29.
Badearzt
Graesler
okt
#OF Lassaies box 4/9
1918 — Literarischer handweiser — Nr. 1/2
2tgeseeeeses EeRSsseeRaRaAsseeeeeseeseue 1
Beute"; M. Maresch, „Der Heilige u.
Sudermann hat mit seinen „Litauischen
das Dolksgericht"; H. Lingens, „Mit
Geschichten“ (Stuttgart, Cotta Nachf.; geb.
Lanze und Spaten“; M. Schupder, „Ju¬
5.—) viele literarische Sünden gutgemacht u. fast
gend und Heimatfriede“. — J. B. Diels
die Höhe seiner ersten Drosadichtungen wieder er¬
zumeist wertvolle Novellen sind jetzt auch in billigen
reicht. — Dagegen haben Frenssen u. Bartsch
Einzelausgaben (Freiburg, Herder) erschienen. —
mit ihren Romanen „Die Brüder“ (Berlin,
Don Neuaufl. guter älterer Unterhaltungsliteratur
Grote; geb. 6.50) u. „Lukas Rabesam“
seien genannt: M. Scharlaus Roman „Im
(Leipzig, L. Staackmann; 6.50) keinen Aufstieg ge¬
Schatten“ (Freiburg, Herder; geb. 4.60); die
wonnen. — Auch der aus dem Nachlasse H. Töns'
historische Dolkserzählung „Das Erbe der
veröffentlichte Roman „Die Häuser von Ohlen¬
Helfensteiner“ (ebd.; geb. 4.20) von K. Hof¬
hof“ (Hannover, Sponholz; 5.—) bedeutet keine
mann; die unmittelbar frischen Isländerbücher
Erweiterung des Künstlercharakters. — Ricarda
„Nonni“ (ebd.; geb. 5.—) u. „Sonnentage“
Huchs Kriminalgeschichte „Der Fall Dernga“
(ebd.; geb. 4.80) von Jön Svensson; u. vor
(Berlin, Ullstein & Co.; 3.—) ist von der Kritik
allem L. Colomas köstlicher „Bop“ (17. bis
wohl mit Unrecht zurückgewiesen worden: große
22. Caus. ebd.; geb. 2.—). — Um den Katholiken
pfpchologische Intuition meistert hier ein tiefes
einen guten Abgang zu verschaffen, sei schließlich noch
Charakterproblem. — Im Vergleich damit sind
erwähnt Laurenz Riesgens wirklich schönes Buch
H. Mann's „sozialer“ Roman „Die Armen“.
„Der Märchenvoge!“ (ebd.; geb. 4.50), in dem
(Leipzig, Kurt Wolff; geb. 5.—) und des litera¬
der Text wie die Bilder von Rolf Winkler gleicher¬
rischen Marktschreiers G. Meprink gequält phan¬
maßen erfreulich sind. Dieser Versuch, die Märchen¬
tastische „Walpurgisnacht“ (ebd.; geb. 5.—)
erzählung, einen vollberechtigten Zweig der Dichtung,
recht äußerliche Sensationskunststücke. — Bessere
zu erneuern, ist um so mehr anzuerkennen, als alles
„expressionistische“ Sachen der neueren Richtung
bloße Allegorisieren glücklich vermieden ist; eine hie
sind: M. Benemann, „Kleine Novellen“.
u. da leise auftretende Lehrhaftigkeit schadet weiter
(Weimar, Kiepenheuer; geb. 3.—); M. Lich¬
nicht. Dieses Feld sollte mehr bebaut werden.
nowsky, „Der Stimmer“ (Leipzig, Kurt
Wir kommen nun zu den nichtkatholischen Neu¬
Wolff; geb. 6.—); W. Hepmann, „Das
erscheinungen, aus denen begreiflicherweise nur das
Tempelwunder“ (München, G. Müller; geb.
Allerunerläßlichste herausgehoben werden kann.
4.50); A. Zweig, „Geschichtenbuch“ (Mün¬
Aber was ist auch da von dauerndem Werte?...
chen, Langen; geb. 5.—; dieses mit sittlichem Dor¬
Das beste Buch des Jahres ist vielleicht noch Klara
behalt); dann von Vershoven aus dem „Qua¬
driga"=Kreise die in der Form manierierten Finanz¬
kuba“ (Berlin, Fleischel & Co.; geb. 6.50), weil
novellen „Der Fenriswolf“ u. „Das Welt¬
in ihm ein bedeutender Stoff wirklich gestaltet ist.
reich u. sein Kanzler“; in gewissem Sinne
Es ist schwer zu begreifen, wie das Werk von
auch 2. Jacques' neuartige, temperamentvoll
kath. Seite aus sittlichen Bedenken abgelehnt
erzählte moderne Robinsonade „Piraths Insel“.
werden konnte: die Darstellung ist zwar realistisch
(Berlin, S. Fischer; geb. 4.25), die jedoch wegen
u. geht auch den dunklen Erscheinungen des Lebens
der freien Sexualanschauungen eine Empfehlung
nicht aus dem Wege; aber die ganze künstlerische
ausschließt. — In die Gattung des allmählich
Haltung, mit der die Kriegsnot der deutschen Frauen
sich überlebenden pfrchologischen Romans (bzw.
Novelle) gehören — nur mit den selbstverständ¬
der inneren Anschauung gefühlsmäßig nahegebracht
lichen Vorbehalten aufgezählt — z. B.: M. Halbe,
wird, ist durchaus ernst u. groß. — Daneben kann
vom rein literarischen Standpunkt vielleicht noch
„Jo“ (Berlin, Ullstein & Co.; 3.—); E. v. Uepser¬
des seltsamen Erotikers O. Flake „Logbuch“
ling, „Fürstinnen“ (Berlin, S. Fischer; geb.
4.50; ein reifes, edles Alterswerk); F. Künzel¬
(Berlin, S. Fischer; geb. 4.50) gestellt werden,
mann „Die Heimsuchung der Enkel“ (Berlin,
vor allem wegen der in ihm enthaltenen Novelle
Fleischel & Co.; geb. 5.—); Ina Seidel, „Das
„Holm“. Aber ich empfehle das Buch nicht, zu¬
Haus zum Monde“ (ebd.; geb. 5.—; be¬
nächst aus ethischem Widerspruch, dann aber auch,
achtenswert); F. Nabl, „Das Grab des
weil es in seiner ganzen Art zu sehen u. zu
denken kein deutsches Buch ist. — Als undeutsch
Lebendigen“ (ebd.; geb. 10.—; sozusagen ex¬
perimentell); A. Schnitzler, „Doktor Gräs¬
u. zugleich unkatholisch empfinde ich auch den
ler Badearzt“ (Berlin, S. Fischer; 3.—; mit
künstlerisch immerhin diskutablen Legendenroman
Zeichen ermattender Kraft)z H. Doigt - Diede¬
„Martinian sucht den Teufel“ (München,
richs, „Luise“ (München, A. Langen; geb.
G. Müller; geb. 5.50), von dem Balten J.
5.50; herb u. stark); H. Stegemann, „Heim¬
v. Guenther: eine derartige ästhetisierende Aus¬
kehr“ (Berlin, Fleischel & Co.; geb. 5.—); R.
beutung unseres kath. Erbgutes widersteht uns. —
Heubner, „Jakob Siemering u. Kom¬
Weit über dem Durchschnitt steht „Die Stunde
pagnie“ (Leipzig, L. Staackmann; geb. 6.—). —
des Martin Jochner“ (Leipzig, Kurt Wolff;
Als „Heimatkunst“ (im weitesten Sinne) sind an¬
geb. 5.50) von H. Resser, der die geistige Be¬
zusehen: A. Karrillon, „Adams Gro߬
chaffenheit u. die Stimmung der intellektuellen
vater“ (Berlin, Grote; geb. 5.50; derber Oden¬
Lulturschichten vor Kriegsausbruch mit intuitiver
waldroman); P. Burg, „Die litanische Braut“.
kraft heraushebt; allerdings nur für Reife. —
Badearzt
Graesler
okt
#OF Lassaies box 4/9
1918 — Literarischer handweiser — Nr. 1/2
2tgeseeeeses EeRSsseeRaRaAsseeeeeseeseue 1
Beute"; M. Maresch, „Der Heilige u.
Sudermann hat mit seinen „Litauischen
das Dolksgericht"; H. Lingens, „Mit
Geschichten“ (Stuttgart, Cotta Nachf.; geb.
Lanze und Spaten“; M. Schupder, „Ju¬
5.—) viele literarische Sünden gutgemacht u. fast
gend und Heimatfriede“. — J. B. Diels
die Höhe seiner ersten Drosadichtungen wieder er¬
zumeist wertvolle Novellen sind jetzt auch in billigen
reicht. — Dagegen haben Frenssen u. Bartsch
Einzelausgaben (Freiburg, Herder) erschienen. —
mit ihren Romanen „Die Brüder“ (Berlin,
Don Neuaufl. guter älterer Unterhaltungsliteratur
Grote; geb. 6.50) u. „Lukas Rabesam“
seien genannt: M. Scharlaus Roman „Im
(Leipzig, L. Staackmann; 6.50) keinen Aufstieg ge¬
Schatten“ (Freiburg, Herder; geb. 4.60); die
wonnen. — Auch der aus dem Nachlasse H. Töns'
historische Dolkserzählung „Das Erbe der
veröffentlichte Roman „Die Häuser von Ohlen¬
Helfensteiner“ (ebd.; geb. 4.20) von K. Hof¬
hof“ (Hannover, Sponholz; 5.—) bedeutet keine
mann; die unmittelbar frischen Isländerbücher
Erweiterung des Künstlercharakters. — Ricarda
„Nonni“ (ebd.; geb. 5.—) u. „Sonnentage“
Huchs Kriminalgeschichte „Der Fall Dernga“
(ebd.; geb. 4.80) von Jön Svensson; u. vor
(Berlin, Ullstein & Co.; 3.—) ist von der Kritik
allem L. Colomas köstlicher „Bop“ (17. bis
wohl mit Unrecht zurückgewiesen worden: große
22. Caus. ebd.; geb. 2.—). — Um den Katholiken
pfpchologische Intuition meistert hier ein tiefes
einen guten Abgang zu verschaffen, sei schließlich noch
Charakterproblem. — Im Vergleich damit sind
erwähnt Laurenz Riesgens wirklich schönes Buch
H. Mann's „sozialer“ Roman „Die Armen“.
„Der Märchenvoge!“ (ebd.; geb. 4.50), in dem
(Leipzig, Kurt Wolff; geb. 5.—) und des litera¬
der Text wie die Bilder von Rolf Winkler gleicher¬
rischen Marktschreiers G. Meprink gequält phan¬
maßen erfreulich sind. Dieser Versuch, die Märchen¬
tastische „Walpurgisnacht“ (ebd.; geb. 5.—)
erzählung, einen vollberechtigten Zweig der Dichtung,
recht äußerliche Sensationskunststücke. — Bessere
zu erneuern, ist um so mehr anzuerkennen, als alles
„expressionistische“ Sachen der neueren Richtung
bloße Allegorisieren glücklich vermieden ist; eine hie
sind: M. Benemann, „Kleine Novellen“.
u. da leise auftretende Lehrhaftigkeit schadet weiter
(Weimar, Kiepenheuer; geb. 3.—); M. Lich¬
nicht. Dieses Feld sollte mehr bebaut werden.
nowsky, „Der Stimmer“ (Leipzig, Kurt
Wir kommen nun zu den nichtkatholischen Neu¬
Wolff; geb. 6.—); W. Hepmann, „Das
erscheinungen, aus denen begreiflicherweise nur das
Tempelwunder“ (München, G. Müller; geb.
Allerunerläßlichste herausgehoben werden kann.
4.50); A. Zweig, „Geschichtenbuch“ (Mün¬
Aber was ist auch da von dauerndem Werte?...
chen, Langen; geb. 5.—; dieses mit sittlichem Dor¬
Das beste Buch des Jahres ist vielleicht noch Klara
behalt); dann von Vershoven aus dem „Qua¬
driga"=Kreise die in der Form manierierten Finanz¬
kuba“ (Berlin, Fleischel & Co.; geb. 6.50), weil
novellen „Der Fenriswolf“ u. „Das Welt¬
in ihm ein bedeutender Stoff wirklich gestaltet ist.
reich u. sein Kanzler“; in gewissem Sinne
Es ist schwer zu begreifen, wie das Werk von
auch 2. Jacques' neuartige, temperamentvoll
kath. Seite aus sittlichen Bedenken abgelehnt
erzählte moderne Robinsonade „Piraths Insel“.
werden konnte: die Darstellung ist zwar realistisch
(Berlin, S. Fischer; geb. 4.25), die jedoch wegen
u. geht auch den dunklen Erscheinungen des Lebens
der freien Sexualanschauungen eine Empfehlung
nicht aus dem Wege; aber die ganze künstlerische
ausschließt. — In die Gattung des allmählich
Haltung, mit der die Kriegsnot der deutschen Frauen
sich überlebenden pfrchologischen Romans (bzw.
Novelle) gehören — nur mit den selbstverständ¬
der inneren Anschauung gefühlsmäßig nahegebracht
lichen Vorbehalten aufgezählt — z. B.: M. Halbe,
wird, ist durchaus ernst u. groß. — Daneben kann
vom rein literarischen Standpunkt vielleicht noch
„Jo“ (Berlin, Ullstein & Co.; 3.—); E. v. Uepser¬
des seltsamen Erotikers O. Flake „Logbuch“
ling, „Fürstinnen“ (Berlin, S. Fischer; geb.
4.50; ein reifes, edles Alterswerk); F. Künzel¬
(Berlin, S. Fischer; geb. 4.50) gestellt werden,
mann „Die Heimsuchung der Enkel“ (Berlin,
vor allem wegen der in ihm enthaltenen Novelle
Fleischel & Co.; geb. 5.—); Ina Seidel, „Das
„Holm“. Aber ich empfehle das Buch nicht, zu¬
Haus zum Monde“ (ebd.; geb. 5.—; be¬
nächst aus ethischem Widerspruch, dann aber auch,
achtenswert); F. Nabl, „Das Grab des
weil es in seiner ganzen Art zu sehen u. zu
denken kein deutsches Buch ist. — Als undeutsch
Lebendigen“ (ebd.; geb. 10.—; sozusagen ex¬
perimentell); A. Schnitzler, „Doktor Gräs¬
u. zugleich unkatholisch empfinde ich auch den
ler Badearzt“ (Berlin, S. Fischer; 3.—; mit
künstlerisch immerhin diskutablen Legendenroman
Zeichen ermattender Kraft)z H. Doigt - Diede¬
„Martinian sucht den Teufel“ (München,
richs, „Luise“ (München, A. Langen; geb.
G. Müller; geb. 5.50), von dem Balten J.
5.50; herb u. stark); H. Stegemann, „Heim¬
v. Guenther: eine derartige ästhetisierende Aus¬
kehr“ (Berlin, Fleischel & Co.; geb. 5.—); R.
beutung unseres kath. Erbgutes widersteht uns. —
Heubner, „Jakob Siemering u. Kom¬
Weit über dem Durchschnitt steht „Die Stunde
pagnie“ (Leipzig, L. Staackmann; geb. 6.—). —
des Martin Jochner“ (Leipzig, Kurt Wolff;
Als „Heimatkunst“ (im weitesten Sinne) sind an¬
geb. 5.50) von H. Resser, der die geistige Be¬
zusehen: A. Karrillon, „Adams Gro߬
chaffenheit u. die Stimmung der intellektuellen
vater“ (Berlin, Grote; geb. 5.50; derber Oden¬
Lulturschichten vor Kriegsausbruch mit intuitiver
waldroman); P. Burg, „Die litanische Braut“.
kraft heraushebt; allerdings nur für Reife. —