I, Erzählende Schriften 27, Das Tagebuch der Redegonda, Seite 48

27. Das Tarebuch der
Redegonda
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Reusganda

Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Ja. füts
*
Teleion: Norden 3051
###### gefordert habe. Bestimmt könne er es aber nicht
BERLIN N4
Wieso 1 sagen. Das stehe in Widerspruch zu seinen Aussagen von heute.
Ausschnitt aus:
gesehen sei, respektive daß das Gesetz den öffentlichen Vortrag
nicht
Neue Leipziger Zeitung
ir der¬
von Werken der Literatur, die bereits erschienen sind, von dem
urheberrechtlichen Schutz ausdrücklich ausschließt. Die „Ravag“
r man
beruft sich ferner darauf, daß Schnitzler die Tatsache der bevor¬
allerlei
stehenden Vorlesung bekannt war.
andere
S.
Die von Dr. Norbert Hoffmann vertretene Klage führt
6. Okt. 1922
aus, daß die Tantiemenfreiheit solcher Vorlesungen, selbst wenn
sie im Gesetze ausdrücklich vorgesehen wäre, mit dem tatsächlichen
Boykott Arthux Schnitzlers durch den Wiener
Urheberrechtsschutz im Widerspruch stehe. Es wäre unlogisch,
Rundfunk. Die Wiener Rudag ist von Arthur
die epische Literatur schutzlbs zu erklären, während die Ver¬
Schnitzler verklagt worden, weil sie für den Vor¬
breitung dramatischer Werke den vollen Schutz des Gesetzes ge¬
trag einiger kleiner Novellen kein Honorar zahlen
berg.
nießen. An dieser Stelle verweist die Klage darauf, daß die
wollte. Draraufhin hat die Ravag einen allge¬
Anerkennung dieses Schutzes den Funkgesellschaften in allen
meinen Boykott der Werke Schnitzlers erklärt. Der
Ländern auf prozessualem Wege entrissen werden mußte, und
österreichische Schriftstellerverband wird diesen Vor¬
durch
erwähn“ in diesem Zusammenhange die vor anderthalb bis zwei
fall benutzen, die Urheberrechtsfrage bei der Ueber¬
überaus
Jahren in Deutschland durch Gerhart Hauptmann und
mittelung von Werken zeitgenössischer Schriftsteller,
rg an¬
Hofmannsthal angestrengten und gewonnenen Prozesse.
durch den Wiener Rundfunk grundsätzlich zu klären.
Reihe
Durch diesen Richterspruch scheint in Deutschland die Tantiemen¬
ernbeig
pflichtigkeit hinsichtlich der Vorlesungen von anderen als drama¬
tischen Werken der Literatur durchgesetzt zu sein. So habe
Schnitzler im März dieses Jahres von der Südn#estdeutschen
ischen
Aen
Funkgesellschaft für die Vorlesung der Novelle „Leutnant Gustl“
rätig¬
in Frankfurt am Main ein Honorar erhalten, und zwar auf
An¬
Dr. Max Goldschmidt
Basis von 10 Pfennig für die Zeile, im ganzen 103 Mark. Bei
und
Sendungen ist ja eine Trennung zwischen epischen und drama¬
Büro für Zeitungsausschnitte
ffen¬
tischen Werken gar nicht durchzuführen. Auch dramatische Werke
eine
Teleion: Norden 3051
werden durch die „Ravag“ nicht aufgeführt, sondern nur vor¬
ABRLIN N4
gelesen. Daß bis jetzt keine Tantiemenzahlung geleistet wurde,
beruhe auf einer Mangelhaftigkeit des Gesetzes gegenüber den
Ausschnitt aus:
Fortschritten der Technik. Was die Einwendung der „Ravag“
1
Prager Presse, Prag
betrifft, daß Schnitzler von der Tatsache des Vortrages Kenntnis
gehabt habe, so erwidert die Klage hierauf, daß Schnitzler
dr
legentlich einer zufälligen Begegnung mit dem Burgschauspieler
Pranger davon erfahren habe. Dieser habe ihn um seine pei¬
ich
10. Okt. 18.
sönliche Meinung gefragt, und er habe ihn, ohne zu der Rechts¬
en
lage irgendwie Stellung zu nehmen, die Aenderung einer Pro¬
grammnummer vorgeschlagen. Es hätte übrigens primitivster
Höflichkeit entsprochen, wenn die „Ravag“ bei Schnitzler an¬
* Schwere Beleidigung Arthur Schnitzlers.
gefragt hätte, ob die Vorlesung erwünscht sei. Es gehe aber nicht
Im Rahmen der bereits
seldeten
an, daß sie mit den Werken eines noch lebenden Autors wie mit
Pressekonferenz der RAWAG lai
t einem
herrenlosem Gut umspringe. Es handelt sich in diesem soeziellen
großen Sta¬
der durch den Vertreier eines
Fall selbstverständlich nicht um den geringen Betrag, der wahr¬
Hackenkreuzlern
s hervoigerufen wurde. Als
scheinlich nicht einmal für die Finanzleute der „Ravag“ ernstlich
man nämlich
onslikt Arthur Schmitzlers
in Betracht kommen dürfte. Es steht hier vielmehr die Frage zur
(bekanntlich hat die
Diskussion, ob der Schutz geistigen Eigentums durch ein¬
R#wuch drei
Schnitzlers durch den
schränkende Auslegung unklarer oder unfertiger, technischen Fort¬
Rundfunk verbreitet, ohne ihn dafür zu honorie¬
schritten nicht Rechnung tragender Paragraphen im Einzelfall
ren), bezeichnete der Vertreter eines nationalso¬
vollkommen illusorisch werden.
zialistischen Blattes Schnitzler als einen Vordel¬
Die von Dr. Ernst Preusch! vertretene „Ravag“ steht
litteraten. Dies hatte einen beispiellosen Tumuli
dagegen auf dem Standpunkt, daß es sich bei Vorträgen von nicht¬
zur Folge. Einige Pressevertreter forderten mit
dramatischen Werken für das Radio um gewöhnliche Vorträge
erregten Worten die Geitfernung des Hackenkrenz¬
handelt. Nun sind nach § 23 Urheberrechtsgesetz Vortrige bereits
lers und nahmen für Schnitzler Partei. General¬
erschienener Werke nicht geschützt. Die „Ravag“ hat also keinerlei
direktor Czeja gelang es schließlich, die Ruhe wie¬
Verpflichtung, den Urheber solcher Werke zu honorieren. Wenn
der herzustellen, worauf der Vertreten des natio¬
die deutschen Gerichte einen anderen Standpunkt einnehmen,
ist das darauf zurückzuführen, daß das deutsche Urheberrechtsgesetz
nalsozialisten Blattes aus der Versammlung aus¬
den Urheber auch gegen die entgeltliche Verbreitung seiner Werke
geschlossen wurde.
schützt. Die deutschen Gerichte haben eben entschieden, daß es sich

bei Vorträgen im Rundfunk um eine entgeltliche Verbreitung im
wie aushutt, ist Aile Ergenaugerung noch nicht eingelangt.
Sinne des Gesetzes handelt. Schon in der deutschen Rechtsliteratur
ist es sehr bestritetn, daß der Ausdruck „Verbreiten“ nicht so aufzu¬
Wien, 16. November. (Artur Schnitzler gegen die „Ravag“.)
fassen sei, daß eine Verbreitung nur vorliegt, wenn Werksexem¬
fort=] Beim Bezirksgerichte in Handelssachen vor dem Landesgerichts¬
plare verkauft werden. Das österreichische Gesetz spricht aber im
rate Dr. Hais gelangt heute ein Prozeß zur Durchführung, der
ein
§ 23, abweichend vom deutschen Gesetz, nicht von „Verbreiten“,
von grundlegender Bideutung ist. Artur Schnitzler klagt die
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sondern von „Vertreiben“, und dieser Ausdruck ist nur so aufzu¬
„Ravag“ auf Bezahlung einer Summe von 300 Schilling als
seißen
fassen, daß den Urheverrechtsschutz nur die Veräußerung von
Honorar, beziehungsweise als Tantieme für die im Mai statt¬
Sky¬
Werksexemplaren begründet. Die „Ravag“ wendet sich gegen die
gehabte Verbreitung im Rundfunk einer Vorlesung seiner drei
ervor¬
Ansicht des Klägers daß es sich bei Vorträgen im Rundfunk um
Novellen „Die dreifache Warnnung", „Geronimo“ und „Rede¬
Liln
eine mechanische Wiedergabe von Darbietungen handle da der
gonde“ durch den Buraschauspieler Paul Pranger. Die
und
Zuhörer keine Wiedergabe, sondern die Darbietung selbst höre.
„Ravag“ verweigert die Bezahlung dieser Tantieme mit der Be¬
niken
Die Verhandlung wurde zur Einvernahme des Burgschau¬
ungen) gründung, daß im Gesetze eine Tantiemenzahlung für derartige
von Vorlesungen an den Urheber des Vortragsstückes nicht vor= spielers Pranger, der die Vorlesung gehalten hatte, vertagt.