I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 120

Badearzt
29. Doktor Graesler
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Neue Romane und Novellen .
ie Kaumnot drängt zu äußerster
Deure und auch dam, nichesn.
sammengehöriges ohne vermittlnde
Worte nacheinander zu besprechen.
E. v. Kehferling zwingt den
Leser immer in seinen Bann. Man
kann sich vielleicht eine Definition der
Kunst oder der Poeste ausdenken (vie
es heute viele Jüngere tun) und dann
feststellen, die Nomane dieses Verfassers
gehörten nicht dazu. Das ändert nichts
daran, daß noch nicht fünf Lebende
eine solche Feinfühligkeit und Über¬
legenheit haben wie Kehferling, Von
welcher Aenschenart, von welcher Ge¬
gend des Daseins er auch erzählen mag
bald ist der Leser zum Kenner der See¬
len, zum Wissenden der vielen Ver¬
flochtenheiten und Bedingungen dieses
Stückes Leben erhoben, balb weit er
ie siebt es von außen, so von innen
aus. Und dabei bleibt Keyserling, so
niese Eindlicke er auch eröfnet, immer
„taktvoll“; er lächelt nicht hämisch, er
reißt nicht Wunden auf, „seziert“ nicht
kühl und teilnahmelos, er entschleiert
nur Seiendes mit kluger Hand und
nicht ohne Liebe. Das alles erschüttert
nicht und krampft niemand das Herz
zusammen, aber es bannt. Und das
Ganze ist nicht zufälliger Auschnit,
nicht mühsam in Eins verwobene
Menge von Begebenheiten, sondern bei
aller Lebendigkeit des Einzelnen doch
ein „Canzes“, mit Auftakt, allmäh¬
lichem Beginn, Höhepunktenz Aus¬
klang; und nicht nur entschleiertes Le¬
ben, sondern höchst „unterhaltende" Er¬
sählung sogar für den, der über die
Tiefen hinwegliest. Keyerlings neueste
Erzählung heiht „Fürstinnen= und
mit Menschen und Sitten, so „elegant“
schildert das reven
werden diese Atelier= und sonstigen Be¬
deutschen Hof (Verlag S. Fischer, Ver¬
lin). Man darf daneben Arthur
gebenheiten doch nur selten erzählt.
Schnitzlers Erzählung „Doktor
Und bei einer bedeutsamen Wendung
Gräsler, B##earzt“ (derselbe Verlag)
der Geschichte findet Holm plötzlich in¬
nennen, obwohl sie weniger Ansprüche
nigere, ja ergreifende. Töne; tiefere Er¬
erhebi, nur ein Junggesellenleben, ein
lebnisse, ernst und schön dargestellt, be¬
herrschen nun eine Zeitlang die Erzäh¬
Leben ohne Kraft und Ziel, ein Leben
lung, und selbst der etwas gezwungene
ohne Erlebnisgewalt darstellt. Aber
Schnitzler hat eine kaum minder feine
Schluß zersetzt nicht die nachdenkliche,
Hand als Keyserling, blickt gewiß nicht
verinnerlichte Stimmung, die einmal
weniger tief, ist gewiß kein minder geist¬
hervorgebracht ist. Das Buch heißt
reicher Unterhalter, kein minder über¬
„Herz ist Trumpf“, und dieser Hinweis
legener Novellist. Von ihm mag man
auf den eigentlichen Sinn dieser erst
sich die Geschichte eines Lebenslaufs ge¬
so „amüsanten“, stets ganz unaufdring¬
lichen, plötzlich fast erschütternden Er¬
fallen (ja: „gefallen“!) lassen, der, von
anderen erzählt, langweilig sein würde.
zählung ist gerechtfertigt genug.
Aus dem friesischen Norddeutschland
Von vornherein auf Belustigung des
Lesers angelegt ist Ludwig Thomas
stammt und dorthin weist Gustav
„Altaich, eine heitere Sommergeschichte“
Frenssens neuer großer Noman
(Albert Langen, München). Thema:
„Die Brüder“ (G. Grote, Berlin). Drei
Söhne einer kinderreichen Bauernfami¬
Wie ein Gschaftlhuber durch Reklame
lie — Frenssen stellt mit Sorgfalt ihre
aus dem bayerischen Flecken Altaich
einen Höhenkurort zu machen trachtet,
Herkunft und ihr inneres Erbteil, ihr
wie auch einen Sommer lang Gäste
ganz persönlich=eigenes Wesen und ihr
äußeres Geschick dar. Im zweiten Drit¬
kommen, wie sie allerlei Heiteres und
tel des Buches bricht der Krieg aus, und
Argerliches erleben, und wie zuletzt
alle drei machen ihn zur See mit.
Altaich ist, was es seit Jahrhunderten
war: ein Stück beschaulichen Landes
Frenssen ist Könner genug, um bei
dieser Gelegenheit packende Seekriegs¬
„fern von Europa“. Leider ist die ge¬
bilder einzuschieben; die Hauptsache aber
schickt erfundene, mit trefflich umrissenen
bleibt die eigentümlich gewendete, sehr
Figuren ausgestattete Erzählung nicht
verinnerlichte Geschichte der drei jungen
eigentlich heiter, sondern vielfach mehr
Menschen und ihrer Familie. Süd¬
karikaturmäßig ausgefallen, und die
und Mitteldeutschen, gar Fremdrassi¬
„altbayrische“ Gesinnung des Verfas¬
gen werden diese wunderlichen, ganz im
sers, die da als „tiefere Lebensweisheit",
Inneren mit sich selbst beschäftigten und
als Liebe zu „bodenständigem, erdver¬
mühsam lebenden norddeutschen Seelen,
knüpftem Leben“ auftritt, verträgt sich
die Frenssen mit liebevollem Eifer aus¬
etwas zu gut mit innerer Fremdheit
einanderfaltet, vermutlich entweder
gegenüber auch der echten Kultur. Aber
Spaß und „Anregung“ bietet das sau¬
peinlich oder verzeichnet, also unecht
ber gearbeitete Buch viel.
vorkommen. Vielleicht sind sie beides
Tone salovper Unter¬
t — es kommen schon wirklich höchst