I, Erzählende Schriften 29, Doktor Gräsler, Badearzt, Seite 123

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einige Male erschütternd. Dichterisch
nicht wohl „bedeutend“, aber drei oder
vier davon prachtvoll „gekonnt", ohne
Einwand Hhinzunehmen.
„Gekonnt“ soviel steht nach einem
ersten Überblick schon fest, sind auch
Armin Steinarts Novellen „Hei¬
liges Leben" (Cotta, Stuttgart), das
einzige eigentliche Kriegsbuch dieser
Auswahl. Virtnos gemacht, würde man
sagen, wenn nicht doch das Gefühl über¬
wöge: ein innerlich Erlebender er¬
zählt diese packenden und spannenden
Geschichten. Sehr selten ist diese Ver¬
bindung zwischen nachdenklicher, fast
religiöser Menschlichkeit, die dem Sinn
größten und kleinsten Geschehens be¬
wegt nachgeht, mit literarischer Ziel¬
sicherheit uni Blickschärfe. Stücke wie
die „Brücke“ oder „Posten Nr. 3“ ge¬
hören in die engste Auswahl von viel¬
leicht zehn oder zwölf besten Kriegs¬
novellen aus den letzten vier Jahren.
Wohl nicht viele haben, innerlich, dem
Kriegserlebnis so viel abgewonnen wie
Steinart. Schade, daß er ein so starker
„Könner“ eigentlich nur im Aufbauen
der Ereignisse und im Umreißen der
Gestalten ist, aber nicht auch eine eigene
Sprache hat. Seine Sätze, jeder für sich
(das Spiegelbild seiner Art, das Ein¬
zelne aufzufassen!), sind allerdings
konventionell. Das tritt sogleich hervor,
wenn die Fabel der Erzählung nicht sehr
kräftig ist, z. B. in den wenigen Frie¬
densnovellen des Bandes. Trotzdem
wird das Buch vielleicht so viel
Freunde finden wie der berühmte
„Hauptmann“ von Steinart, und wir
wüßten auch nicht, warum das zu be¬
dauern wäre.
Wolfgang Schumann
Badearzt
29. Doktor Graesler
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bettet es sich lautlos in ihren Alltag ein, verbirgt sich garz
in den Nerven und Herzen, Liebe zieht einher, Entsagung
weht über sie hin, Gefühle wandern, verirren sich, ster¬
ben... Das Beste und Tiefste bleibt unterhalb und jen¬
seits der Worte, doch mit unendlicher Zartheit wird die
Melodie all des Ungesagten, Unterdrückten, Verschweben¬
den zum Klingen gebracht — ein rührendes, sanftes
ück
Geigenadagio. Wenn es verklungen ist, bleibt n
als eine Stimmung, ein Gefühl — das Leb
gefühl einer abseitigen, edlen, dur
Menschenart. Die Ausgeglichenheit,
dung, die innere Geschlossenheit un
Anmut, mit der diese Menschen
Wesen der einzigartigen Kunst Key
die mancher kraftlos und weichlich n
Omit ihrem Reichtum an ruhevoller S
Rischem Wohlklang einen Gipfel darstell
Artur Schnitzler: „Dr. Gräsler, Bad
ischer, Berlin).
Das Seltsame an dieser feinsten und zarte
velle Schnitzlers ist, daß ihre Hauptgest
Schnitzlerschen Menschen sind. Am wenigste
Gräsler, der, grau und unbedeutend wie sei
verdrossen zum Altern anschickt, nachdem sei
die ihm bisher die Wirtschaft führte, freiwi
Leben ging; — er ist so nüchtern, unmondä
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pliziert, wie es noch kein Schnitzler
war. Und Sabine, die er in dem klein
die nicht mehr ganz junge, schöne,
Sabine, auch sie ist gar kein Nervent
los. Nie aber hat Schnitzler eine lie
fendere Frauengestalt geschaffen, als
seelenvolle, reine Mädchen von keuschem Adel,
einfach, so herzhaft und so gesund ist, daß sie,
schwächliche Unentschlossenheit Gräslers erkennend,
selbst den ersten Schritt unternimmt, um de
innige Freundschaftsverhältnis mit ihm in wärmere
Bahnen zu lenken. Sie schreibt ihm einen Brief — einen
Brief, den man nicht oft genug lesen kann — und erklärt
sich bereit, seine Frau zu werden. Nie ist solch scheinbar
unweibliches Beginnen von holderem Zauber umglänzt

Cesalen
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