I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 95

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Rase. Sie sind klug genug, um den Abgrund zu seigen fortsetzen werde.
Verstoßener geht er umher vereinsamt und mit sich selbst
zerfallen, bis eine junge Witwe ihm ihre Arme öffnet
Dr. Grabler, Ballearzl. und er mit ihr und ihrer kleinen Tochter den weiteren
Lebensweg gemeinsam macht, der in die banale Bürger¬
Dies ist Arthur Schnitzlers neuer Roman. Es ist ein
lichkeit mündet.
Buch von herbstlich Klang und herbstlicher Reife, eine
Eine einfache Geschichte, erfüllt von Melancholie. Wie

elegische Melodie, vie uns tief in die Seele dringt, die
durchfühlt und durchlebt ist aber das Schicksal dieses Dr.
Geschichte eines alternden Mannes, der noch kurz vor der
Gräsler, der nicht um Sympathien wirbt, sondern ganz
großen Lebenswende von einem Taumel nach Liebe er¬
rei¬
einfach lebt und da ist. Nie war Schnitzlers Kunst
faßt wird, von einer aufwühlenden Gier nach derben
fer in ihrer Abgeklärtheit, nie zeigte er sich mehr als
Freuden und lder in diesem Rausch nicht nur der einen
Meister der einfachsten MMittel und als Dichter innigster
Geliebten, sondern auch in gewissem Sinne sich selbst
Wirkungen.
Hermann Bagusche.
untreu wird. Es ist eine Seelenschilderung, die in ihrer
abgeklärten Form, in ihrer vollendeten Meisterschaft un¬
ter Schnitzlers lebensklugen Erzählungen einen besonde¬
Kleines Feuilleton.
ren Platz behaupten wird. Eine melancholische Musik ist
in diesem Buch, die schwebende Wehmut eines sonnigen
[Die Tagung der deutschen Studentenausschüsse.]
Oktobertages, das leise Verströmen von Schicksalen, die
Die Gründung eines deutschen Studententa¬
von der Tragik und der Banalität des Lebens berührt
ges ist für den 19. und 20. Januar 1918 in Jena in
und weggeführt werden.
Aussicht genommen. Der Studententag soll sich planmäßig
Der Badearzt Dr. Gräsler ist, wenn man ihn recht
aufbauen auf den Vertretungen der Studentenschaft [2.

betrachtet, ein Philister, ein entschlußschwacher, trivialer
an den ei zelnen Hochschulen und soll die Zusammen¬
Dutzendmensch, der ohne besondere innere Lust seinen
fassung die er Organisationen darstellen. Er soll sich vor¬
Beruf ausübt und sein Dasein, wie es sich gab, genossen
nehmlich mit den gessetzlichen Berufs= und Standesinte¬
hat. Da lernt er, der den Fünfzigern nicht mehr fern ist,
ressen wie Studienverhältnis, Wirtschaftslage, Berufs¬
die achtundzwanzigjährige Sabine Schleeheim kennen,
aussichten usw. befassen.
und dieses schöne und kluge Mädchen gewinnt nun Macht
(Tilla Durieux] beabsichtigt, nach einer Meldung
über den alternden Mann und erfüllt ihn mit Hoffnun¬
der „B. Z. a. M.“, sich von der Bühne zu¬
gen und Wünschen, an deren Erfüllung er kaum zu glau¬
rückzuziehen. Das würde nicht nur für das
ben wagte. Da geschieht es, ldaß Sabine in einem Briefe
sich ihm in aller Freiheit als Frau anträgt; und sie tut Königl. Schauspielhaus in Berlin, wo Frau Du¬
rieux zuletzt tätig war, sondern für
deutsche
es mit einer solchen Offenheit und im Gefühl einer solch
Bühne überhaupt einen schweren Verlust bedeuten.
unbefangenen Freundschaft, daß man diesen Brief zu den
[Ein deutsches Konzert in Zürich.] Die Wag¬
schönsten Stellen zählen darf, die uns an dieser Novelle
ner=Sänger Fritz Feinhals und Heinrich Hen¬
erfreuen. Aber eber diese Offenheit ist es, die den Dr.
sel haben in Zürich ein Konzert gegeben, dessen
Gräsler mißtrauisä und zweiflerisch macht. Was er als
Programm hauptsächlich Werke Wagners und von
innigsten Wunsch empfand, erscheint ihm nun, da er die
Richird Strauß euthi:: Die beiten grooßen Schütz¬
Erfüllung so mühelen erreichen kann, wie ein Opfer, das
linge Bayreuths führten sehr zahlreiche Kunst¬
man von ihm fordert. Er dreht und wendet die Worte
freunde zusammen, unter denen sich die griechische
dieses Briefes, sucht und findet Vorwände, um sich vor¬
Königin befand.
sichtig zurückzuziehen, um den Fall zu überdenken und
kehrt in seine Heimatstadt zurück. Der Zufall führt ihn
eines Abends mit einem Ladenmädchen (Katharina) zu¬
Kleine Notizen.
sammen, die für einige Wochen seine Geliabte wird. Ei¬
Die Oper „Der Eroberer“ von Bruno War¬¬
nes Tages ist das Mädchen aus seiner Wohnung ver¬
den und I. M. Welieminsky, Musik von Jan
schwunden. Ein Abschiedsbrief liegt von ihr lda. Von
[Brandt =Buys, dem erfolgreichen Komponisten von
Neuem erwacht in Gräsler der Wunsch nach Sabine,] „Der Schneider von Schönau", erlebt am 12. Januar ihre
G
aber diese weist Gräsler, als er ihre „Hand erbittet, ab.Uraufführung am Hoftheater in Dresden.
Er taumelt nach seiner Heimat zurück, zu Katharine, und
Ein Amsterdamer Kunsthändler hat in Berlin ei¬
muß erfahren, daß sie gestorben ist. Wie ein vom Glück
nen unbekannten Rembrandt, das Bild des Apostels
Paulus, und einen gleichfalls unbekannten Hobberna
Arthur Schnitzler: „Doktor Gräsler,
entdeckt und für Holland angekauft.
dearzt.“ (S. Fischer, Verlag, Berlin.) Geh. 3 (Mk.,
4 Mark.