I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 166

Nr. 42
Dr. Blocb's Mocbenscbrift,
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die Anstalten des „Hilfsvereines der deutschen Juden“ noch die¬
Anklang gefunden hat, verfolgt neben dem allgemeinen wichtigen
jenigen der „Allianz“ und des Zionismus zu entgehen ver¬
philanthropischen Zweck auch die gute und lobenswerte Absicht,
mochten. Dabei möchte es aber doch angemessen und vorteilhaft
daß das humane Werk der Krankenpflege ohne Proselytismus
sein, mit dem neu gegründeten Verein „Zari Gilead“ für ein
ausgeübt werden soll. Denn trauriger Weise suchen ja die
gemeinsames Wirken auf dem Gebiete der Krankenpflege in
Propagandisten gerade unter dem Deckmantel der Nächsten= und
Fühlung zu treten, nachdem dieser Verein den früher in Diensten
Menschenliebe und der hingebenden teilnehmenden Pflege der
des „Lemaan Zion“ gestandenen allgemein bekannten, beliebten
Kranken für ihre Doktrinen Proselyten zu werben und waren
und berühmten Arzt Dr. Fridman für seine Bestrebungen
wir gegenüber solch rücksichtslosem, unverschämten und zudring¬
gewonnen und neben der Apotheke des „Lemaan Zion“
lichen Treiben erst kürzlich genötigt, in Bethlehem eine Apotheke
unter dem Namen „Libanon“ bereits eine Zentralapotheke
und eine ärztliche Station zu errichten.“ Nach diesen Worten
mit zwei Filialen eröffnet hat, wo die Kranken durch den ge¬
des dem Unterzeichneten näher bekannten und befreundeten
nannten Arzt täglich zwei Mal unentgeltliche Behandlung finden,
Herrn Direktors, der hier und auswärts unter seinen Lands¬
für arme Familien auch eine Hebamme ohne Bezahlung zu
leuten und den Kennern der neueren griechischen Literatur wohl¬
bekommen ist und auch die Medikamente für die Armen unter
verdientes Ansehen genießt und erst vor kurzem auch zum
günstigeren Bedingungen abgegeben werden, als dies in der
Mitgliede der Synode erwählt worden ist, darf der Unter¬
Apotheke des „Lemaan Zion“ der Fall ist. Der erwähnte Verein
zeichnete wohl schließen und erwarten, daß der Herr Direktor
trägt sich zudem mit der lobenswerten Absicht, auf eigenem
und seine gesinnungsverwandten Kollegen ihren ganzen Einfluß
Grund und Boden ein Sanatorium für Wöchnerinnen und
in die Wagschale legen werden, um seiner noch unbeschiedenen
Rekonvaleszente zu errichten. Wenn nun aber auch das er¬
Eingabe an den Patriarchen und die Synode wegen kostenloser
stehende Diakonissenheim aus den angegebenen Gründen am
oder mäßig berechneter Ueberlassung eines Bauplatzes auf den
ratsamsten und vorteilhaftesten seine Selbständigkeit zu wahren
ausgedehnten Ländereien des griechischen Klosters im Schlosse
haben wird, so gibt sich der Unterzeichnete nichtsdestoweniger
der Synode zu einer günstigen Entscheidung zu verhelfen und
auch an dieser Stelle der angenehmen Hoffnung hin, daß die
dem wohltätigen Unternehmen auch in den Kreisen der griechi¬
in früheren Artikeln in der „Oesterr. Wochenschrift“ schon
schen Bevölkerung dauernde Sympathien zu erwecken. Das letztere
erwähnten, neuerdings wieder aufgenommenen Beziehungen mit
darf aber der Unterzeichnete jetzt wohl in besonderem Maße
dem hochverdienten und geschätzten Vorsitzenden der „Deutschen
von seinen jüdischen Leserinnen und Lesern und der jüdischen
Konferenz=Gemeinschaft der Alliance Israélite Universelle“ Herrn
Allgemeinheit erwarten, welchen sein Name und seine Gesinnung
Geh. Kommerzienrat Goldberger in Berlin, den erwünschten
seit Jahren bekannt ist, und hofft er darum, daß seine und
Erfolg haben werden, daß von seiten des Zentralbureaus in
seiner Verwandten Bemühungen und Hingabe für die Gründung
Paris oder des deutschen Bureaus in Berlin und eventuell auch
eines allgemeinen Diakonissenheimes in Jerusalem, dessen
in Wien seine und seiner Verwandten im Interesse und zur
Segnungen in erster Linie der zahlreichen ärmeren jüdischen
Förderung des allgemeinen Wohles und des hygienischen, sozialen
Bevölkerung zugute kommen würden und für welche auch besser
und ökonomischen Fortschrittes aufgewendeten opferbereiten Be¬
gestellte Familien höchst erkenntlich und dankbar wären, allent¬
mühungen für dauernde Stationierung und Unterhaltung einer
halben in jüdischen Kreisen in der Gestalt von größeren oder
Anzahl von Privat=Krankenpflegeschwestern in Jerusalm derart
kleineren Stistungen und regelmäßigen Beiträgen freudigen
Anerkennung und Zustimmung finden werden, daß ihnen für
Anklang, wohlwollende Sympathie und hilfsbereite Teilnahme
den höchst notwendigen und segenstiftenden Zweck aus Vereins¬
finden werden und bittet er diesfalls sich gefälligst und gütigst
mitteln eine jährliche Subvention gewährt wird.
mit ihm in persönliche Verbindung setzen zu wollen.
Für Erwerbung eines günstig gelegenen Bauplatzes oder
Phil. Kieferndorf, Prediger und Dozent in
Ueberlassung eines für den ins Auge gefaßten Zweck geeigneten
Jerusalem
Hauses hat der Unterzeichnete in Anbetracht seiner der Gesamt¬
(für Diakonissenheim „Jeschuat Zion“ in
bevölkerung von Jerusalem zugedachten und zugute kommenden
Jerusalem, Adresse).
philanthropischen Bestrebungen schon vor einiger Zeit an den
N. S. Nach Wunsch wird über erhaltene Beiträge auch
ehrwürdigen griechischen Patriarchen Damianos und dessen
öffentlich quittiert wie die verehrte Redaktion sich wohl auch
Synode eine Eingabe gerichtet, auf welche er eine wohlwollende
bereit finden wird, Gaben für den in Rede stehenden guten und
und zusagende Antwort erwartet. Neben den jüdischen würden
wohltätigen Zweck entgegenzunehmen und zu übermitteln.
es besonders auch die griechischen Bewohner und Aerzte von
D. O.
Jerusalem freudigst begrüßen, wenn in Krankheitsfällen eine
Zahl von ausgebildeten Pflegeschwestern disponibel wäre, von

denen man an den Krankenbetten keine religiöse Propaganda
Der Weg ins Freie.
und Proselytenmacherei zu fürchten hätte, wie solche seitens der
(Roman von Arthur Schnitzler. — H. Fischer, Verlag, Berlin 1908).
katholischen Barmherzigen Schwestern und der protestantischen
konfessionellen Diakonissen nicht selten und mit Vorliebe ge¬
Ueber Menschenschicksale hinweg führt ein Weg ins Freie.
trieben wird, da sie eigentlich einen Teil ihres Arbeitsprogrammes
Wer ihn gehen will, muß jenen sicheren Tritt haben, der
und ihrer Dienstinstruktin ausmacht.
Gefühle nicht schont, als ob sie Gänseblümchen wären, und
Darum haben auch der Vorschlag und die Absicht, in
sie achtlos auf seinem Wege zertritt, der geistig seine Elbogen
zu gebrauchen versteht, der „sich durchringen“ und zu jenem
Jerusalem die Verbesserung der allgemeinen Krankenpflege vom
inneren Gleichgewicht kommen kann, das ihn von allen Em¬
rein humanen und philanthropischen Gesichts= und Beweggrunde
pfindungen befreit, die seine Fahrt zum Ziele hemmen.
aus in die Hand zu nehmen, besonders von seiten der griechischen
Aerzte und des griechischen Publikums freudige und zustimmende
Georg Freiherr von Wergenthin geht diesen Weg. Das
Anerkennung gefunden, weil neben den Juden auch die Griechen
ist ein junger Mann, ganz erfüllt von einer subtilen Be¬
am meisten von der so vielseitig gearteten und versuchten katho¬
gabung und jener feinfühligen egoistischen Grausamkeit des
lischen und protestantischen religiösen Propaganda zu leiden
Künstlers, für den Ereignisse nur dann existieren, wenn sie
haben. So schreibt z. B. der gelehrte, deutsch=wissenschaftlich
ihm Produktives bringen, und der die Frauen nur insolange
gebildete und literarisch mannigfach tätige Direktor der griechisch¬
liebt, als sie seine Schaffenskraft beeinflussen und seine Stim¬
theologischen Schule in Jerusalem, Herr Archimandrit Chryso¬
mungen erregen helfen. Er ist Musiker und die Frauen sind
stomus Papadopoulos, in der griechischen Jerusalemer Monats¬
ihm nicht mehr und nicht weniger, als die große Partitur
schrift „Nea Sion“ über das beabsichtigte Diakonissenheim u. a.
seines Lebens, und werden es nur solange sein, als ihre Me¬
folgendes: „Dieses Vorhaben, welchem beinahe alle Jerusalemer
lodien seine feingestimmte Seele berauschen. Aber im Grunde
Aerzte ihre Zustimmung und Empfehlung erteilt haben und
liebt er in jeder Frau das Weib, das Weib als Begriff,
welches, wie es scheint, auch in Deutschland und sonst bereits als Genuß und ihre Individualität stört ihn zu Zeiten.