I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 159

Frei
23. Der Nec ins
box 3/2
Deregans Muie
Nr. 40.
Frankfurter Israelitisches Familienblatt.
Seite 2.
Zum Sündenregister der Alliance aus dem
sindendenr kistrelen Mtstnrit uich ansgesder mebitsihen Lagst der Menihtet gel
rafft.
Das zionistische Parteileben horchend, die Privatinitiative zur Gründung wirt= abgelaufenen Jahre gehört auch ihr feind¬
geht gegenwärtig nach dem sozialen Trägheitsgesetz schaftlicher Unternehmungen in Palästina ergreife,
sseliges Verhalten gegen die Bestreb¬
sungen, eine permanente allgemeine
vor sich und entbehrt aller Wucht und Spannkraft, sendlich einmal wirkliche und nicht nur in
Parteiberichten figurierende Dekorativ=Syndisate
Ve: einigung sämtlicher jüdischer Or¬
ein jüdisches Gemeindeleben im eigent¬
für Agrikultur, Handel und Industrie gründe,
ganisationen zu schaffen, die sich in
lichen Sinne des Wortes gibt es überhaupt nicht,
um wenigstens nicht länger den privaten jüdi¬
diesem Jahre vielfach geltend machten. Nur der
die bestehenden Institutionen sozia¬
ablehnenden Stellung der Alliance und der ihr
schen Kapitalisten in Bezug auf Palästina als
ler Fürsorge und Wohltätigkeit fristen
negatives Beispiel zu dienen; daß man, von der
geistesverwandten und mit ihr in einer Personal¬
ein kümmerliches Dasein, das längst reif ge¬
nunmehr in der Türkei eingeführten Preßfreiheit
union stehenden Ica ist es zu verdanken, daß
wordene Bedürfnis nach einem jüdi¬
diese Bestrebungen im abgelaufenen Jahre nicht
Gebrauch machend, daran gehe, in der Haupt¬
schen Schulverband, nach Verbänden
die erwünschte Förderung erfuhren. Diese letztere
für jüdische Geschichte und Literatur stadt des Ottomanenreiches unseren Bestrebungen
Organisation versuchte sogar den Vereinigungs¬
harrt noch immer der Befriedigung. Dabei fehlt dienende Preßorgane ins Leben zu rufen, ferner
in Palästina eine gediegene, auf der Höhe der
und Kooperationsbestrebungen in der Weise das
es weniger an Einsicht, als an Tatkraft. Stim¬
Zeit stehende Presse zu schaffen; und daß man
Wasser abzuleiten, daß sie ihrerseits Vorschläge
mung für großzügige nationale Gegenwarts= und
versuche, die zahlreiche türkische Judenheit für
zutage förderte, die angeblich ein verwandtes Ziel
Zukunftsarbeit gibt es in Hülle und Fülle, es
die neue Aera national=politisch zu organisieren
verfolgten, tatsächlich aber diese Bestrebungen zu
fehlt aber die Kraft, die die günstige Stimmung
Es
und in unserem Sinne zu beeinflussen.
Schanden zu machen bestimmt waren.
in fruchtbringende Taten umsetze soll, es fehlt die
Dies alles und noch manches andere er= war daher nicht das Verdienst der Alliance und
führende Intelligenz, die sich in den Dienst des
wartete die große jüdische Oeffentlichkeit in dieser der Ica, wenn die Bemühungen nach dieser Rich¬
Volkes stellen und tatkräftig, zielbewußt und hin¬
gebungsvoll die Volkspolitik leiten soll.
bedeutungsvollen historischen Stunde von der zio¬
tung trotz alledem im verflossenen Jahre nicht
nistischen Leitung, bezw. von der Kölner Jahres¬
ganz erfolglos blieben. Die auf der vor kurzem
Freilich waren auch in diesem Jahre die
konferenz,
stattgefundenen „Konferenz jüdischer Notabeln“ ge¬
doch es traf nicht ein.*)
äußeren Bedingungen für eine solche Volkspolitik
faßte Resolution — die den Zusammenschluß der
Erfreulich war auch in diesem Jahre die
nicht sonderlich angetan. Wie die Verhältnisse in
großen jüdischen Organisationen zu einer Gesamt¬
Rußland in diesem Jahre der brutalen Reaktion! Tätigkeit des Hilfsvereins der den t¬
organisation mit einer Zentrale als dringend
schen Inden. Von einer gewöhnlichen Wohl¬
lagen, war ja jede organisatorische und gesell¬
boten bezeichnet und es als notwendig erhärt,
tätigkeitsinstitution, wie sie in Westeuropa in
schaftliche Betätigung so gut wie ausgeschlossen.
Indes läßt sich die geradezu terschreckende Indo= Hülle und Fülle bestehen, hat sich diese Gesell= daß alle Länder, in venen ein reges jüdisches
lenz und Kopflosigkeit keineswegs in allen Fällen schaft immer mehr nach der Richtung einer ge= Leben vorhanden, in diese Gesamtorganisation
läßt die weitere Entwicke¬
auf die äußeren Zustände zurückführen, die nicht sunden, umsichtigen und zielbewußten Volkspolitik vertreten sind, —
lung und Förderung dieses Gedankens erhoffen.
von unserer Macht abhängen. In vielen Hin=entwickelt. Freilich vermißt man noch ein festes,
Freilich darf man sich den bevorstehenden
sichten und Fällen haben gerade in zielsicheres Programm, eine einheitliche, gro߬
Kampf um den jüdischen inheitsgedanken nicht
diesem Jahre die äußeren Beding=zügige Anschauung. Man fühlt es, daß der Hilfs¬
zu leicht vorstellen. Der Feind, der Indifferen¬
ungen für eine großzügige national=verein wohl nationale Gesichtspunkte
jüdische Politik eine wesentliche Wen= hat, daß ihm aber der nationale Gesichtspunkt tismus und die entwürdigende Assimilation, ist
fehlt. Kein Wunder. Man legt nicht so leicht noch stark genug. Man sehe sich nur die Kultus¬
dung zum Besseren genommen.
den alten Adam ab; Genesis und Milien sindl stuben unserer großen Gemeinden an, wo sich
Zunächst und zuhöchst, was das wichtigste
immer noch entjndete Geldsäcke breit machen,
gar zu mächtige psychologische Faktoren. Indes,
Kapitel unserer nationalen Bestrebungen betrifft:
die Arbeit in und um Palästina. Esf läßt sich eine fortschreitende Entwicklung zus wo Leute, die ihre Kinder leichten Herzens zum
einem umfassenden, weitausschouenden natio= Taufbecken führen, nach wie vor das große Wort
unterliegt keinem Zweifel, daß die Neugestal¬
führen; man sehe sich die Gemeinde Wien an,
Große
nalen Programm nicht verkennen. —
tung der türkischen Verhältnisse von
die sich von einem Ritter v. Taussig, der
Verdienste hat sich der Hilfsverein durch
eztinenter Tragweite für unser großes nationales
seine Erziehungsarbeit in Palästina er=die Geldgeschäfte der russischen Pogromregierung
Beginnen ist. Der welthistorische Akt vom 24.
worben, unter der die bedeutendste Leistung die und der Wiener antisemitischen Stadtverwaltung
Juli, der das despotisch regierte Ottomanenreich
in diesem Jahre in Angriff genom=besorgt, führen läßt. Doch Anzeichen für eine
auf die Bahn der Entwicklung zum freien Natio¬
mene Gründung eines jüdischen Tech= Besserung sind gegeben, und es darf da als ein
nalitätenstande verwies, eröffnete auch unserer Ar¬
nikums werden dürfte, einer Anstalt, die gutes Zeichen gedeutet werden, daß gerade in
beit für die Zukunft unseres Volies und unseres
zur wirtschaftlichen und kulturellen Hebung vouldieser faulen Atmosphäre ein gottbegnadeter jüdi¬
Landes neue Perspektiven. Es wird jetzt an uns
scher Dichter, der bislang nur fremde Auen be¬
Land und Leuten sicherlich ganz erheblich bei¬
liegen, bei der Neugestaltung der Geschicke von
haute und fremde Weinberge hütete, einen mäch¬
tragen wird.
Völkern und Ländern als maßgebender Faktor
tigen Ruf nach „dem Weg ins Freie“ in
Im Gegensatz zum Hilfsverein der deutschen
mit in Betracht gezogen zu werden. Hierzu müssen
die Welt hinausschickte. Und es scheint, daß der
Jnden blieb die Alliance Israélite Uni¬
wir vor allen Dingen und solange es noch Zeit
tiesschauende Sucher bereits dem richtigen Wege
verselle, die im Orient ca. 170 Schulen unter¬
ist, mit aller Energie darauf hinarbeiten, auf un¬
auf die Spur gekommen ist.
hält, auch in diesem Jahre von den neuen Strö¬
serem alten nationalen Boden ein Machtfaktor,
„Den Weg ins Freie“ suchten auch die
mungen so gut wie unberührt. Eine gewisse
recte der Machtsaktor zu werden, mit anderen
Bresche wurde freilich auch hier geschlagen, indemsösterreichischen Zionisten mit ihrer politischen Ar¬
Worten, wir müssen suchen, die Majorität im
beit ihre Brüder zu lehren. Die zionistischen
[das Odessaer Palästina=Komitee im
Lande zu bilden.
[Reichsratsabgeordneten verstanden es, die
Man durste nun erwarten, daß die Leitungkletzten Jahre an einigen Schulen der Alliance
jüdisch=nationale Fahne, die sie zum ersten Male
auf seine Kosten modernen hebräischen Unterricht
der zionistischen Organisation bei dieser von Grund
im österreichischen Reichsrate hißten, in Ehre und
aus veränderten Sachlage eine überaus rege Tätig=leingeführt hat. Im übrigen zeigte diese älteste
Würde hochzuhalten. Die glänzende Budgetrede
jüdische Organisation, der man wegen ihrer glor¬
keit nach neuen Gesichtspunkten und Prinzivien
Stands in der vergangenen Winter#ession, die
reichen Vergangenheit so gerne eine Kritik er¬
entfalten, neue Bahnen einschlagen würde, um
zum ersten Male von einer Parlamentstribüne
sparen möchte, leider auch in diesem Jahre keine
die der neuen Situation entsprechenden Mittel
aus unser nationales Bekenntnis und unsere natio¬
Tendenz, aus der Erstarrung herauszukommen,
und Wege zu unserem Endziel ausfindig zu machen.
nalen Aspirationen klipp und klar, mit Mannes¬
ihre kurzsichtige und unjüdische Politik aufzu¬
Deshalb sah man in weiten Volkskreisen der
vor einigen Wochen in Köln stattge=geben. Sehr peinlich mußte jeden Unbefangenen würde und sittlichem Ernst, in die Welt hinaus¬
rief, bedeutet ein Ereignis in der Geschichte un¬
fundenen zionistischen Jahreskoufe=die unerqnickliche Polemik gegen den
renz mit überaus großem Interesse entgegen.[Hilfsverein anläßlich der Odessaer serer nationalen Bewegung. Eine Glanzleistung
vornehmen jüdischen Selbstbewußtseins war auch
Man erwartete, daß die Jahreskonferenz den zio=[Ereignisse vom verflossenen Winter berühren,
Dr. Mahlers Rede in der Kultusdebatte. Die jü¬
nistischen Massen neue Parolen bringen würde; die offenbar von kleinlichem Konkurrenzneid auf
disch=nationalen Reichsratsabgeordneten wachten un¬
die jüngere, energisch aufstrebende Schwesterorgani¬
daß man mit Ernst d Eiser an die dringend