I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 82

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d#r entweder zu antisemitischen Gesetzen oder Assimila¬
zelne Stellen zum Beweise anzuführen. Sie verschieben
ion oder nach Zion oder zum Taufbecken führen soll.
durch einseitige Betonung den Schwerpunkt, der irgend¬
Den streitenden Parteien — den „Anti“ und den „Philo“
wo in der Mitte zwischen Recht und Unrecht, Selbstver¬

wäre die Panacee eines Charlatans sicher willkomme¬
ständlichkeit und Wahnwitz, Kultur und Barbarei, Re¬
ner. Für den Dichter sind ihre lauten Stimmen höch¬
generation und Degeneration liegt.
stens Konsonanzen, die ihn unrein, aber seinem hor¬
Der in diesen Sommertagen plötzlich verstorbene
chenden Gefühle verständlich andere Stimmen
Leo Berg, ein Mensch, dessen Charakler kein Zurück¬
ahnen lassen; Stimmen aus dem Wesen der
scheuen vor den Ergebnissen seines Denkens kannte, und
Dinge; Stimmen, die sich, welchen Wohllaut auch die
der, obwohl Jude, bei vielen Juden nicht minder un¬
eine und andere habe, immer zu Dissonanzen vereini¬
beliebt war, als bei den Judengegnern, entwickelte mir
gen; die trauriger und tragischer, als sonst der Klage¬
einmal die Grundidee eines Werkes, das er nicht mehr
gesang der Menschen, in dem wunden Aklorde ver¬
schrieb. Es sollte auf einem Vergleiche aufgebaut werden.
hallen: „Fremd und daheim.“
Die Kulturen der Nationen waren Blumen in weitge¬
Arthur Schnitzler, der intimste und einheimischeste
trennten Beeten; und Insekten, von den Blumen un¬
Tichter der Wiener Atmosphäre, öffnet ein geheimes
gern geduldet, flogen von Garten zu Garten und ru¬
Schloß in tiefer Brust. — „Der Weg ins Freie“ — und
gen die Fruchtkeime und besäeten das blütenlose Land.
läßt ein unüberwundenes Gefühl ausströmen. Nicht heftig,
Endlich kam eine Zeit, da waren alle Fernen nah ge¬
nicht gewalttätig; nein, mit wehmutsvoller Ruhe: das
worden und die trennenden Gartenzänne verschwunden.
Fremd=Gefühl. Er, der das stolze Heimatrocht des kul¬
Schnitzler in seinem Roman schildert, ohne daß er über
turellen Geistes erworben, der kein Nehmer, kein Ent¬
Mission und Zukunft der Schwärmenden zu Resultaten
lehner, der ein so wohltätiger Geber ist; er, dem die
der Phantasie gelangt, jenes intellektuelle Judentum,
deutsche Literatur, dem alle, die in der Kunst die Ver¬
das trächtig ist von den Kulturen der Völker, voll agi¬
vollkommnung der menschlichen Gattung erblicken, dank¬
tatorischen Geistes, und weder sein eigenes geistiges
bare Liebe schulden. Was war es, das dieses Leid in
Heim, noch Ruhe und Frieden in sich selbst und in¬
ihm nähren konnte? Die Roheit arischer Hausknechte
mitten der anderen Rassen finden kann. Ein Wissender,
wur es nicht; die Torheit der Herdenmenschen war es
aber Einer, der in anderen Dichtungen aus so viel holder
9n
nicht; und der Schmutz der Shylöckseele, von der sich
Wurme Blüten des Gemütes hat sprießen lassen, zerlegt
keine Ahnung auf sein Wesen und Bewußtsein vererbte,
mit einer Intelligenz ohnegleichen den geschliffenen, un¬
war es nicht. Was war es?
bewußt rassenegoistischen jüdischen Intelleklualismus, seine
Das ganze Buch gibt die Antwort. Gibt die Be¬
Art, seine Genesis, seine Gesetze. Ein Gestalter wie
gründung. Eine Begründung in so organischem Zu¬
Schnitzler tut das nicht mit trockenen oder blendenden
sammenhang, wie ihn nur das Leben selbst hat, die Theorie
Deduktionen. Er überzeugt ganz anders, indem er seine
gar nicht darstellen kann. Deshalb ist es mißlich, ein= aus Fleisch und Blut geholten Beobachtungen wieder
einkleidet in Fleisch und Blut und
schen vor uns bewegt, von denen e
chologisch durchsichtig macht wie ei
mein reichhaltige Sammlung der
tiert so ziemlich das ganze geistige
den Salons und Literatur=Cafés, in
Mansardenzimmern, in den prakli
den Bädern ist es gesammelt. Der¬
seine mondäne Familie, die Sno
Künstler, die konservaliven Patriarch
Stürmer, die Politiker, die Spint
ten, alle, alle, die Männer und di
auf dem Stapelplatz des Romane
einen nicht unwichtigen Typ: den A
den Plutokraten. Diese Menschen
Höhen, von denen sie eine große A#
doch können sie insgesamt nicht au
aus der Enge ihres in jedem
Rassenproblems. Sie wenden, sie d
die einen in fressender Skepsis, die
Aposteltum. Ihre Gedanken fliegen
captifs, zu dem Ankerplatze ihres Sei
unfehlbar zurückzukehren. Beobac
Selbst, steigern sie, was sie über
höchsten Macht in ihrem Innern.
den sind sie geschmiedet. Verbitter
keit überschatten sie. Sie, deren Em
Punkte zu nervöser Sentimentalitä
ziehen den übigen Dingen wider 2#
Teilnahme und drängen sich und
nium ihrer Rasse auf, als ob die
deren Schmerz nicht zu heilen hätt