Badearz
raes
box 4/9
29. Doktor
t
Die österreichische Seele¬
Mathansty.
Frauen zu Hause, deren einziger ernstlicher Fehler die ewige Jugend ist, die
ligen Bummelstudenten erwecken, wenn
Schauspieler, Militärs und Staatslenker mit der Eitelkeit, nicht zur richtigen
nd wir nicht die leidige Gewohnheit
Stunde abtreten zu können, in angeschminkter Elastizität auf der Bühne zu
el zu stellen. Von einem solchen ver¬
bleiben, obwohl ihre Zeit vorüber ist, die die wirkliche Jugend niederhalten
olf Haas in seinen zwei prächtigen
möchten, nicht aus Neid oder bösem Willen, bewahre, sondern einfach, weil
„Triebl, der Wanderer"*). Dieser
vor sich selbst noch immer sie die Jugend sind. Nur hier kommt die Pietät
ein Sinnierer ist und so gar keinen
vor, mit der das Volk sich an die Jugendlichkeit seiner angejahrten Lieblinge
bis hart an die Schwelle der Lumperei,
zu glauben anstellt, wenn längst alle deren weiße Haare sehen. Darum
d endlich doch fertig, gerade als andere
wirkt in Rittners Stück das Jugendelixier des weisen Leibarzies nur zu Hause,
ben haben, weil er fühlt: „Noch einen
wo die Königin — wieder die Gestalt der treu sorgenden Frau — an den
ück mehr!" Und so wird aus ihm
ewig fünfunddreißigjährigen König glaubt. Und dieser König ist kein anmaßender
arzt und ein unermüdlicher Arbeiter im
Nichtstuer, kein bodenlos egoistischer Hjalmar, sondern ein guter, tüchtiger
nd Ganzer, was Besseres als viele, die
Mensch — mit seiner kleinen Schwäche.
Studium und Prüfung rechtzeitig ab¬
Was diese Dichter ohne klare Absicht geschaffen haben, ein Abbild
Binden kann und will sich der Triebl
speziell österreichischen Wesens, Rudolf Hans Bartsch gibt es bewußt in
hre gekommen ist, wo es der Normal¬
seinem ganzen heute schon recht umfänglichen Lebenswerke, das bis auf ver¬
schtigen, herz= und werktüchtigen Weibe
hältnismäßig kleine Splitter der Landschaft und den Menschen der Heimat
s Wanderer zieht er wieder aus dem
gewidmet ist. Weiter als bis zum Rokoko geht er nicht zurück; das ist ihm
eit, weil sein landfahrendes Herz, in
die Wiege des modernen Menschen, die Zeit, da er sich aus ererbter Unter¬
um jetzt schon zu rasten. Ein natur¬
tänigkeit zu lösen und sachte, aber sicher Individualist zu werden begann.
flichen Landen merkwürdig gut mit dem
Folgt die franzische Epoche mit den Heldenkämpfen von Anno neun
lt ihn ebenso wie eine wohl damit
und der langen Friedenszeit nach dem Wiener Kongreß, die Literatur und
Piebe zu den Tieren, die sie und ihn
Musik ganz erfüllen mußten, weil Kaiser Franz die Politik sich allein vor¬
nicht wieder der typische Oesterreicher,
behielt, dann das notwendig aus diesem System folgende Sturmjahr, an
anderen von ihm und dem immer erst
dessen Schilderung Bartsch seinen Erstling gesetzt hat: „Als Oesterreich zer¬
Torschluß zeigt, was er vermag, wenn
fiel ... 1848“*). Dann führt er uns nach einem flüchtigen Hinhuschen
Weibliche braucht freilich auch er als
über die Gründerzeit den Kämpfen zu, die das moderne Oesterreich durch¬
Stab beim Bummeln und beim Wirken,
wühlen. „In den Haindlkindern"**), in die noch die mächtige Gestalt des
Fortsetzung des Ich nicht minder. Was
Erzherzogs Albrecht, des letzten Repräsentanten eines endgültig eingesargten
eschöpfe, diese zwei Silva, diese Rosl
Alt=Oesterreich, ihren Schatten wirft, führt Bartsch in die Zeit der ersten
kd, tüchtig, aufopferungsfähig bis zum
Kämpfe zwischen Bürgertum und Sozialdemokratie und versucht, im Rahmen
ns an den nicht eben bequemen Mann
einer Familie die Fassetten der österreichischen Seele zu geben: Der Vater,
der Typ, den wir schon bei Schnitzler
eine fein organisierte Genußnatur, in dessen Herz neben dem „Faust“ auch
der in dieser gleichmäßigen Wieder¬
die Kochkunst einen Ehrenplatz hat, kein roh schlingender Fresser, sondern ein
hen kann, der eben der österreichische
Mann andächtig schlürfender „Einverleibungsfeste“ in der bewußt bieder¬
ischen Dichtern immer wieder erscheint
meierisch stilisierten Erscheinung die Richtung seines Herzens kundgebend —
rer Umwelt und in ihren Herzen ver¬
solche Papa Haindl sehen wir täglich mit „Stößer" und Spazierstock, sich
ohne eine Spur gewollter Würde langsam wiegend, über den Wiener Graben
der deutsch und polnisch schreibt, von
schreiten. Die Söhne aber vertreten die drei Richtungen jung=österreichischer
erschienen, „Der Garten der Jugend“**).
Männlichkeit: Der Lebehaindl, in dem die etwas materielle Natur des
und konnte doch nur in Oesterreich ge¬
ene innerlich grundbraven Männer und
*) Wien, 1905, C. W. Stern. (Später, durch Ausscheidung wesentlicher Teile
geschädigt, bei Ullstein unter dem Titel „Der letzte Student“ neu aufgelegt.)
**) Leipzig, 1908, L. Staackmann.
clag.
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Die österreichische Seele¬
Mathansty.
Frauen zu Hause, deren einziger ernstlicher Fehler die ewige Jugend ist, die
ligen Bummelstudenten erwecken, wenn
Schauspieler, Militärs und Staatslenker mit der Eitelkeit, nicht zur richtigen
nd wir nicht die leidige Gewohnheit
Stunde abtreten zu können, in angeschminkter Elastizität auf der Bühne zu
el zu stellen. Von einem solchen ver¬
bleiben, obwohl ihre Zeit vorüber ist, die die wirkliche Jugend niederhalten
olf Haas in seinen zwei prächtigen
möchten, nicht aus Neid oder bösem Willen, bewahre, sondern einfach, weil
„Triebl, der Wanderer"*). Dieser
vor sich selbst noch immer sie die Jugend sind. Nur hier kommt die Pietät
ein Sinnierer ist und so gar keinen
vor, mit der das Volk sich an die Jugendlichkeit seiner angejahrten Lieblinge
bis hart an die Schwelle der Lumperei,
zu glauben anstellt, wenn längst alle deren weiße Haare sehen. Darum
d endlich doch fertig, gerade als andere
wirkt in Rittners Stück das Jugendelixier des weisen Leibarzies nur zu Hause,
ben haben, weil er fühlt: „Noch einen
wo die Königin — wieder die Gestalt der treu sorgenden Frau — an den
ück mehr!" Und so wird aus ihm
ewig fünfunddreißigjährigen König glaubt. Und dieser König ist kein anmaßender
arzt und ein unermüdlicher Arbeiter im
Nichtstuer, kein bodenlos egoistischer Hjalmar, sondern ein guter, tüchtiger
nd Ganzer, was Besseres als viele, die
Mensch — mit seiner kleinen Schwäche.
Studium und Prüfung rechtzeitig ab¬
Was diese Dichter ohne klare Absicht geschaffen haben, ein Abbild
Binden kann und will sich der Triebl
speziell österreichischen Wesens, Rudolf Hans Bartsch gibt es bewußt in
hre gekommen ist, wo es der Normal¬
seinem ganzen heute schon recht umfänglichen Lebenswerke, das bis auf ver¬
schtigen, herz= und werktüchtigen Weibe
hältnismäßig kleine Splitter der Landschaft und den Menschen der Heimat
s Wanderer zieht er wieder aus dem
gewidmet ist. Weiter als bis zum Rokoko geht er nicht zurück; das ist ihm
eit, weil sein landfahrendes Herz, in
die Wiege des modernen Menschen, die Zeit, da er sich aus ererbter Unter¬
um jetzt schon zu rasten. Ein natur¬
tänigkeit zu lösen und sachte, aber sicher Individualist zu werden begann.
flichen Landen merkwürdig gut mit dem
Folgt die franzische Epoche mit den Heldenkämpfen von Anno neun
lt ihn ebenso wie eine wohl damit
und der langen Friedenszeit nach dem Wiener Kongreß, die Literatur und
Piebe zu den Tieren, die sie und ihn
Musik ganz erfüllen mußten, weil Kaiser Franz die Politik sich allein vor¬
nicht wieder der typische Oesterreicher,
behielt, dann das notwendig aus diesem System folgende Sturmjahr, an
anderen von ihm und dem immer erst
dessen Schilderung Bartsch seinen Erstling gesetzt hat: „Als Oesterreich zer¬
Torschluß zeigt, was er vermag, wenn
fiel ... 1848“*). Dann führt er uns nach einem flüchtigen Hinhuschen
Weibliche braucht freilich auch er als
über die Gründerzeit den Kämpfen zu, die das moderne Oesterreich durch¬
Stab beim Bummeln und beim Wirken,
wühlen. „In den Haindlkindern"**), in die noch die mächtige Gestalt des
Fortsetzung des Ich nicht minder. Was
Erzherzogs Albrecht, des letzten Repräsentanten eines endgültig eingesargten
eschöpfe, diese zwei Silva, diese Rosl
Alt=Oesterreich, ihren Schatten wirft, führt Bartsch in die Zeit der ersten
kd, tüchtig, aufopferungsfähig bis zum
Kämpfe zwischen Bürgertum und Sozialdemokratie und versucht, im Rahmen
ns an den nicht eben bequemen Mann
einer Familie die Fassetten der österreichischen Seele zu geben: Der Vater,
der Typ, den wir schon bei Schnitzler
eine fein organisierte Genußnatur, in dessen Herz neben dem „Faust“ auch
der in dieser gleichmäßigen Wieder¬
die Kochkunst einen Ehrenplatz hat, kein roh schlingender Fresser, sondern ein
hen kann, der eben der österreichische
Mann andächtig schlürfender „Einverleibungsfeste“ in der bewußt bieder¬
ischen Dichtern immer wieder erscheint
meierisch stilisierten Erscheinung die Richtung seines Herzens kundgebend —
rer Umwelt und in ihren Herzen ver¬
solche Papa Haindl sehen wir täglich mit „Stößer" und Spazierstock, sich
ohne eine Spur gewollter Würde langsam wiegend, über den Wiener Graben
der deutsch und polnisch schreibt, von
schreiten. Die Söhne aber vertreten die drei Richtungen jung=österreichischer
erschienen, „Der Garten der Jugend“**).
Männlichkeit: Der Lebehaindl, in dem die etwas materielle Natur des
und konnte doch nur in Oesterreich ge¬
ene innerlich grundbraven Männer und
*) Wien, 1905, C. W. Stern. (Später, durch Ausscheidung wesentlicher Teile
geschädigt, bei Ullstein unter dem Titel „Der letzte Student“ neu aufgelegt.)
**) Leipzig, 1908, L. Staackmann.
clag.