vergessenheit. Nur Bücher vermögen uns in eine
undre Welt zu versetzen! Der Wechnachtsmarkt nun
ist trotz Papiernot und Personalmangel reich be¬
schickt. Sogar einige schöne Prachtwerke sind er¬
t
schienen. In erster Reihe sei ein anspruchsvolles
Kunstwerk: Wilhelm v. Bodes „Holländische und
a
flämische Malerei“ eine in buchtechnischer Be¬
n
ziehung bewundernswerte Leistung im Kriege, ge¬
nannt; sodann ein geschmackvolles Wiener Buch, das ###
sich vornehm präsentiert: „Legenden und Märchen!
unster Zeit“ von Emil Kläger, endlich die §
„Miniaturen und Silhonetten; ein Kapitel zur #
Kulturgeschichte und Kunst“ von Max v. Boehm.
Von Romanen finden starke Abnahme die vom E
vaterländischen, nationalen Geiste beherrschten Bücher 1
Müller v. Gutenbrunns: „Barmherziger1 d
6
Kaiser" und „Josef der Deutsche“ ferner „Lukas
Rabefan“ von Bartsch, „Die Töchter Hekubas“l g
von Klara Viebig, Schnitzlers=Buch: „Doktor
Gräsler, Badearzt“, der internationale Romain
Rolland: „Johann Christof“, und Hans
Müllers Sammelband optimistischer Erzählungen: E
„Die Kunst, sich zu freuen“. Von Hugo v. Hoff¬
mannsthals prosaischen Schriften soll noch inc
den nächsten Tagen der dritte Band erscheinen.
Meyerincks „Golem“ liegt mit Zeichnungen von
Hugo Steiner in einem Geschenkbande vor,
„Das grüne Gesicht“ von demselben Autor
wandelt in ähnlichen Pfaden wie die Prager
Gbettogeschichte. Sudermanns „Literarische
Geschichten bewähren den berühmten Erzähler.
In der Reihe der gediegenen, über den Tag hinaus
ihre Wirksamkeit bewahrenden Romane sind zu
nennen: „Das offene Tor“ von Max Glaß, das mit
Recht als Buch des Lebens und des Trostes be¬
zeichnet wird; sodann das die deutsche Arbeit und
deutsche Tü htigkeit verheerlichende Buch von Rudolf
Herzog „Dio Stollenkamps und ihre Frauen“. „Die
Armen“ von Heinrich Mann schildern den Kampf
der Arbeiter um die Freiheit ihrer Entwicklung.
„Der Schatten der Gorgo“ von F. W. v. Oesteren ist
ein in internationalen Kreisen spielender Rom##
„Der eiserne Mann“ von Rudolf Stratz spielt ab¬
wechselnd in Paris, Berlin und Straßburg. Erfolg¬
reiche Bühnenstücke finden stets eifrige Leser so
Gerhart Hauptmanns „Winterballade“. Schönherrs
„Frau Suitner“ und Schnitzlers pielbesprochenes
und Fliederbusch“ Von
Journalistenstück
20
alchten
Krieg und Kriegsgeschret w#
nichts wissen: eine Ausnahme macht etwa des
schweizerischen Berichterstatters Stegemann verlä߬
liches Buch „Geschichte des Weltkrieges“, Band 1
und II. Die Zeit der zahllosen Schützengraben¬
erzählungen, U=Boot=Bücher und Fliegerabenteuer
ist vorüber, aber in Geschichte und Politik vertieft
man sich; so sind Werke über Polen beliebt: Die:
Memoiren von Poniatowski, auch Rathenaus
Bücher über Gegenwart und Zukunft, darunter das
gesuchteste „Von kommenden Dingen“, dann weziell
österreichtsche Bücher: Guglias „Macia Theresia“
und Czediks „Geschichte der österreichischen
Ministerien“. Den Orient lernt man kennen in
Sven Hedins „Bagdad=Babylon=Ninive“; die alt¬
orientalische Märchenwelt in Adolf Gelbers
„Tausend und eine Nacht“. In die modernste Gegen¬
wart führt Leopold Mandl mit seinem neuesten. an
Enthüllungen und bisher unbekannten Dokumenten
reiches Bucht „Die Habsburger und die serbische
Frage“. Freunde des Humors greifen gern nach dem
neuesten, die Wiener Mittelklasse so lebendig
schildernden Buche des beliebten Fritz Stüber¬
Gunther: „Herr und Fran Surrm“; von ihm liegen
auch die „Wien'rische Leut' in krieg'rischer Zeit“ in
zweiter Auflage vor.
TAER S
N
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6456
VON NEUEN BUCHERN UND NOTEN.
Gedanken befreundet, eine neue Weg¬
Ernte im Herbst.
genossin sich erwählen, dieses Mal zu dau¬
indberg. Er ist
1S t
ernder, chelicher Verbindung. Er ist weit¬
darum in Landen deutscher Zunge so gi¬
gereist, hat seine obligaten Abenteuer be¬
gantisch emporgewachsen, weil er deut¬
standen und besitzt alles, was unter nor¬
sches Wesen in konzentriertester Form
malen Verhältnissen einen Mann geeignet
verkörpert und versinnbildlicht. Er kennt
macht. geheiratet zu werden: er ist gut si¬
nicht die Schnörkeln, nicht die Geschmeidig¬
tuiert, wohlerzogen und gebildet. Zwei Mäd¬
keit und weltmännische Redewendung des
chen, plötzliche Begegnungen, seelisch und
Romanen, nicht dessen Vorliebe für die
gesellschaftlich bimmelweit geschieden, doch
ästhetische Figur. Anatole France und
jetzt aufeinanderstoßend in der drängenden
d’Annunzio sind seine Gegenpole. Was er
Schicksalsbereitschaft des Doktors, wirken
spricht, ist er auch. Er entfaltet immerdar
im entgegengesetzten Sinn. Sabine ist ernst,
sein wahrhaftiges Wesen und verachtet,
besonnen, intelligent, gemessen, erwachsen
was an überflüssige Draperie erinnern
Katharina leichtfertig, süß, taumelig.
könnte: jedes Wort ist eine Beichte und
kindlich und märchenhaft. Der Doktor weiß
darum auch eine Erleichterung, bestrahlt von
es nicht, welche ihm am besten behagen
dem über sich selbst errungenen Sieg eines
möchte — er ist nicht einer, der sich erhitzt
mit sich in blutigem Kampf Gelegenen und
und zugreift — er zaudert, läßt dies und je¬
nun in sich selbst Vollendeten.
nes an sich herankommen, macht Ausflüchte.
Die „Märchen“ (die im Rahmen der
geht wic die Katze um den Brei — er will
würdigen Gesamtausgabe bei Georg Müller
sich ja binden, hat gute Absichten, ehrbare,
in München erschienen sind) wissen nichts
gleich von Anbeginn wohnt ihm nicht die
von dem Strindberg. dessen Groll, Weiber¬
aufrichtige Geneigtheit inne, sich für ewig
haß und Enttäuschung wie ein Gewitter don¬
zu binden, und so wäre er ein ausgezeichne¬
nerte und zischte, sie zeigen den sonst Fels¬
ter Abenteurer, ein Hochstapler des Gefühls,
blöcke wälzenden Titanen in einem ganz
fchlte ihm nicht dessen Schwung und inner¬
eigenartigen, liebenswürdigen Format: etwa
ster Zwang. Und darum versäumt der
so, als hielte er gerade Mittagsschlaf und
Doktor die Sabine, die sich verachtet, mi߬
träumte in der Sonne von den Luftschlössern
verstanden, beiseitegeschoben wähnt, und
des Lebens. Eine Innigkeit, eine Musik
verliert die Katharina Gurch einen raschen
weht uns da entgegen, zart und dennoch
Tod. den er ihr scheinbar selber durch eine
stark, herb und keusch, wie sie uns viel¬
infektiöse Uebertragung auf den Hals ge¬
leicht nur noch in lbsens „Peer Gynt“ er¬
hetzt hat. Was ihm nun winkt, nimmt sich
klungen ist. Eine lronie, eine bittere Lehre.
wie eine gerechte Strafe aus, ist aber in
der Sinn einer tiefen Weisheit, gewonnen
Wirklichkeit eine traurige Ironie: da er an
durch tiefes Leiden, kreist mütterlichen
den edelsten, erhabensten Gefühlen der
Flügelschlages um den Kern dieser höchst¬
Liebe als der reine Tor vorüberging, läuft
moralischen Geschichten, die über der
er um so sicherer der Lüge ins Garn, hängt
menschlichen Eitelkeit den Stab brechen
sich an eine kokette Witwe samt Kind und
(„Die Geheimnisse der Tabakscheune“), der
beruhigt sich bei einer Verbindung, die eher
Unbeständigkeit und innerlichen Leere eines
den Sinnen schmeicheln konnte, als daß sie
Künstlers die Maske vom Geicht reißen
irgend einer geistigen oder gemütlichen
(„Jubal ohne Ich“), die ausdauernde Liebe
Notwendigkeit entsprungen wäre. Das ist
feiern („Märchen vom St. Gotthard“) und
der „Doktor Gräsler, Badearzt“ (Verlag
den Verbrecher zum Glauben an Gottes
S. Fischer in Berlin).
(„Wic die Baum¬
Allmacht zurückführen
Ein häufiger, ganz normmäßiger Typus.
schwalbe in den Kreuzdorn kam“). Heil¬
Der Spießbürger von Welt. Ein schwanken¬
same Medizin, wie sie allerdings nicht Kin¬
beinahe nutzloses Dasein. Eine ins
des
dern taugen wird, fließt uns Erwachsenen
Männliche übertragene Madame Bovary,
hier aus dem Urquell der Sein-Gestaltung:
Man könnte vor Wut rote Ohren bekommen,
aus dem Herzen eines Dichters, der sonst
müßte man nicht lächeln über die Folge¬
blutend schrie wie der Gekreuzigte am
richtigkeit, über die geradezu erstaunliche
Kreuze und jetzt blutend lächelt als ein
Präzision, mit der dieses unberechenbare
Schmerz- und Weltüberwinder.
Problemmenschlein in seine Ausgelöschtheit
Arthur Schnitzler. Ein Arzt und
und endgültige Nullität hinabtürzt.
Junggeselle, nahe dem Alter, an dessen
In leichteren Strichen sind die Frauen¬
Schwelle der Mann auf die Freuden des Le¬
gestalten hingesetzt, weniger ins Persönliche
bens zu verzichten beginnt, wird infolge des
konzentriert, mehr im luftig blauen Reich
unvermuteten Todes seiner Schwester die
der Sehnsucht segelnd. aber vor allem ero¬
jahrelang seine Begleiterin gewesen, dem
853
undre Welt zu versetzen! Der Wechnachtsmarkt nun
ist trotz Papiernot und Personalmangel reich be¬
schickt. Sogar einige schöne Prachtwerke sind er¬
t
schienen. In erster Reihe sei ein anspruchsvolles
Kunstwerk: Wilhelm v. Bodes „Holländische und
a
flämische Malerei“ eine in buchtechnischer Be¬
n
ziehung bewundernswerte Leistung im Kriege, ge¬
nannt; sodann ein geschmackvolles Wiener Buch, das ###
sich vornehm präsentiert: „Legenden und Märchen!
unster Zeit“ von Emil Kläger, endlich die §
„Miniaturen und Silhonetten; ein Kapitel zur #
Kulturgeschichte und Kunst“ von Max v. Boehm.
Von Romanen finden starke Abnahme die vom E
vaterländischen, nationalen Geiste beherrschten Bücher 1
Müller v. Gutenbrunns: „Barmherziger1 d
6
Kaiser" und „Josef der Deutsche“ ferner „Lukas
Rabefan“ von Bartsch, „Die Töchter Hekubas“l g
von Klara Viebig, Schnitzlers=Buch: „Doktor
Gräsler, Badearzt“, der internationale Romain
Rolland: „Johann Christof“, und Hans
Müllers Sammelband optimistischer Erzählungen: E
„Die Kunst, sich zu freuen“. Von Hugo v. Hoff¬
mannsthals prosaischen Schriften soll noch inc
den nächsten Tagen der dritte Band erscheinen.
Meyerincks „Golem“ liegt mit Zeichnungen von
Hugo Steiner in einem Geschenkbande vor,
„Das grüne Gesicht“ von demselben Autor
wandelt in ähnlichen Pfaden wie die Prager
Gbettogeschichte. Sudermanns „Literarische
Geschichten bewähren den berühmten Erzähler.
In der Reihe der gediegenen, über den Tag hinaus
ihre Wirksamkeit bewahrenden Romane sind zu
nennen: „Das offene Tor“ von Max Glaß, das mit
Recht als Buch des Lebens und des Trostes be¬
zeichnet wird; sodann das die deutsche Arbeit und
deutsche Tü htigkeit verheerlichende Buch von Rudolf
Herzog „Dio Stollenkamps und ihre Frauen“. „Die
Armen“ von Heinrich Mann schildern den Kampf
der Arbeiter um die Freiheit ihrer Entwicklung.
„Der Schatten der Gorgo“ von F. W. v. Oesteren ist
ein in internationalen Kreisen spielender Rom##
„Der eiserne Mann“ von Rudolf Stratz spielt ab¬
wechselnd in Paris, Berlin und Straßburg. Erfolg¬
reiche Bühnenstücke finden stets eifrige Leser so
Gerhart Hauptmanns „Winterballade“. Schönherrs
„Frau Suitner“ und Schnitzlers pielbesprochenes
und Fliederbusch“ Von
Journalistenstück
20
alchten
Krieg und Kriegsgeschret w#
nichts wissen: eine Ausnahme macht etwa des
schweizerischen Berichterstatters Stegemann verlä߬
liches Buch „Geschichte des Weltkrieges“, Band 1
und II. Die Zeit der zahllosen Schützengraben¬
erzählungen, U=Boot=Bücher und Fliegerabenteuer
ist vorüber, aber in Geschichte und Politik vertieft
man sich; so sind Werke über Polen beliebt: Die:
Memoiren von Poniatowski, auch Rathenaus
Bücher über Gegenwart und Zukunft, darunter das
gesuchteste „Von kommenden Dingen“, dann weziell
österreichtsche Bücher: Guglias „Macia Theresia“
und Czediks „Geschichte der österreichischen
Ministerien“. Den Orient lernt man kennen in
Sven Hedins „Bagdad=Babylon=Ninive“; die alt¬
orientalische Märchenwelt in Adolf Gelbers
„Tausend und eine Nacht“. In die modernste Gegen¬
wart führt Leopold Mandl mit seinem neuesten. an
Enthüllungen und bisher unbekannten Dokumenten
reiches Bucht „Die Habsburger und die serbische
Frage“. Freunde des Humors greifen gern nach dem
neuesten, die Wiener Mittelklasse so lebendig
schildernden Buche des beliebten Fritz Stüber¬
Gunther: „Herr und Fran Surrm“; von ihm liegen
auch die „Wien'rische Leut' in krieg'rischer Zeit“ in
zweiter Auflage vor.
TAER S
N
e
6456
VON NEUEN BUCHERN UND NOTEN.
Gedanken befreundet, eine neue Weg¬
Ernte im Herbst.
genossin sich erwählen, dieses Mal zu dau¬
indberg. Er ist
1S t
ernder, chelicher Verbindung. Er ist weit¬
darum in Landen deutscher Zunge so gi¬
gereist, hat seine obligaten Abenteuer be¬
gantisch emporgewachsen, weil er deut¬
standen und besitzt alles, was unter nor¬
sches Wesen in konzentriertester Form
malen Verhältnissen einen Mann geeignet
verkörpert und versinnbildlicht. Er kennt
macht. geheiratet zu werden: er ist gut si¬
nicht die Schnörkeln, nicht die Geschmeidig¬
tuiert, wohlerzogen und gebildet. Zwei Mäd¬
keit und weltmännische Redewendung des
chen, plötzliche Begegnungen, seelisch und
Romanen, nicht dessen Vorliebe für die
gesellschaftlich bimmelweit geschieden, doch
ästhetische Figur. Anatole France und
jetzt aufeinanderstoßend in der drängenden
d’Annunzio sind seine Gegenpole. Was er
Schicksalsbereitschaft des Doktors, wirken
spricht, ist er auch. Er entfaltet immerdar
im entgegengesetzten Sinn. Sabine ist ernst,
sein wahrhaftiges Wesen und verachtet,
besonnen, intelligent, gemessen, erwachsen
was an überflüssige Draperie erinnern
Katharina leichtfertig, süß, taumelig.
könnte: jedes Wort ist eine Beichte und
kindlich und märchenhaft. Der Doktor weiß
darum auch eine Erleichterung, bestrahlt von
es nicht, welche ihm am besten behagen
dem über sich selbst errungenen Sieg eines
möchte — er ist nicht einer, der sich erhitzt
mit sich in blutigem Kampf Gelegenen und
und zugreift — er zaudert, läßt dies und je¬
nun in sich selbst Vollendeten.
nes an sich herankommen, macht Ausflüchte.
Die „Märchen“ (die im Rahmen der
geht wic die Katze um den Brei — er will
würdigen Gesamtausgabe bei Georg Müller
sich ja binden, hat gute Absichten, ehrbare,
in München erschienen sind) wissen nichts
gleich von Anbeginn wohnt ihm nicht die
von dem Strindberg. dessen Groll, Weiber¬
aufrichtige Geneigtheit inne, sich für ewig
haß und Enttäuschung wie ein Gewitter don¬
zu binden, und so wäre er ein ausgezeichne¬
nerte und zischte, sie zeigen den sonst Fels¬
ter Abenteurer, ein Hochstapler des Gefühls,
blöcke wälzenden Titanen in einem ganz
fchlte ihm nicht dessen Schwung und inner¬
eigenartigen, liebenswürdigen Format: etwa
ster Zwang. Und darum versäumt der
so, als hielte er gerade Mittagsschlaf und
Doktor die Sabine, die sich verachtet, mi߬
träumte in der Sonne von den Luftschlössern
verstanden, beiseitegeschoben wähnt, und
des Lebens. Eine Innigkeit, eine Musik
verliert die Katharina Gurch einen raschen
weht uns da entgegen, zart und dennoch
Tod. den er ihr scheinbar selber durch eine
stark, herb und keusch, wie sie uns viel¬
infektiöse Uebertragung auf den Hals ge¬
leicht nur noch in lbsens „Peer Gynt“ er¬
hetzt hat. Was ihm nun winkt, nimmt sich
klungen ist. Eine lronie, eine bittere Lehre.
wie eine gerechte Strafe aus, ist aber in
der Sinn einer tiefen Weisheit, gewonnen
Wirklichkeit eine traurige Ironie: da er an
durch tiefes Leiden, kreist mütterlichen
den edelsten, erhabensten Gefühlen der
Flügelschlages um den Kern dieser höchst¬
Liebe als der reine Tor vorüberging, läuft
moralischen Geschichten, die über der
er um so sicherer der Lüge ins Garn, hängt
menschlichen Eitelkeit den Stab brechen
sich an eine kokette Witwe samt Kind und
(„Die Geheimnisse der Tabakscheune“), der
beruhigt sich bei einer Verbindung, die eher
Unbeständigkeit und innerlichen Leere eines
den Sinnen schmeicheln konnte, als daß sie
Künstlers die Maske vom Geicht reißen
irgend einer geistigen oder gemütlichen
(„Jubal ohne Ich“), die ausdauernde Liebe
Notwendigkeit entsprungen wäre. Das ist
feiern („Märchen vom St. Gotthard“) und
der „Doktor Gräsler, Badearzt“ (Verlag
den Verbrecher zum Glauben an Gottes
S. Fischer in Berlin).
(„Wic die Baum¬
Allmacht zurückführen
Ein häufiger, ganz normmäßiger Typus.
schwalbe in den Kreuzdorn kam“). Heil¬
Der Spießbürger von Welt. Ein schwanken¬
same Medizin, wie sie allerdings nicht Kin¬
beinahe nutzloses Dasein. Eine ins
des
dern taugen wird, fließt uns Erwachsenen
Männliche übertragene Madame Bovary,
hier aus dem Urquell der Sein-Gestaltung:
Man könnte vor Wut rote Ohren bekommen,
aus dem Herzen eines Dichters, der sonst
müßte man nicht lächeln über die Folge¬
blutend schrie wie der Gekreuzigte am
richtigkeit, über die geradezu erstaunliche
Kreuze und jetzt blutend lächelt als ein
Präzision, mit der dieses unberechenbare
Schmerz- und Weltüberwinder.
Problemmenschlein in seine Ausgelöschtheit
Arthur Schnitzler. Ein Arzt und
und endgültige Nullität hinabtürzt.
Junggeselle, nahe dem Alter, an dessen
In leichteren Strichen sind die Frauen¬
Schwelle der Mann auf die Freuden des Le¬
gestalten hingesetzt, weniger ins Persönliche
bens zu verzichten beginnt, wird infolge des
konzentriert, mehr im luftig blauen Reich
unvermuteten Todes seiner Schwester die
der Sehnsucht segelnd. aber vor allem ero¬
jahrelang seine Begleiterin gewesen, dem
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