I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 96

Graesler
Badearzt
29. Doktor
ee Aneenenteretete et ene e en en
u u 2
T60t7
sheiaisch Westph. Zeildlig, ESSs:
e, defrischend.
Arthur Schnitzler, Doktor Gräsler, Badearzt. (S. Fischer, Verlag,
, eb. 4 .
Vielleicht ist dieser Roman das menschlichste Werk Arthur
Schnitzlers. Wie eine Beichte ist dieses Buch, in dem uns der
Dichter die Geschichte des Dr. Grasler, eines Badrarztes, erzählt,
der mit seinen 48 Jahren zu der plöklichen Erkenntnis eines
nahenden Alters kommt und nun, naußeiner Reihe ruhiger und
schuldloser Jahre, sich in einen Spätrausch von Abenteuer und
Liebe stürzt. Drei Frauengestalten sind es, die in neues Erleben
ihn verstricken, in das komplizierte und so weit verästelte Erleben
des reifen Mannes. Von Untreue zu Untreue geführt, wird er
an allen Dreien schuldig, bis ihn eine von ihnen durch trapischen
Tod erlöst. Es ist im wahren Sinn des Wortes ein herbstliches
er
Buch, ein Buch der späten Resignation.

W
d#e Schosiner Der Dechant von Gottesbüren. Rom#n
rlin,) Geh.3,50 Mark, geb 5 Mark.
###ner als von einem
#erblühe.
box 4/9
Leipziger äme
Leiptas
Kriegsferne Literatur
Jarl Hamson: „Dan': Arlhur Schnihler: „Doktor Gräsler, Badea#g““:
Cäeille vor Tormch. Dür alte Haus“,
sämtlich bei S. Fischer, Verlag.
Kein fernes Kriegsgelöse klingt in die Stülle dieser Bücher hinein,
denen drei Dichter drei Welten hinsiellen, durch ganz verschiedene
Pläser gelesen, aber jede in ihrer Art und Elgenart blutvoll und warm.
kein Dulverrauch und kein Schrapnellgeknaiter ist in ihnen, und den
koch sind sie von Kampf erfüllt, von einem niemals erlöschenden, steis
h gleich bleibenden Kampf, für dessen pathologische Oesetzmäßigkeit
S##dberg unserer Generation die Augen zu einem furchtbaren Sehen
geöffnet hal: dem Kampf der Geschlechter.
„Dan“, des Nordländers Knut Hamsun bedeukendster Roman,
ist uns ein vertrauter und darum sehr lieber Freund, den wir auch in
seinem neuen Gewande (er ist jetzt in Fischers Romanbibllothek
schienen) erfreut begrüßen, we'l seine Innigkeit uns mit gleicher Ur¬
sprünglichkeit und Unverblaßtheit berührt wie beim ersten Bekannk¬
werden, als wir uns willig in den ewigen Tag des Nordlandsromans hin¬
einführen ließen, wo „die Nacht zum Tage wird und uie ein Stern am
Himmel zu sehen ist“. Zwischen Edwarda und Eva der eine Mann, der
#i#e treue Hingabe der einen dankbar genießt und dennoch ihren Tod
verschuldet — vom kallen Troßz der andern aber in die Knie gezwungen
und selber vernichtet wird. Sane und Einsamkei. sind in dem Buch, erste
und letzte Gesühle. Zwischen Mann und Weib eine Schen und Unbe¬
holsenheit, als hälten nicht Generationen und aber Generationen feit
Adam und Eva gelebt, als wären Mann und Weib immer wieder von
neuem der erste Mann und das erste Weib.
Ein Aehnliches bringt Schnißlers Buch „Doktor Gräsler,
Die Erzählungskunst Schnißlers ist kändelnder und
Badearzt“.
weniger erdschwer als die Hamsuns, den man sich nur vor einer Kulisse
von dunkelragenden Bergen benken kann, wie er sich im eisgrünen
Wasser der Fjorde spiegell. Schnitzler dagegen bleibt Weltmann. Er
vergißt nicht einen Augenblick, daß sein Publikum anakolhaft-wienerisch
empfindet, daß man Untiefen gleitend überfliegen, Hauklosigkeiten mit
welchem Mankel zudecken muß. Dennoch wird auch diesen Zuhörern die
Ahnung von etwas Schicksalhafkem aufgedrängt, so daß sie an die Ver¬
strickung seelischer Verschuldungen glauben lernen. Die Gestalk Doklor
Gräslers, des Badearztes, ist so apari wie lebendig, und in mehr als
einem Zuge ist er Hamsuns Held, dem Leutnank Glahn, verwandl, so¬
weit man den Ausdruck „Held“ hier auf die Träger der Handlung an¬
wenden kann, die so gar nichts Heldenhaftes haben, sondern sich schleben
lassen, wie das Schicksal sie schieben will, mit etwas orlenkallscher Restgn¬
ation, die bei dem Nordländer Hamsun schwerer zu begreifen ist als bei
Schnitzler. Wir lernen diesen Doktor Gräsler erst kennen, als er den
Fünfzig nahe ist, und erfahren aus seinem früheren Leben nichts, was
ihn uns abenteurerhaft erscheinen lassen könnte. Gleichwohl wird er in
diesem vorgeschrittenen Alter die Beute wirter S#bnisse. Ein Mann
zwischen drei Frauen: die kluge, stolze Frau, die ihn verletzt zurückstößt,
als er zögert, sich von ihr in den Hasen ziehen zu lassen, die welche, hin¬
gebende Frau, die Eva aus Hamsuns Buch, die glelch ihrer nordischen
Schicksalsschwester durch sellsames Verschulden des Gelleblen den Tod
erleidet — und endlich ein Wesen mit zärklich-mütterlichen Instinkten,
das dem Alternden Heimat und Ruhe wird.
Ist Hamsuns Buch eine Sinfonie der Einsamkeit, in der alle
Schnitzlers Buch eine
dunken Stimmen der Natur aufklingen, ist
Tragödie des Mannes, der in der Jugend einsam geblieben ist und dann
im Alter willenlos — wen ohne starke Wünsche — hin und her geschleu¬
derk wird, so ist Cäcilie von Tormays Roman „Das alle
Haus“ ein süßes, herbes, unendlich reiches Lied von der Menschheil
überhaupt, der Menschheit, die in drei kypischen Generationen vor uns
Ungestellt wird: der aufbauenden, der erfüllenden und der erschlaffenden
Generakion. Unerbikkliches Schicksal vollzieht sich. Das Haus, das
Menschenaltern trotzen zu können schien, wird morsch und fällt unter dem
Meißel. Besitz, der machtvoll aufgesammelt wurde, zerbröckelt. Aus
Männern der Kraft, die Könner und Woller waren, bleibk nur eine
Frau, die eines andern Geschlechtes Namen krägk und aus dem alten
Hause fortgeht, um in der Zeimat ihres koken Mannes neue Wurzel zu
schlagen, die Mukker eines neuen GSchlechts: Anstieg, Höhe. Absturz-
Rhykhmus des Welkgeschehens. Es fleht eine Geschichte in diesem Buch,
die auch für die beiden andern Bücher Geltung hat:
„In jeder Gasse gab es einen Maskenladen. Viele Leute bekrieben
einen Handel mit bunten Kleidern für die Mummereien. Zur Faschings¬
zeit zogen die Menschen singend durch die Gassen der Festung. Alte und
Junge in allerlei bunken Masken, mit kleinen Lakernen — das war eine
närrische Drozession.
Nur Aschermiktwoch um die Morgenstunde hatte die Lust ein Ende.
Aslen Maskenläden wurden Schlösser vorgelegt ... Alle wurden sie
geschlossen. bloß in der Forkunagasse blieb ein Laden selbst nach dem
Ascherinisfwoch noch geöffnek. Das ganze Jahr hindurch sland dieser
Haben affen.