I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 116

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Badearzt
Graesler
Doktor
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Die österreichische Seele.
ed Nathansky.
197
An fünf Beispielen, dem Wiener Schnitzler, dem Tiroler Schönherr,
em Brennpunkte einen, in die Ehre des
dem Deutschböhmen Haas, dem Polen Rittner und dem Steirer Bartsch,
Bartsch ungewöhnlich locker komponierten
de „Er. Ein Buch der Andacht"*) war
habe ich zu zeigen versucht, wie sie die österreichische Seele sehen. Denn
ich glaube, der bekannte Spruch vom Verständnis des Dichters aus der
Heilands mit dem alten Heidengott Pan
Betrachtung seiner Heimat verträgt auch eine Umkehrung: Wer ein Land
iem dritten Reich, das auf der Schönheit
verstehen will, muß zu seinen Dichtern gehen. Und da sehen wir denn,
müßte, stark hervorgetreten und es ist wohl
daß das Urteil der Dichter den Frauen ihrer Heimat günstiger ist als den
iser und Galiläer“ im Süden schrieb, wo
Männern. Empfänglichkeit für alles Schöne wird den Männern zugestanden
liegen scheinen. Nun sieht Bartsch in
und reiche Begabung für künstlerisches Schaffen. Aber wenn die Kunst
mazee gegen den Wahnsinn des Krieges,
nach Schillers bekannter Theorie ihre Wurzel im Spieltrieb hat, so gilt
us nur endlos fortrasen zu lassen vermag.
das namentlich vom Oesterreicher. Spielen möchte er mit dem Leben, sein
Bildern löwenkühnen Ausharrens an der
Steckenpferd tummeln statt des Berufsrosses, als geborener und gelernter
lche Verfolgungswut des Hinterlands gegen
Eigenbrötler sich und seine kleine Umwelt in den Mittelpunkt der Dinge
ersdenkenden gegenüber, der Staatsbejahung
stellen, wenn's hoch kommt, die Interessen seiner Sprachgenossen, die er
geist= und herzlose Massenvergiftung des
als seine eigenen empfindet. Bei uns ist die famose Unterscheidung von
es, andererseits die schrankenlose Negation
Volks= und Staatsnotwendigkeiten erfunden worden und die wahnwitzige
Hüter seiner Einzelrechte, der, sich und
Idee, in unaufhörlichem Kuhhandel den wechselnden Regierungen die einen
in der Selbstvernichtung endet. Aus all
im Tausch für die anderen abzupressen, als ob es einen abstrakten Staat
Bartsch mit den Urchristen und Tolstoj
gäbe, irgendwo jenseits der Einzelnen und als deren Todfeind, den man
die an allen Menschen ein Wohlgefallen
bekämpfen oder überlisten müßte. Diesen Staat liebt niemand, nicht ein¬
nden tollen Offizier, der in heldenmütiger
mal die Beamten, die ihm dienen, aber sich wohl hüten, sich in seinem
hat und nun nicht als Krüppel weiterleben
Dienst zu zerreißen. Daß diesem Racker nichts geschenkt werde, daß er
Todverlangens, sie befreit den nazarenischen
alles so teuer als irgend möglich bezahlen müsse, ja, daß man ihm sogar
hn bis zu dessen Todesstunde blind vor¬
tunlichst viel von dem hinterziehe, was ihm gebührt, zu Nutz und Frommen
stern seines Schuldbewußtseins, sie läutert
des Einzelnen, höchstens des Einzelvolkes: das ist das heißeste Bestreben
zum segenspendenden, warmblütigen Weibe.
aller. Dann gut essen, gut trinken, ein bißchen Musik und ein Stückchen
beinahe mehr ist, ein tapferes Buch, das
Weiberfleisch — das ist der Lebenstraum des Oesterreichers. Aber gebt
und Haß, für Frieden und Liebe geschrieben
diesen Sybariten die Peitsche der Not, jagt ihnen Angst um ihre Be¬
dazu, in dem Mystik und Lebensfreude,
haglichkeit, ihre Eitelkeit, ihr Steckenpferd ein, packt sie bei ihrem gegen¬
nd in Hand gehen. Der auf den Schlacht¬
seitigen völkischen Wetteifer und sie entdecken Kräfte in sich, die sie selbst
fochtene Sieg tut's nicht allein, predigt es,
nicht geahnt haben, sie verrichten die Wunder der Karpathen und des Isonzo.
) innen, um uns den Frieden zu geben,
Und laßt Frauen um sie sein, diese zieren animalischen Geschöpfe des
ihn nicht in unseren Herzen tragen. Nur
Südens, nicht zu sehr beschwert von der Last der Gedanken, mit gesunder
Triumphzug antreten über die von helden¬
Sinnlichkeit, weichen Händen und arbeitsfrohen Gliedern — dann braucht
Diese höhere Idee zu fassen, ist aber der
niemandem bange zu sein um uns. Wir glauben nicht an uns, aber wir
tzung der Einzelstaaten und =Völker Selbst¬
richten es schließlich doch, wenn's darauf ankommt, samt unseren Fehlern
die der extreme Individualismus, der nur
und Schwächen. Daß wir sie haben, ist unser Verhängnis, daß sie uns
Hier ist einmal eine nicht bloß negative
hemmen, unsere Schuld, daß wir sie zwingen, wenn's sein muß, aber nicht
1 der sind wir in Oesterreich überproduktiv —
eine Viertelstunde früher, die österreichische Seele.
e hat Anspruch darauf, gehört zu werden,
auf keine Partei eingeschworen ist. Denn
jen Oesterreich, an das der echte Oesterreicher
glauben möchte.
nn.