltsplan für 1917, der mit 17 Millionen Mark abschließt.
ging und sich auf verschiedenen Hausfluren längere Zeit aufhielt.
1916 und rund 11
Oberbürgermeister Habermann gab ein Ziffernbild von dem
Es stellte sich heraus, daß er auf seinen Gängen Kunden für Brot¬
Angekauft sollen i
neuen Haushaltsplan. Er führte aus, daß die Einkommensteuer ein
karten suchte und mit ihnen auf den Fluren die Geschäfte ab¬
Schmetzdorf für 805
könnte. Ich habe nämlich das Vergnügen —“—,Ah, unter¬
da schickt man
brach ihn Frau Rebner sichtlich erfreut, „Sie sind wohl der
kosten, und nun
Doktor Gräsler, Badearzt
Herr Doktor, den Katharina auf dem Land bei Ludmilla kennen
es wird wohl nich
gelernt, und von dem sie das schöne Tuch bekommen hat?“
im Freie
Erzählung
„Ja, der bin ich, Dr. Gräsler ist mein Name. — „Freilich,
wahr,
Dr. Gräsler .. sie hat uns von Ihnen erzählt . .. ja. Und
von
[28. Fortsetzung.)
[Nachdruck verboten.]
Ke
ich will gleich nachsehen, ob es möglich ist, sie liegt nämlich zu
über
Arthur Schnitzler.
Bette. Gestern ist sie erst zurückgekommen, sie wird sich wohl
war
erkältet haben.“
Der Gedanke, so aufs Ungewisse hin hier in Wind und Regen
Augen,
Gräsler erschrak heftig. „Zu Bette? Seit wann?“ — „Sie
schon fielen die ersten Tropfen — stundenlang auf und ab
Schnurrk
ist heute noch gar nicht aufgestanden. Es wird wohl auch ein
zu laufen, war recht peinlich. Und nun begann er doch einer
Schar
wenig Fieber dabei sein.
inneren Stimme Gehör zu geben, die sich schon längst schüchtern
hier gehabt, Frau Rebner?“ chon einen Arzt
„Ach, das Frühstück hat ihr nochDa
gemeldet hatte: Wenn Katharina am Ende zu Hause wäre?
so gut geschmeckt, das geht schon vorüber. — „Vielleicht wür¬
Vielleicht, daß sie früher aus dem Geschäfte fortgegangen war,
den Sie mir aber erlauben, da mich der Zufall eben hergeführt
wenn das auch am ersten Tag na# ihrem Urlaub nicht viel
dan
hat, — ich denke Fräulein Katharina wird nichts dagegen
Wahrscheinlichkeit für sich hatte. Oder ihr Urlaub war noch
haben.“ — „Nun ja, da Sie doch Arzt sind, es trifft sich vielleicht
gar nicht abgelaufen, und sie verbrachte den letzten freien Tag
zu
ganz gut.“
im Kreise der Familie. Er glaubte das alles selbst nicht recht,
wir
Und sie führte ihn durch ein ziemlich geräumiges, nicht er¬
aber diese Erwagungen taten ihm wohl, um so mehr, als es ja
auche
leuchtetes Zimmer in ein kleineres, wo Katharina im Bette
nicht übermäßig schwierig war, sich Gewißheit zu verschaffen.
Ja.
lag. Auf dem Nachtkästchen stand eine Kerze, von der ein
Man bemühte sich einfach die drei Treppen hinauf und fragte
Gräsler,
un
Lichtschein über das feuchte, weiße Tuch flackerte, das vielfach
oben beim Herrn Postbeamten Rebner, ob das Fräulein Tochter
er noch
zusammengefaltet auf Katharinens Stirn lag, so daß ihre
nicht daheim wäre. Das würde kaum sonderlich auffallen.
er niu
Augen vorerst ganz unsichtbar waren.
So genau nahm man es wohl nicht in einer Familie, wo das
ihrem
„Katharina“ rief Gräsler. Sie rückte das Tuch an¬
Fräulein Tochter mit doppelt so viel Gepäck vom Lande zurück¬
Zwinke
scheinend mühsam von den Augen fort, die trüb erglänzten.
kam, als sie abgereist war. Und wenn sie nicht zu Hause war,
seiner Fre
„Guten Abend“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln, doch
so erfuhr man vielleicht bei dieser Gelegenheit, unter welch
erklärte Gr
wie abwesend.
einem Vorwand sie den Abend außer Haus verbrachte. Und
bleiben wer
„Katharina!“ Er stand an ihrem Bett, entfernte hastig die
wenn sie daheim war, nun, um so besser, da war ja alles schön
bedeutungsv
Decke von ihrem Hals, schob das Hemd von ihren Schutern
und gut, da hatte man sie eben gleich wieder und machte alles
so vermöchte er
weg und eine dunkle Röte zeigte sich. Das Fieber schien sehr hoch
Nötige für morgen, übermorgen und die nächsten Tage mit ihr
erste Anzeichen un
gestiegen, die Abgeschlagenheit war beträchtlich, und so bedurfte
ab. Denn dann war ja alles unsinnig, was ihm durch den
„Nun, Katharis
es für Gräsler keiner eingehenderen Untersuchung mehr, um
Kopf gegangen war. Dann hatte er nichts zu tun, als ihr inner¬
tretend, „du kann
Katharinens Erkrankung als Scharlach zu erkennen. Und ihre
lich abzubitten, was er ihr zugemutet in seiner erbärmlichen
nicht jede. „Aber,
eine Hand in der seinen haltend, tief bedrückt, sich wie ein
Laune, an der eine andere viel mehr Schuld trug als sie. So
„das will ich Ihn
Schuldiger fühlend, sank er auf den Sessel neben dem Bett hin.
stand er mit den besten Gesinnungen für sie vor der
Leute. Wenn sie
In diesem Augenblick kam der Vater heim, und schon in
Wohnungstür.
nur zu Gast bei L##
der Türe rief er: „Aber, Kinder, was macht ihr denn für Ge¬
Er klingelte; eine kleine ältliche Frau im Hauskleid,
das Billet hin un
schichten? So habt ihr also wirklich einen Doktor —“ Seine
mit vorgebundener Küchenschürze öffnete und sah ihn ver¬
Seine Frau verw
Frau trat ihm entgegen. „Nicht so laut,“ sagte sie, „der Kopf
wundert an.
Wohnzimmer, da
tut ihr weh. Es ist ja der Doktor, den sie draußen bei Lud¬
„Verzeihung“ sagte Gräsler, „ich bin hier recht bei Herrn
Katharina mit ihr
milla kennen gelernt hat.“
Postbeamten Rebner?“ — „Gewiß, ich bin seine Frau.
„Natürlich. Ja.
„Ach so,“ sagte der Vater nähertretend, „das freut mich i
Ich möchte gern — ich wollte nämlich fragen,
ob ich vielleicht ein Wort mit Fräulein Katharina sprechen
sehr, Ihre werte Bekanntschaft zu machen. Ja, sehen Sie,
Sch
Badearzt
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Nr. 135.
Donnerstag, den 15. März 1917.
Beitinel=Lagerian.
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Sine hn ur — Sen
weniger als 1916,
Auf eine Anfrage des Stadtverordneten Dr. Landsberger,
Direktor, Herr Steiner, tritt am 1. April von der Leitung der Speziali¬
tungen in Höhe vo
tätenbühne in der Friedrichstraße zurück und an seine Stelle tritt
ob auch die Stadt Charlottenburg Schulkinder für mehrere
letzten Jahren auf
Direktor Klein. Im April wird noch ein reines Spezialitäten¬
Monate auf das Land zu senden beabsichtige, erwiderte Ober¬
programm gespielt werden, während für den Mai von dem neuen
Pachtungen zu vern
bürgermeister Dr. Scholz, daß sich der Magistrat bereits mit der
Leiter der Bühne ein neues Variétégenre geplant ist.
deutend höher
Angelegenheit befasse und in der nächsten Sitzung den Stadtver¬
Preußisch=Süddeutsche Klassenlotterie. Bei der gestrigen
Einnahmen der Sch
ordneten eine Vorlage unterbreiten werde.
Nachmittagsziehung der 3. Klasse der Preußisch=Süddeutschen Klassen¬
die Ausgaben mit
In geheimer Sitzung beschäftigte sich die Versammlung mit
lotterie fiel ein Gewinn von 75000 Mark auf Abteilung I Nr. 4535
schließt mit einer #
der Aufnahme einer neuen städtischen Anleihe. Wie
nach Berlin, der zweite Gewinn von 75000 Mark auf Abtei¬
118000 Mark ab.
wir hören, soll es sich um eine Anleihe von vielen
lung II Nr. 4585 nach Jauer.
gung von 92 000
Millionen Mark handeln.
Wieder drei Brotkartendiebe verhaftet. In der Münz¬
69 100 Mark Ausge
Die Wilmersdorfer Stadtverordnetenversammlung
straße wurde gestern von Kriminalbeamten ein Mann be¬
haltung weist folge
beschäftigte sich in ihrer gestrigen Sitzung gleichfalls mit dem Haus¬
obachtet, der zwischen einzelnen Schankwirtschaften hin und her
einnahmen in Buch
haltsplan für 1917, der mit 17 Millionen Mark abschließt.
ging und sich auf verschiedenen Hausfluren längere Zeit aufhielt.
1916 und rund 11
Oberbürgermeister Habermann gab ein Ziffernbild von dem
Es stellte sich heraus, daß er auf seinen Gängen Kunden für Brot¬
Angekauft sollen i
neuen Haushaltsplan. Er führte aus, daß die Einkommensteuer ein
karten suchte und mit ihnen auf den Fluren die Geschäfte ab¬
Schmetzdorf für 805
könnte. Ich habe nämlich das Vergnügen —“—,Ah, unter¬
da schickt man
brach ihn Frau Rebner sichtlich erfreut, „Sie sind wohl der
kosten, und nun
Doktor Gräsler, Badearzt
Herr Doktor, den Katharina auf dem Land bei Ludmilla kennen
es wird wohl nich
gelernt, und von dem sie das schöne Tuch bekommen hat?“
im Freie
Erzählung
„Ja, der bin ich, Dr. Gräsler ist mein Name. — „Freilich,
wahr,
Dr. Gräsler .. sie hat uns von Ihnen erzählt . .. ja. Und
von
[28. Fortsetzung.)
[Nachdruck verboten.]
Ke
ich will gleich nachsehen, ob es möglich ist, sie liegt nämlich zu
über
Arthur Schnitzler.
Bette. Gestern ist sie erst zurückgekommen, sie wird sich wohl
war
erkältet haben.“
Der Gedanke, so aufs Ungewisse hin hier in Wind und Regen
Augen,
Gräsler erschrak heftig. „Zu Bette? Seit wann?“ — „Sie
schon fielen die ersten Tropfen — stundenlang auf und ab
Schnurrk
ist heute noch gar nicht aufgestanden. Es wird wohl auch ein
zu laufen, war recht peinlich. Und nun begann er doch einer
Schar
wenig Fieber dabei sein.
inneren Stimme Gehör zu geben, die sich schon längst schüchtern
hier gehabt, Frau Rebner?“ chon einen Arzt
„Ach, das Frühstück hat ihr nochDa
gemeldet hatte: Wenn Katharina am Ende zu Hause wäre?
so gut geschmeckt, das geht schon vorüber. — „Vielleicht wür¬
Vielleicht, daß sie früher aus dem Geschäfte fortgegangen war,
den Sie mir aber erlauben, da mich der Zufall eben hergeführt
wenn das auch am ersten Tag na# ihrem Urlaub nicht viel
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hat, — ich denke Fräulein Katharina wird nichts dagegen
Wahrscheinlichkeit für sich hatte. Oder ihr Urlaub war noch
haben.“ — „Nun ja, da Sie doch Arzt sind, es trifft sich vielleicht
gar nicht abgelaufen, und sie verbrachte den letzten freien Tag
zu
ganz gut.“
im Kreise der Familie. Er glaubte das alles selbst nicht recht,
wir
Und sie führte ihn durch ein ziemlich geräumiges, nicht er¬
aber diese Erwagungen taten ihm wohl, um so mehr, als es ja
auche
leuchtetes Zimmer in ein kleineres, wo Katharina im Bette
nicht übermäßig schwierig war, sich Gewißheit zu verschaffen.
Ja.
lag. Auf dem Nachtkästchen stand eine Kerze, von der ein
Man bemühte sich einfach die drei Treppen hinauf und fragte
Gräsler,
un
Lichtschein über das feuchte, weiße Tuch flackerte, das vielfach
oben beim Herrn Postbeamten Rebner, ob das Fräulein Tochter
er noch
zusammengefaltet auf Katharinens Stirn lag, so daß ihre
nicht daheim wäre. Das würde kaum sonderlich auffallen.
er niu
Augen vorerst ganz unsichtbar waren.
So genau nahm man es wohl nicht in einer Familie, wo das
ihrem
„Katharina“ rief Gräsler. Sie rückte das Tuch an¬
Fräulein Tochter mit doppelt so viel Gepäck vom Lande zurück¬
Zwinke
scheinend mühsam von den Augen fort, die trüb erglänzten.
kam, als sie abgereist war. Und wenn sie nicht zu Hause war,
seiner Fre
„Guten Abend“, sagte sie mit einem schwachen Lächeln, doch
so erfuhr man vielleicht bei dieser Gelegenheit, unter welch
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wie abwesend.
einem Vorwand sie den Abend außer Haus verbrachte. Und
bleiben wer
„Katharina!“ Er stand an ihrem Bett, entfernte hastig die
wenn sie daheim war, nun, um so besser, da war ja alles schön
bedeutungsv
Decke von ihrem Hals, schob das Hemd von ihren Schutern
und gut, da hatte man sie eben gleich wieder und machte alles
so vermöchte er
weg und eine dunkle Röte zeigte sich. Das Fieber schien sehr hoch
Nötige für morgen, übermorgen und die nächsten Tage mit ihr
erste Anzeichen un
gestiegen, die Abgeschlagenheit war beträchtlich, und so bedurfte
ab. Denn dann war ja alles unsinnig, was ihm durch den
„Nun, Katharis
es für Gräsler keiner eingehenderen Untersuchung mehr, um
Kopf gegangen war. Dann hatte er nichts zu tun, als ihr inner¬
tretend, „du kann
Katharinens Erkrankung als Scharlach zu erkennen. Und ihre
lich abzubitten, was er ihr zugemutet in seiner erbärmlichen
nicht jede. „Aber,
eine Hand in der seinen haltend, tief bedrückt, sich wie ein
Laune, an der eine andere viel mehr Schuld trug als sie. So
„das will ich Ihn
Schuldiger fühlend, sank er auf den Sessel neben dem Bett hin.
stand er mit den besten Gesinnungen für sie vor der
Leute. Wenn sie
In diesem Augenblick kam der Vater heim, und schon in
Wohnungstür.
nur zu Gast bei L##
der Türe rief er: „Aber, Kinder, was macht ihr denn für Ge¬
Er klingelte; eine kleine ältliche Frau im Hauskleid,
das Billet hin un
schichten? So habt ihr also wirklich einen Doktor —“ Seine
mit vorgebundener Küchenschürze öffnete und sah ihn ver¬
Seine Frau verw
Frau trat ihm entgegen. „Nicht so laut,“ sagte sie, „der Kopf
wundert an.
Wohnzimmer, da
tut ihr weh. Es ist ja der Doktor, den sie draußen bei Lud¬
„Verzeihung“ sagte Gräsler, „ich bin hier recht bei Herrn
Katharina mit ihr
milla kennen gelernt hat.“
Postbeamten Rebner?“ — „Gewiß, ich bin seine Frau.
„Natürlich. Ja.
„Ach so,“ sagte der Vater nähertretend, „das freut mich i
Ich möchte gern — ich wollte nämlich fragen,
ob ich vielleicht ein Wort mit Fräulein Katharina sprechen
sehr, Ihre werte Bekanntschaft zu machen. Ja, sehen Sie,
Sch