I, Erzählende Schriften 27, Das Tagebuch der Redegonda, Seite 18

27.
Das
Tagebuch
der
Redegonda
box 4/4
Snangeranaus Reusgenda
is vor= Kämpfen um den Aufstieg erzählt, verstummt der Ster¬
der Liebelei. Und als Marionetten entgleiten diese
n Ver= bende und bekennt, was habe er mit diesem Lebenden
Figuren dem Dichter, das Publikum mischt sich in ihr
Ar Arzt
noch gemeinsam. Er schließt die Augen und nimmt
erwachtes Leben, Theater im Theater, ein Skandal, und
t, und
sein Geheimnis mit hinüber — dem Dritten, dem eben¬
schließlich vollzieht an Puppen, Zuschauer und dem
falls totkranken Schauspieler, der gleichsam in einer
Wurstl=Dichter ein noch größerer Puppenspieler das
Schnitz¬
Probe zum letzten Spiele davon vernommen hat, ist es
endgültige Urteil. Mit Heiterkeit schuf Schnitzler eine
a“, den
nichts anderes gewesen, als der Stoff zu einer Komödie
Burkeske voll leisen Selbstspottes, um sich und seine
benspiel
aus der drohenden Tragödie.
Welt verstummen zu lassen vor der Unerbittlichkeit aus
andere
„Der Tod als Wurstl“ — in der Schweiz trägt der
dem Bekenntnis zum Determinismus. Se klingt das
nichts
Wurstl den Namen Kasperli und damit ist gesagt, daß
lärmvolle, phantastische Marionettenspiel (das Leben)
ädeln“
es sich um ein Marionettenstück handelt. Draußen im
in der Weltanschauung des Dichter=Arztes aus und
Brieben
Wurstlprater ladet der Direktor das Volk zum Besuch
bestätigt zusammenfassend, was in den großen Einzel¬
chaffen
der Erstaufführung ein; man stelle sich am Ort der
werken immer durchbricht: die in der oben erwähnten
fragt
Handlung einen von Kastanienbäumen beschatteten
Parabel aufschreiend an den Weltgeist gerichtete an¬
Hohn¬
Biergarten vor; im Hintergrund dreht sich das Riesen¬
klagende Frage: Wozu denn dieses Leben! Antwort:
rgrün¬
rad, langsam und unerbittlich. Wer unten ist, wird
Das Schicksal spielt mit den Menschen wie ein Kind
Nichte oben sein, um wieder zu versinken in der Tiefe, macht¬
mit den Puppen. Wir könnten auch sagen: Wir alle
n dem
los preisgegeben der Kraft, die das Rad treibt. Da
fahren auf dem Riesenrad, das „sich so langsam draht“,
„Was
haben wir eigentlich schon den Inhalt des Puppen¬
aber doch nach genauen Gesetzen bewegt.
kit den
spiels. Die unbekannte Kraft, der der Jüngling in der
Haben wir also nicht einen typischen Schnitzler=Abend
r tritt
Parabel Widerstand leisten will, legt uns alle, die wir
hinter uns? Hätte uns das Werk, die Art der Kunst
ihrer
in ihrer Hand Marionetten sind, ins Gras. Der Un¬
des großen Wiener Dichters noch kräftiger gezeichnet
dem
bekannte schwingt das Schwert, haut die Fäden durch
werden können? Und hat der Abend nicht da und dort
bende, und in wirrem Chaos fallen Puppen, Zuschauer, Dichter
das Urteil über Schnitzler geändert und den vermeint¬
gt ist, und Direktor zu Boden. Was in dem Spiele sich er¬
lichen Literaten der Café=, Ring= und Theaterwelt in
chtung eignet bis der Tod eingreift, ist zusammengefaßt alles
den Hintergrund gedrängt, demit er ersetzt werde durch
ich dir das, was Schnitzler, der psychologisch nachdenklich dich= die Ueberzeugung, daß ein die dunkeln Tiefen des
rebten,
tende Arzt, in seinen Dramen und Romanen behandelt.; psychologischen Erlebens dringender Geist gesprochen
hntest;
So will die Herzogin in dunkelroter Lüsternheit ver= habe — nicht aus der Welt des leichten Dahinlebens,
ger be¬
sinken, ehe der Tod sie rührt; die Anatol=Helden gehen sondern aus der Welt der Tragödie.
St.
kigenen über die kleine Bühne, das süße Mädel ist das Sviel!
Töglich, i Anwendung gebracht werden. Brunnerf zustreisen, N. 2as Kon
2½ Rp. einen Ausfall von 800,000 Fr. bringt, sieht wurde ein enthusiastischer Verfechter dieser Idee Störend namentlich wir
noch als erfahrener Praktikus angesehen bleiben, nen Totentanzes stellt d
Feuilleton.
wenn die neuen Methoden durch noch neuere ver¬ lebendiges Phänomen
brängt sein werden. Er hat ja jenen gütigen, men= die weber alt noch neu
schenfreundlichen Arztblick, hinter dem sich kauf=nicht sein kann, ohn
Arthur Schnitzler=Lesezirkelabend.
männische Talentlosigkeit in medizinischen Dingen mungen.
verbirgt. Jene sanfte Skepsis, vie mit einem Lä¬
Aus denselben Quelle
B. Der Herr mit dem ergrauenden Malerbart
cheln und leicht geneigtem Haupt auf Neuigkeiten,sbuch der Redego
und der Schmachtlocke, die bis zur freundlichen
Salvarsan und Insulin, Fritz von Unruh, Brechtlein Kunststückchen in je
Brille herabhängt, ist uns kein Unbekannter. Auch
und Toller, schaut, mit einer Stirn, in die als Er=Tragödie auf einer Pa
wer Schnitzler nie gesehen hätte, ist diesem Typus
kenntnis das „semper idem“ gemeißelt steht. Er
selbst, Zwischenspiel des
an den Maler= und Schriftstellerstammtischen von
ist, wie sein Spitalarzt, der den seelsorgenden
wußtsein. Da ist dieser
München, Wien, Paris und Berlin begegnet.
B141
Teil seines Berufs für den besten hält, vielleicht
der Dir des Nachts bege
Diesem jovialen, halb eleganten, halb nachlässi¬
— weil er von ihm wenig versteht. Aber in den
wie er die Offiziersfrau
gen Herrn von Welt, Betrachter und zugleich Mit¬
ewig gleichen Wechsel von „Werden — Sein —
liebt, gesucht, in Liebe
spieler in der sonderbaren Komödie, genannt
Vergehen“ bringt nur die „Seele“ Abwechslung. loren habe, wie ihr Gat
„Welt von heute“. Es gibt welche, die allen Ern¬
Inmitten der tödlich eintönigen Gewißheit des
kam mit der Meldung,
stes behaupten, die Bühne Schnitzlers sei „Welt
Sterbens ist nur das Fragezeichen interessant.
hätte aber ein Tagebuch
von gestern“. Vorderhand ist das noch Ueber¬
schätzung des Heutigen. Die Anzeichen einer „Kunst Schnitzler spielt die Menschen=Masken meisterlich
größter Gewissenhaftigkei
zusammen, viel besser als er in der Parodie „Tod
Gewissenhaftigkeit über
von morgen“, die es zweifellos gibt, genügen
als Wurschtel“ die Marionetten bewegt. „Die letz. mit dem jungen Herrn.
noch nicht zur freien Aussicht ins gelobte Land der
Zukunft. Vorderhand sind die „Fälle", die der ten Masken“ sind uns von der Bühne des Schau= Erkenntnis gepackt, bring
kennen, daß alle die
Wiener Arzt literarisch=menschlich behandelt, so spielhauses bekannt. Sie wirken durch den Schleier
der Vorlesung noch transzendentaler, als von den
Träume seien, denn all
„aktuell“ wie möglich, auch wenn etwa der eine
waren auch seine Fer¬
Brettern. Die Gegensätze der Situationen des
oder andere seiner literarischen Patienten noch
nüchternen Lebens im vollen Gang — auch wenn
fühlt sich verantwortlich
eben die k. und k.=Uniform trug. So einem Arzt
es nur Aerzte. und Krankenwärterfunktionen in
ten, die gedachten Handl
in der Reife der Jahre ein X für ein U zu machen,
Duell ... Aber nun
einem Spital sind — und der tiefen, plötzlichen Le¬
hält schwer. Die „Fälle“ lassen sich ja alle treff¬
seinem Sinnen und beme
lich rubrizieren. Ausnahmen bestätigen die Regel.benserkenntnis, die aus der Stille zwischen Leben
gar nicht da ist, daß er
Dr. Schnitzler hat sich frühzeitig die erotisch=patho= und Tod aufblitzt. Das seltsame Abgeschiedensein
logische Abteilung als Werkstätte ausgelesen. Da des Sterbenden vor dem Tod von allem Leben sitzt, daß ihm des Mittag
ist er denn nun zu Hause, wie wenige und wird und Lebenswichtigen. Die Bizzarrerie des moder= von einem jungen, nette
ad Gar
T01. 21—