I, Erzählende Schriften 28, Frau Beate und ihr Sohn. Novelle, Seite 73

B
In
ihr Sohn
28. Fraureeee e deecenaae box 4/5
Ausschnitt aus:
Sessziger Neueste Nachrohtar
0:
Der neue Schnitzler.
Arthur Schuibler: „Frau Beal# Verlag
S. Fischer, Berlin.
Auch Schnitzlers neue Novelle schenkt das Beste und Edelste seiner
Kunst: den Blick in seelisches Land. Die Handlung ist äußerlich gewiß
nicht allzu stark, dennoch überreich an innerem Geschehnis und Erlebnis,
an inneren Erschütterungen. Und nur ein Künstler von der fast
schmerzlichen Lebensüberlegenheit Schnitzlers, nur ein Dichter mit solch'
schwermütiger Kraft, die Dinge der Menschen und ihres wirren, rau¬
schenden Blutes selbst unverwirrt zu belauschen, wird an einen Zu¬
sammenbruch herangehen dürfen, wie ihn „Frau Beate und ihr Sohn“
als Schlußkapitel ihres Seins erleben. Das Thema ist heikel genug:
Die Mutter, in deren leuchtenden Erinnerungsblicken noch der Gatte
Mutter, die lediglich im vergötterten Sohn auch
steht,
für
sich noch Zukunftshelligkeit gewahrt, will den sieb¬
zehnjährigen Jungen vor einer Koketten retten, will ihm
entschlossen davor hüten, daß das Lebensmysterium von Mann und
Weib für ihn im Schmutze beginne. Alles an Frau Beate ist groß und
stolz, ist aufrecht, frei und selbstverständlich: daß sie selbst aber der
zitternden Glut von ihres Sohnes Schulkameraden erliegt, daß alle
Reinheit jäh im plötzlichen Rausch des Bluts versinkt, daß ihr die
eigenen Lieder verlangenden Blutes dann noch in Schulbubenzoten
iedrigt werden, daß sich alle Reinheitsbegriffe verwirren und zuletzt
Junge selbst vom Sturz der Mutter weiß, — all das wird zur
gödie, über die Mutter und Sohn nicht hinauskommen, zu einer
träuenlosen Tragödie, die nur Seefluten reinspülen ...
Schnitzlers
technische Meisterschaften, Menschen denken und mit sich allein sein zu
lassen, aus Stimmungen unbewußte Entschlüsse werden zu lassen, Ge¬
sichter mit ein paar Zügen zu stricheln: der alte Schnitzler kommt auch
diesmal wieder. Und just die milde, ruhige Abgeklärtheit, mit der das
Schicksalsvolle, Allzumenschliche hier erleuchtet wird, die fast süße
Melancholie, mit der hier das schwere Sterben zur heroischen Selbst¬
abrechnung und Selbstversöhnung wird, der wehmütig lächelnde Anteil
des Dichters an seinen leidgetroffenen Helden, bringt das Erschütz
ternöste auch in Schnitzlers neues, glänzendes Buch.
Karl Fr. Nowak, Berlin.
Mll 9l Pen. Zeltunge. Waen
vom:
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„Frau Beate und ihr Sohn.“ Rovelle von Artu#
S. Fischer, Berlin. Geheftet 2.50, gebunden 3.50 Mark.
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widerwärtige Schilderung äußerster Sittenverderbnis und 1
worfenheit. Vor diesem Buche kann man nur Ekel empfinden###
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Über Artur Schnitzlers romanartige Novelle
„Frau Beate und ihr Sohn (S. Fischer, Berlin)
thabe ich in den letzten Monaten allerlei Über¬
zschwengliches und Verstiegenes gelesen. Ich schätze
Schnitzler als Erzähler nach Verdienst, kann mich
aber in meinem wohlerwogenen Urteil nicht irre¬
machen lassen: in dieser Erzählung ist viel feine
Darstellungs= und Sprachkunst an einen wertlosen,
ja widerwärtigen Stoff gewandt worden. Artur
Schnitzler kann sehr vieles, und er weiß, daß ihm
bis zu einem gewissen Grade das meiste gelingt,
was er anpackt. Diese Sicherheit verleitet ihn
nach meinem Empfinden zu dem gefährlichsten
oller Kunstfehler: sich nicht mehr gewissenhaft
und mehr als einmal vor der Ausführung die
entscheidende Frage vorzulegen, ob dieser Stoff
behandelt zu werden verdient.