Badearzt
box 4/9
Doktor Graesler
29 — . . ene en eneneneten Srene enlte sch .
tere Mittheilungen Wien.
Jee
Schnißser Ariur, Doktes-Gräsler. Bade¬
arzi. Erzählung. K 7.04.
Dieler Doktor Gräller ist unverkennbar
ein naher Geistes= und Seelenverwandter
des rühmlichst bekannten Anatol. Unbe¬
schadet der dichterischen Vorzüge, die
Schnitzler selbstverständlich auch hier in
#gewohntem Mahe bekundet, wird aber
jeden, der nicht eine ähnliche ... Kaninchen= „befreit“ und kann zum Gegenstande leiner
natur besitzt wie dieser Herr Doktor Gräfter:
„Sehnsucht“ eilen. Er tut es und wird, wie
das Der geschilderte Sexual- und das hieraus
vorauszusehen, abgewiesen. Hierüber gerät
entlpringende und hierdurch bedingte Seelen¬
er in einen so edelmännischen Zorn, daß
leben, wenn nicht abstoßen, lo doch be¬
er lich vornimmt, mit seiner Geliebten vor
fremden, so sehr es ihn auch rein literarisch
die Augen der „reinen Seele“ zu treten;
felseln mag. Doktor Gräller ist schon ein
doch zu dieser edien mannesherrlichen Rache
alternder-Manng ats er ein Mädchen kennen
kommt es nicht: die Geliebte, zu der er
lernt, das eine „reine Seele“ ist, wie der
in seinem zornesmutigen Seelenschmerz un¬
Dichter sagt. Er „liebt“ sie vom ersten
verweilt zurückkehrt, erkrankt an Scharlach.
Augenblick an; doch der wankelmütige
den er ihr, ein scharlachkrankes Kind be¬
unentschlossene und an Weibererfahrungen
handelnd, unzweifelhaft zugebracht hatte,
reiche Mann (er war Schiffsarzt) kann lich
und stirbt. Seine Verzweiflung hierüber,
zu keiner ehrlichen offenen Erklärung auf¬
die uns eindringlich geschildert wird, ist
raffen. Er wird hieran von leiner Schwäche
lo groß, daß er in kurzer Zeit darauf
und noch mehr von den Zweifeln behindert,
eine „hübsche appetitliche Witwe“ — die
die in jenen „Erfahrungen“ wurzeln.“ Die
Mutter jenes von ihm behandelten und
„reine Seele“ wirkt lich ihm sozulagen an
geretteten Kindes — heiratet! Er geht mit ihr
den Hals — brieflich. Nun hätte der Mann
in das Seebad, wo er alljährlich beruflich
das so heißersehnte „Glück“; doch jetzt kann
zu tun hat und dortselbst sehen wir in dem
er sich nicht entschließen. Er gibt dem offen¬
Heteldirektor den — künftigen Geliebten
herzigen Mädchen gleichfalls schriftliche Ant¬
der Frau Sommer, „die übrigens seit dem
wort, die bloß aufschiebend wirken soll, in
Tage ihrer Abreise Frau Gräfler hieß“ (lo
Wirklichkeit aber den Stolz des Mädchens so
teilt uns der Dichter die Heirat mit) diskret
arg verletzen muß, daß lie für ihn verloren ist.
angedeutet .... Man sieht: ein „Beld“
Früher als beschlossen, verläßt er fluchtartig
ist dieler Romanheld nicht. Wenn es dem
den Ort, wo ihm sein „Glück“ hätte erblühen
Dichter darum ging. uns einen jammervollen...
können. Am Tage der Ankunft in seiner
Schwächling zu zeichnen, der das gänze
Vaterstadt, also einen Cag nach der schmerz¬
Lebentrot leiner höheren Bildung nur
lich enlundenen Crennung von der „reinen
unter dem tierisch niederen Schwinkel des
Seele uter zufällig eine Ladnerin kennen
Sexuellen betrachten kann — dann ist ihm
(ein nach dem Dorden versetztes echtes
das glänzend gelungen. Mit fühlen aber
Wiener lüßes Mädel) und knüpft mit ihr
kann man mit solch einem uns wesens¬
trotz der „Liebe“ zu jener anderen, flott
fremden „Mann“ gewiß nicht. Nicht einmal
ein Liebesverhältnis an. gewissermaßen.
unser Wit leid erweckt er. Wir können nur
um sich selbst den Beweis zu liefern, kein
die altbewährte Kunft Schnitzlers, faulige—
„Philister“ zu sein. In den Armen der
Menschen zu gestalten, rückhaltslos äner¬
Geliebten aber geht seine heiße Sehnsucht
kennen, ihm neuerlich das Zeugnis unter¬
„unentwegt“ der „reinen Seele“ zu, er
schreiben, daß er seine Probleme restlos
kommt ihr sogar „immer näher“. In edler und schonungslos ausschöpft und im übrigenz
Freigebigkeit beschenkt er die Geliebte mit
kühl bis ans Herz, zur Cagesordnung über¬
Kleidern und Schmucksachen seiner Schwester.
gehen.
über die wir zu Eingang der Erzählung
S
erfahren, daß sie lich erhängte. Sie hinterließ
0
unter anderem einen Pack Briefe in einem
versiegelten Umschlag, auf dem zu lesen
stand: „Dach meinem Code uneröffnet zu
verbrennen.“ Der pietätvolle Bruder aber
öffnete die Briefe dennoch, liest sie und
erfährt, daß keine scheinbar so littenstrenge
Schwester eine „Verworfene“ war. Nicht
viel fehlte und er hätte in seinem Schmerz
1
die Briefe auch der Geliebten lesen lassen,
von der er sich ehestens wieder trennen
muß, um der „reinen Seele“ zuzueilen.
Zu feig zu einer offenen Verabschiedung.
will er auch hier heimlich fliehen; doch das
einfache Mädchen durchschaut ihn und geht
freiwillig. Dun ist der „Mann“ endlich
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Doktor Graesler
29 — . . ene en eneneneten Srene enlte sch .
tere Mittheilungen Wien.
Jee
Schnißser Ariur, Doktes-Gräsler. Bade¬
arzi. Erzählung. K 7.04.
Dieler Doktor Gräller ist unverkennbar
ein naher Geistes= und Seelenverwandter
des rühmlichst bekannten Anatol. Unbe¬
schadet der dichterischen Vorzüge, die
Schnitzler selbstverständlich auch hier in
#gewohntem Mahe bekundet, wird aber
jeden, der nicht eine ähnliche ... Kaninchen= „befreit“ und kann zum Gegenstande leiner
natur besitzt wie dieser Herr Doktor Gräfter:
„Sehnsucht“ eilen. Er tut es und wird, wie
das Der geschilderte Sexual- und das hieraus
vorauszusehen, abgewiesen. Hierüber gerät
entlpringende und hierdurch bedingte Seelen¬
er in einen so edelmännischen Zorn, daß
leben, wenn nicht abstoßen, lo doch be¬
er lich vornimmt, mit seiner Geliebten vor
fremden, so sehr es ihn auch rein literarisch
die Augen der „reinen Seele“ zu treten;
felseln mag. Doktor Gräller ist schon ein
doch zu dieser edien mannesherrlichen Rache
alternder-Manng ats er ein Mädchen kennen
kommt es nicht: die Geliebte, zu der er
lernt, das eine „reine Seele“ ist, wie der
in seinem zornesmutigen Seelenschmerz un¬
Dichter sagt. Er „liebt“ sie vom ersten
verweilt zurückkehrt, erkrankt an Scharlach.
Augenblick an; doch der wankelmütige
den er ihr, ein scharlachkrankes Kind be¬
unentschlossene und an Weibererfahrungen
handelnd, unzweifelhaft zugebracht hatte,
reiche Mann (er war Schiffsarzt) kann lich
und stirbt. Seine Verzweiflung hierüber,
zu keiner ehrlichen offenen Erklärung auf¬
die uns eindringlich geschildert wird, ist
raffen. Er wird hieran von leiner Schwäche
lo groß, daß er in kurzer Zeit darauf
und noch mehr von den Zweifeln behindert,
eine „hübsche appetitliche Witwe“ — die
die in jenen „Erfahrungen“ wurzeln.“ Die
Mutter jenes von ihm behandelten und
„reine Seele“ wirkt lich ihm sozulagen an
geretteten Kindes — heiratet! Er geht mit ihr
den Hals — brieflich. Nun hätte der Mann
in das Seebad, wo er alljährlich beruflich
das so heißersehnte „Glück“; doch jetzt kann
zu tun hat und dortselbst sehen wir in dem
er sich nicht entschließen. Er gibt dem offen¬
Heteldirektor den — künftigen Geliebten
herzigen Mädchen gleichfalls schriftliche Ant¬
der Frau Sommer, „die übrigens seit dem
wort, die bloß aufschiebend wirken soll, in
Tage ihrer Abreise Frau Gräfler hieß“ (lo
Wirklichkeit aber den Stolz des Mädchens so
teilt uns der Dichter die Heirat mit) diskret
arg verletzen muß, daß lie für ihn verloren ist.
angedeutet .... Man sieht: ein „Beld“
Früher als beschlossen, verläßt er fluchtartig
ist dieler Romanheld nicht. Wenn es dem
den Ort, wo ihm sein „Glück“ hätte erblühen
Dichter darum ging. uns einen jammervollen...
können. Am Tage der Ankunft in seiner
Schwächling zu zeichnen, der das gänze
Vaterstadt, also einen Cag nach der schmerz¬
Lebentrot leiner höheren Bildung nur
lich enlundenen Crennung von der „reinen
unter dem tierisch niederen Schwinkel des
Seele uter zufällig eine Ladnerin kennen
Sexuellen betrachten kann — dann ist ihm
(ein nach dem Dorden versetztes echtes
das glänzend gelungen. Mit fühlen aber
Wiener lüßes Mädel) und knüpft mit ihr
kann man mit solch einem uns wesens¬
trotz der „Liebe“ zu jener anderen, flott
fremden „Mann“ gewiß nicht. Nicht einmal
ein Liebesverhältnis an. gewissermaßen.
unser Wit leid erweckt er. Wir können nur
um sich selbst den Beweis zu liefern, kein
die altbewährte Kunft Schnitzlers, faulige—
„Philister“ zu sein. In den Armen der
Menschen zu gestalten, rückhaltslos äner¬
Geliebten aber geht seine heiße Sehnsucht
kennen, ihm neuerlich das Zeugnis unter¬
„unentwegt“ der „reinen Seele“ zu, er
schreiben, daß er seine Probleme restlos
kommt ihr sogar „immer näher“. In edler und schonungslos ausschöpft und im übrigenz
Freigebigkeit beschenkt er die Geliebte mit
kühl bis ans Herz, zur Cagesordnung über¬
Kleidern und Schmucksachen seiner Schwester.
gehen.
über die wir zu Eingang der Erzählung
S
erfahren, daß sie lich erhängte. Sie hinterließ
0
unter anderem einen Pack Briefe in einem
versiegelten Umschlag, auf dem zu lesen
stand: „Dach meinem Code uneröffnet zu
verbrennen.“ Der pietätvolle Bruder aber
öffnete die Briefe dennoch, liest sie und
erfährt, daß keine scheinbar so littenstrenge
Schwester eine „Verworfene“ war. Nicht
viel fehlte und er hätte in seinem Schmerz
1
die Briefe auch der Geliebten lesen lassen,
von der er sich ehestens wieder trennen
muß, um der „reinen Seele“ zuzueilen.
Zu feig zu einer offenen Verabschiedung.
will er auch hier heimlich fliehen; doch das
einfache Mädchen durchschaut ihn und geht
freiwillig. Dun ist der „Mann“ endlich