I, Erzählende Schriften 27, Das Tagebuch der Redegonda, Seite 44

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Das Tagebuch der Redegonda
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issen
1 III.
Lesezirkel Hottingen.
urer.
Einstmals hätte man das Erscheinen eines Ar¬
Auf¬
ihur Schnitzlers als Vorleser eigener Werke als
ollen.
ein Wunder begrüsst; heute ehren wir in ihm seine
sich
eigene Epoche als ein literarhistorisches Gescheh¬
igem
nis von wienerischer Lokalbegrenzung. Immerhin:
eren
Arthur Schnitzler als Gast des Lesezirkels, jovial¬
rolle
ässig im Sessel oder auch, wie beim Vortrag sei¬
it. Es
ner letzten Sache, der & Grössen Wurschtl's, uner¬
rade
znüdet stehend, sein den Wicher Arzt nicht ver¬
vom
leugnendes Acussere nicht ganz so lebensmüd¬
erig¬
wichtig und weitschmerzlich übersetzt, wie das be¬
kannte Porträt, eine Stimme (leider durch Heiser¬
hier
keit gehemmt) mit gestuftem Ausdruck und wiene¬
haus
rischem Gesclischaftsiargon: das war gewiss ein
sche
fesselndes Erlehnis. Sofort beherrschte sich das in
Auf¬
Scharen herbeigeströmte Auditorium und befleis¬
luss
sigte sich andächtig-anständiger Stille, um den
der
stimmschwachen Vortragenden nicht zu über¬
nig¬
müden. Der Kontakt war ein vollständiger, die Un¬
auer
terhaltung eine gute und interessante; doch ward
ache! man allsogleich gewisser Unzulänglichkeiten inne.
loch
Zum Ersten ist das Erzählende bei Schnitzler so¬
Dies
wieso nicht im gleichen Rang wie das von ihm
durchaus gemeisterte Dramatische. Also ver¬
mochte Das Tagebuch der Redegonda; nicht
ganz zu überzeugen. Was einer an sich sehr vul¬
der
gären Begebenheit zwischen einer Rittmeistersgat¬
tin (die kein anderes Verdienst hat, als dass sie
eschöns ist und amissverständlich verheiratet:)
und einem seiber wieder angeführten Verführer an
Symbolik angchängt wird, ist krampfhaft und
riecht sehr nach Kunstfertigkeit im Sinne einer
Evolution am Reck. Das gleiche unvermittelte
Symbolisieren findet man auch in der letzten Szene¬
wieder, deren Verständnis überhaupt nur den Ken¬
nern Wiens und seines Wurstlpraters restlos auf¬
geht. Aber diese Sache ist sehr fein gestaltet und
die lachende Menschenkenntnis und Weiberkennt¬
nis (Frauenkenntnis ist zu hoch geredet!) verhlüfft
„II] unbedingt. Das Wertvollste schien mir der Einak¬
die -Bombenreklame; (wie wir heute sagen wür¬
den!), demals e mit Posaunenton in die Wolken
####uge genannt, misstiel an vie¬
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