ins Frei
23. Der Ne¬
box 3/1
A aie
unbewußtes der sie am wenigsten in seinem erarbeiteten Selbst finden kann,
isch in der daß schon das Volkstum die Ueberwindung der Rasse bedeutet, die
einer von
an den rohen Naturstand anknüpft, und daß Volksgefühl und
n der stillen Rassengefühl nicht miteinander gehen, sondern Gegensätze bedeuten,
geht ein Hauch
wie stumpfe sinnliche Abhängigkeit und kulturelle Unabhängigkeit
kolsharfen er¬
von den brutalsten Trieben. Und weiter, noch viel weiter hätte sich
ihm menschlich
dieser Gedanke fortspinnen lassen. Aber all solche Versuche, zu
stillen Ueber¬
Resultaten zu gelangen, die über den inneren und äußeren Ent¬
die Stiche der
zweiungen schweben, sind mit feiner Absicht vermieden; gerade in
gegen die still¬
den andeutenden Naturlauten, in den unbewußten Lebensepigrammen,
verbande eine
die zum Nachdenken auffordern, liegt der springende Punkt des
Fühl sucht, das
Lebendigen, der höchste Reiz der intimen Mitteilung, den Schnitzler
sich krampfhaft
den natürlich eingewobenen Gesprächen verleiht. So ergibt sich das
hnige Grübler,
Außerordentliche, daß sie uns spannen, wie nur jemals äußere
durch rastlose
Vermittelungen, und uns mit der unendlichen Melodie ihrer Fragen
gelangt. Es
in Atem halten, wie nur jemals Intriguen und schwebende äußere
diese Spiel¬
Schicksale.
in Gesprächen
Keine Frage wird in dem Schnitzlerschen Buch gelöst, weder
gen, breit zu
die nach dem persönlichen Schicksal des Helden, noch eine von jenen
öchte keinem
sozialen des modernen Ueberreizes, der individuellen Auflehnung
ühren, seinen
gegen alles Herkommen und der schleichenden Entfremdung zwischen
zu machen,
den Intellektuellen, von all den Probiemen, in die die mit meister¬
leises Nach¬
hafter Treffsicherheit gezeichneten Gestalten der Wiener Gesellschaft
Weser erraten
verstrickt sind. Kein Definitivum, keine Antwort, an die man sich
n im Sinne
klammern kann. „Ist das nun etwas?“ könnte mancher mit
n einen zwei¬
Shakespeare fragen, und ist das ein Etwas, das ein Recht hat, sich
sich der
den „Weg ins Freie“ zu nennen? Es ist, dünkt mich, etwas, einer
t, aufnehmend
Zeit so an den Puls zu greifen, einer Gesellschaft, die zwar nur
de Beleuchtung
einen kleinen Teil der Welt bedeutet, aber in ihren Irrungen und
nden Naturen.
Kämpfen den Stempel unserer Uebergangsperiode an der Stirne
ssagen, steht
trägt, ihr Geheimstes so auf den Kopf zuzusagen, daß sie sich ge¬
aßir das
troffen und ergriffen fühlt, und durch Offenbarungen des inneren
cter unterläßt
Lebens uns zu Fragen aufzufordern, die wir an uns selbst richten
zu ziehen und
müssen. Und so wenig im Grunde ein Titel bedeutet, hat solch ein
s wird ausge¬
Buch ein Recht, sich den „Weg ins Freie“ zu nennen. Ich glaube
barmherzigen
nicht, daß damit der Lebensweg von Georg Wergenthin gemeint ist,
rt, wo dieser
dessen Befreiung mir sehr problematisch scheint, auch nicht, daß alle
ein Antisemit
die Anschauungen über soziale Fragen, die von so verschiedenen
ben Sie schon
Naturen bewußt und unbewußt geäußert werden, Anspruch auf be¬
ein, jede Rasse
freiende Kraft erheben. Aber uns vor uns selbst hinstellen, das
vermag uns
Geheimnis unseres Inneren erfragen, mit Wahrheitsmut ein¬
rsöhnen.“ Er
bekennen, was in Menschen unserer Tage vorgeht, — ein solcher Zug
egel derjenige künstlerischer Selbsterkenntnis ist zu allen Zeiten ein
Weg ins
er Rasse, sucht, 1 Freie gewesen.
K
4
NIE
1
Fee.
aus
2
Nr. 394.
be
Der Weg ins Freie.
Roman von Artur Schnitzler, erschienen im Verlage von S. Fischer,
Berlin, 1908.)
Eine Betrachtung des ersten großen Wiener Romaus
eines Wiener Dichters.
Von Wilhelm v. Wymetal.
Ich wandere raschen Schrittes von Grinzing in die
laue Juliabenddämmerung hinaus. Auf der steilen Him¬
lar
melstraße, die zum alten, verwunschenen Cobenzlschloß führt,
überhole ich ein verliebtes Paar, das in eifriger Debatte
öst
mein Herannahen gar nicht bemerkt. Er doziert gerade:
vie
„Trotz allem, was du da vorgebracht hast, und trotzdem ihn Esell
auch der edle Doktor Stauber einen der sympathischesten den
jungen Menschen nennt, die er je kennen gelernt hat, ist lsche
mir dieser Baron Georg Wergenthin durchaus antipathisch.bes
Ich kann dir freilich nicht recht sagen, woran das liegt. siver
Aber er steht, obwohl er der Héld von einem halben Tausend der
Seiten ist, nicht klar und deutlich da; klar ist nur, daß er Nie
ein im ärmlichsten Sinn Selbstsüchtiger ist, ein egoistisch¬
ler
bequemer Waschlapp, ein.
die
Ich hatte meine Schritte verlangsamt, um in Ruhe zu= Fist,
hören zu können. Allein, der Redner hatte mich doch ge=lbo
spürt, er brach ab und sich eilte, wieder im früheren Tempo, die
an dem Literaturliebespaar vorüber, aufwärts, durch den shin
grünen Buchenwald, zum nahen Kahlenberg. Zwei Stunden sehr
später trat ich in den schönen Treppengarten des Schutz= Preic
engelgasthofs in Grinzing. Auf der dritten und höchsten dan
Terrasse saß unter den breitkronigen Kastanienbäumen ein beso
mir befreundeter medicinae doctor. Neben ihm lag ein stem
hellbraun gebundenes Buch, auf dem ich schon von weitem
geg
in goldenen Lettern las: Artur Schnitzler. Der Weg ins
eine
Freie. Berlin. S. Fischer, Verlag. 1908.
ring
Eug
Als ich am nächsten Morgen in mein Bureau kam, er¬
blickte ich auf dem Tisch einer meiner Kontoristinnen einen lmög
dunkelgrünen Band, dessen Titel ich gar nicht erst zu ent= ischel
ziffern brauchte, weil ich Schnitzlers ersten Roman eben selbst Lei
zweimal in der grünen, broschierten Ausgabe gelesen hatte... sssehr
Diese ganz und gar nicht erfundene Einleitung — der schise
Doktor und das Fräulein, könnten Zeugenschaft ablegen dend
das Liebespaar müßte sich allerdings erst freiwillig melden
den.
öster
— mag illustrieren, wie beliebt Schnitzler in Wien ist und
mit welcher Spannung nicht nur die zünftigen Literaten, ihm
sondern Leute aus allen Gesellschaftskreisen nach einem neuen Arbe
Werk von ihm greifen. Dieser rege Anteil drückt sich ja lins
dari
auch in den Daten des Fischerschen Verlagskatalogs aus:
von den neunzehn, bei dem genannten Verleger erschienenen
zu b
Büchern des Dichters ist keines bei der ersten Auflage stehen
mal
Abst
geblieben, und einzelne, wie „Anatol“, „Leutnant Gustl“
und der jüngst veröffentlichte Novellenband „Dämmerseelen“
neri
haben die Zehnzahl der Auflagen bereits überschritten. „Der
sein.
Weg ins Freie“ wird, wie leicht zu prophezeien ist, wahr¬
unse
scheinlich ungeachtet seines gewaltigen Umfanges und, ob¬
schen
noch
gleich er schon vorher in der „Neuen Rundschau“ abgedruckt
besaf
war, alle bisherigen Werke Schnitzlers (vielleicht den „Rei¬
gen“ ausgenommen) in der Auflagenzahl überflügeln.
freut
Und doch — und doch
denfe
Gescheite Wiener Kritiker, die zumeist ins Schwarze
liche
23. Der Ne¬
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unbewußtes der sie am wenigsten in seinem erarbeiteten Selbst finden kann,
isch in der daß schon das Volkstum die Ueberwindung der Rasse bedeutet, die
einer von
an den rohen Naturstand anknüpft, und daß Volksgefühl und
n der stillen Rassengefühl nicht miteinander gehen, sondern Gegensätze bedeuten,
geht ein Hauch
wie stumpfe sinnliche Abhängigkeit und kulturelle Unabhängigkeit
kolsharfen er¬
von den brutalsten Trieben. Und weiter, noch viel weiter hätte sich
ihm menschlich
dieser Gedanke fortspinnen lassen. Aber all solche Versuche, zu
stillen Ueber¬
Resultaten zu gelangen, die über den inneren und äußeren Ent¬
die Stiche der
zweiungen schweben, sind mit feiner Absicht vermieden; gerade in
gegen die still¬
den andeutenden Naturlauten, in den unbewußten Lebensepigrammen,
verbande eine
die zum Nachdenken auffordern, liegt der springende Punkt des
Fühl sucht, das
Lebendigen, der höchste Reiz der intimen Mitteilung, den Schnitzler
sich krampfhaft
den natürlich eingewobenen Gesprächen verleiht. So ergibt sich das
hnige Grübler,
Außerordentliche, daß sie uns spannen, wie nur jemals äußere
durch rastlose
Vermittelungen, und uns mit der unendlichen Melodie ihrer Fragen
gelangt. Es
in Atem halten, wie nur jemals Intriguen und schwebende äußere
diese Spiel¬
Schicksale.
in Gesprächen
Keine Frage wird in dem Schnitzlerschen Buch gelöst, weder
gen, breit zu
die nach dem persönlichen Schicksal des Helden, noch eine von jenen
öchte keinem
sozialen des modernen Ueberreizes, der individuellen Auflehnung
ühren, seinen
gegen alles Herkommen und der schleichenden Entfremdung zwischen
zu machen,
den Intellektuellen, von all den Probiemen, in die die mit meister¬
leises Nach¬
hafter Treffsicherheit gezeichneten Gestalten der Wiener Gesellschaft
Weser erraten
verstrickt sind. Kein Definitivum, keine Antwort, an die man sich
n im Sinne
klammern kann. „Ist das nun etwas?“ könnte mancher mit
n einen zwei¬
Shakespeare fragen, und ist das ein Etwas, das ein Recht hat, sich
sich der
den „Weg ins Freie“ zu nennen? Es ist, dünkt mich, etwas, einer
t, aufnehmend
Zeit so an den Puls zu greifen, einer Gesellschaft, die zwar nur
de Beleuchtung
einen kleinen Teil der Welt bedeutet, aber in ihren Irrungen und
nden Naturen.
Kämpfen den Stempel unserer Uebergangsperiode an der Stirne
ssagen, steht
trägt, ihr Geheimstes so auf den Kopf zuzusagen, daß sie sich ge¬
aßir das
troffen und ergriffen fühlt, und durch Offenbarungen des inneren
cter unterläßt
Lebens uns zu Fragen aufzufordern, die wir an uns selbst richten
zu ziehen und
müssen. Und so wenig im Grunde ein Titel bedeutet, hat solch ein
s wird ausge¬
Buch ein Recht, sich den „Weg ins Freie“ zu nennen. Ich glaube
barmherzigen
nicht, daß damit der Lebensweg von Georg Wergenthin gemeint ist,
rt, wo dieser
dessen Befreiung mir sehr problematisch scheint, auch nicht, daß alle
ein Antisemit
die Anschauungen über soziale Fragen, die von so verschiedenen
ben Sie schon
Naturen bewußt und unbewußt geäußert werden, Anspruch auf be¬
ein, jede Rasse
freiende Kraft erheben. Aber uns vor uns selbst hinstellen, das
vermag uns
Geheimnis unseres Inneren erfragen, mit Wahrheitsmut ein¬
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bekennen, was in Menschen unserer Tage vorgeht, — ein solcher Zug
egel derjenige künstlerischer Selbsterkenntnis ist zu allen Zeiten ein
Weg ins
er Rasse, sucht, 1 Freie gewesen.
K
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NIE
1
Fee.
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2
Nr. 394.
be
Der Weg ins Freie.
Roman von Artur Schnitzler, erschienen im Verlage von S. Fischer,
Berlin, 1908.)
Eine Betrachtung des ersten großen Wiener Romaus
eines Wiener Dichters.
Von Wilhelm v. Wymetal.
Ich wandere raschen Schrittes von Grinzing in die
laue Juliabenddämmerung hinaus. Auf der steilen Him¬
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melstraße, die zum alten, verwunschenen Cobenzlschloß führt,
überhole ich ein verliebtes Paar, das in eifriger Debatte
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mein Herannahen gar nicht bemerkt. Er doziert gerade:
vie
„Trotz allem, was du da vorgebracht hast, und trotzdem ihn Esell
auch der edle Doktor Stauber einen der sympathischesten den
jungen Menschen nennt, die er je kennen gelernt hat, ist lsche
mir dieser Baron Georg Wergenthin durchaus antipathisch.bes
Ich kann dir freilich nicht recht sagen, woran das liegt. siver
Aber er steht, obwohl er der Héld von einem halben Tausend der
Seiten ist, nicht klar und deutlich da; klar ist nur, daß er Nie
ein im ärmlichsten Sinn Selbstsüchtiger ist, ein egoistisch¬
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bequemer Waschlapp, ein.
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Ich hatte meine Schritte verlangsamt, um in Ruhe zu= Fist,
hören zu können. Allein, der Redner hatte mich doch ge=lbo
spürt, er brach ab und sich eilte, wieder im früheren Tempo, die
an dem Literaturliebespaar vorüber, aufwärts, durch den shin
grünen Buchenwald, zum nahen Kahlenberg. Zwei Stunden sehr
später trat ich in den schönen Treppengarten des Schutz= Preic
engelgasthofs in Grinzing. Auf der dritten und höchsten dan
Terrasse saß unter den breitkronigen Kastanienbäumen ein beso
mir befreundeter medicinae doctor. Neben ihm lag ein stem
hellbraun gebundenes Buch, auf dem ich schon von weitem
geg
in goldenen Lettern las: Artur Schnitzler. Der Weg ins
eine
Freie. Berlin. S. Fischer, Verlag. 1908.
ring
Eug
Als ich am nächsten Morgen in mein Bureau kam, er¬
blickte ich auf dem Tisch einer meiner Kontoristinnen einen lmög
dunkelgrünen Band, dessen Titel ich gar nicht erst zu ent= ischel
ziffern brauchte, weil ich Schnitzlers ersten Roman eben selbst Lei
zweimal in der grünen, broschierten Ausgabe gelesen hatte... sssehr
Diese ganz und gar nicht erfundene Einleitung — der schise
Doktor und das Fräulein, könnten Zeugenschaft ablegen dend
das Liebespaar müßte sich allerdings erst freiwillig melden
den.
öster
— mag illustrieren, wie beliebt Schnitzler in Wien ist und
mit welcher Spannung nicht nur die zünftigen Literaten, ihm
sondern Leute aus allen Gesellschaftskreisen nach einem neuen Arbe
Werk von ihm greifen. Dieser rege Anteil drückt sich ja lins
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auch in den Daten des Fischerschen Verlagskatalogs aus:
von den neunzehn, bei dem genannten Verleger erschienenen
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Büchern des Dichters ist keines bei der ersten Auflage stehen
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und der jüngst veröffentlichte Novellenband „Dämmerseelen“
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haben die Zehnzahl der Auflagen bereits überschritten. „Der
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Weg ins Freie“ wird, wie leicht zu prophezeien ist, wahr¬
unse
scheinlich ungeachtet seines gewaltigen Umfanges und, ob¬
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gleich er schon vorher in der „Neuen Rundschau“ abgedruckt
besaf
war, alle bisherigen Werke Schnitzlers (vielleicht den „Rei¬
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Und doch — und doch
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Gescheite Wiener Kritiker, die zumeist ins Schwarze
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