I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 169

23. Der We
Freie
ins
box 3/2
a# K 1. en d enang an eeeenenenen.
PTCRARRE
ie's in Chrudimen oder Königgrätz
fühlchen dieses Wichtes über fünfhundert Druckseiten folgen] Wien ist neben der Hofoper und dem Hofburgtheater jede
schon Stammes¬
zweiten sind
zu müssen. Weibische Wehleidigkeit!.
andere Bühne doch nur ein Kunstinstitut zweiten Ranges,
öhmische Bagasch“ schimpfen, und
Das ist's. Wien ist eine weibliche Stadt, seine Literatur,
und Hoftheater haben nun einmal allerlei Rücksichten zu
kl brauchen sie gar nicht so lange —
die Wienerische, ist weibisch, seine Atmosphäre ist weich, weib¬
nehmen. So ist das Gute hier wirklich des Bessern Feind
chechten — deutschnationalen Anti¬
lich. Daher der Gefühlskultus in der Literatur, die Form¬
und neue Dramatiker müssen eine lange Quarantäne pas¬
Sträuben, keine böhmische Theater¬
grazie, und der Mangel an Männern im öffentlichen Leben,
sieren, bevor ihnen Einlaß an den Pforten der Hofbühnen
eda; in Wien gehen jährlich der
Daher freilich auch die hohe Geschmackskultur, die
gewährt wird. Sind aber die neuen Dramatiker überhaupt
bestens so viele Tausende verloren,
einem künstlerisch empfindenden Menschen den Aufenthalt in
vorhanden? Ich sehe nur den einen Karl Schönherr, der
hgebiet durch politische Kniffe hun¬
Wien so angenehm macht. Ja, das Leben ist hier nicht bloß
auch wirklich seinen Erfolg gehabt hat. Ich jammere also
werden. Solange wenigstens die
auf banale Nützlichkeit gestellt; „ästhetische Kultur“ hat jede
nicht und genieße, was Gutes geboten wird. Das Gute ist
sthält, daß Wien eine deutsche Stadt
bessere Familie, vielleicht sogar in zu hohem Maße, und was
das Spiel und — das Publikum. In einem besseren
gibt schon
en nicht duldet. (
am wichtigsten ist, ohne viel ästhetisierendes Getue. Hier kann
Wiener Theater sitzt bei einer Première mindestens in jeder
auch genug. Wer ein Böhm' blei¬
man kaum eine Straße in den ruhigeren Vierteln passieren,
Bank ein Mensch, der wirklich etwas vom Theater, vom
eiben.
wo nicht aus irgend einem Fenster die Klänge eines Trins
Drama, von der Kunst überhaupt versieht und so zwei, drei
habe dieser Tage Schnitzlers
oder Quartetts klingen; die Toilette jeder Frau muß ein
Dutzend wirkliche Kunstkenner im Zuschauerraum sind ein
esen. Ein Wiener Roman. Rich¬
kleines Kunstwerk sein; das Theater ist eine ernsthafte Ange¬
wahrer Trost für den Kunstbedürftigen, der nicht immer
en roman. Ich will in diesem Zu¬
legenheit der Bevölkerung und die musikalisch=schriftstellerisch¬
allein da sitzen will mit seinen Gefühlen. Diese Kunstkenner
den literarischen Qualitäten
schauspielerischen Talente wachsen wild ... Vielleicht rührt
brauchen gar nicht immer einer Meinung zu sein; es ist doch
hen Buches reden. Mich interessiert
der ganze Segen daher, daß Wien und Oesterreich einmal von
immer der Mühe wert, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
childerung der Wiener Sitten und
einer herzwarmen Frau, der mütterlichen Maria Theresta,
Der Worte bedarf es dabei gar nicht, ein paar Blicke genügen.
Fentlichen Inhalt des Buches aus¬
regiert worden sind.
r, geachteter, erfolgreicher Schrift¬
Aber man lebt auch in Wien nicht von der Kunst allein.
taus dem quälenden Gefühle nicht
Und doch ist Wien als Kunststadt rückständig? Wie
Leidenschaftlicher vielleicht noch als für Musik und Theater
n Jude ist, hier doch nur die Rechte
kommt es, daß Berlin geradezu die Börse für Theaterwerte
interessiert sich der neue Wiener für alle Arten von Sport.
#ktion genieße. Alle seine Figuren,
geworden ist und Wien fast immer hinterherhumpelt mit
Eine kleine Völkerwanderung ergießt sich jeden Samstag
hier, Lebejünglinge, Kaufleute, schla¬
seinen dramatischen Premièren? Ja, ist's denn auch wirk¬
Abend ins Semmeringgebiet, auf die Rax, auf den Schnee¬
ewußtsein herum, aggressiv wie der
lich so? Die erfolgreichsten Bühnenwerke der letzten Jahre
berg. Nicht jede Siadt freilich hat ihre Zweitausender in
in fanatischem Assimilationsdrang
waremmeines Wissens „Die lustige Witwe“ und der „Walzer¬
so unmittelbarer Nähe, richtige Hochgebirgsherrschaften mit
Oskar Ehrenberg. Haben die Jnden
traunt“, beide Wiener Provenienz. (Ich mache darauf auf¬
den schönsten Absturzmöglichkeiten. Eine Welt für sich sind
merksam, daß gestern wieder eine Wiener Operette aus der
die Auto= und Radfahrerverbände, neuerdings auch die
t des Proben lieser, schwieriger ale
Taufe gehoben worden ist und zwar im Karltheater.
Aviatiker, die in der Praterrotunde ihre vorläufig noch
semitismus nur latent ist und nicht
Sie heißt Johann der Zweite", ist von Leo Stein
verschlossene, geheime Werkstatt aufgeschlagen haben. Es ist
skörper beherrscht? Ich glaube auch
und Karl Lindau mit Musik von Edmund Eysler und
vielleicht nicht überflüssig zu erwähnen, daß Wien einen der
ntisemitismus ist sogar weniger gif¬
behandelt den Fall, daß ein s. scher Jüngling laut Testament
ältesten Flugtechniker beherbergt, den hohen Siebziger In¬
an der Krippe sitzt. Ich kenne auch
des amerikanischen Erbonkels zwei Monate den Kammer¬
genieur Kreß, dessen origineller Drachenflieger schon seit
Arbeiter, Ingenieure, Aerzte,
diener mimen muß, um den Ernst des Lebens kennen zu
acht Jahren fertig steht, freilich ohne geeigneten leichten
Ahres Judentums oder um ihrer Ab¬
lernen, wobe: er selbstverständlich eine ebenso sesche Braut
Motor. Erfindertragik — Geldmangel! Einen besonderen
ues Haar wachsen lassen und resolut
ergattert. Kritik und Prognosen bezüglich des Erfolges von
Erfolg hatte (wie schon berichtet wurde) der Oberleutnant
das beste Mittel, unlösbare Fragen
Operetten lehne ich grundsätzlich ab, da ich unmöglich voraus¬
v. Corvin, der mit seinem Gleitboot mit mehr als
von selbsi aufhören, Fragen zu sein.
sagen kann, wann das liebe Publikum endlich den vertonten
Sechzigkilometer=Geschwindigkeit auf der Donau Budapest er¬
chnitzler dennoch zwingt, die Frage
Stumpfsinn satt haben wird.) Aber im ernsten Drama ist
reicht hat und dort mit Jubel empfangen worden ist. Leider
älzen? Wienertum, Beschaulichkeit,
Berlin „führend“. War's je anders? Wien ist in Kunst¬
ist das Prinzip seines Gleitbootes nicht auf größere und
helbe, was ihn an den ewvigen ern¬#
dingen stockkonservativ. Es verlangt gar nicht das erste Wort,
schwerere Fahrzeuge zu übertragen. Ein Czeandampfer, der
t und nicht darüber hinauskommen
es will nur überprüfen, was von allem Gebotenen ihm gemäß
siel bei der Fahrt ganz über die Flut erheht und eigentlich
nd Junggesellen im Frühjahr sich gar
ist. Es braucht lange, um sich an etwas Neues zu gewöhnen,
über zusammengepreßte Luft gleitet, ist vorläufig noch nicht
soll das erotische Geraunge? Sein
hält dann aber auch warn und fest. Und noch einmal: es
denkbar. Aber als niedliches Sportspielzeug und für die
die Liebe weder herzhaft vulgär als
fehlt an Männern, die etwas wagen, an Autoritäten, die sich
Zwecke der Hafenpolizei, für Lotsenbote und ähnliche Fahr¬
bürgerlich ernsthaft als Trieb der
zeuge, die höchstens ein oder zwei Menschen so schnell als
etwas erlauben dürfen. Mahler ist gegangen, Burkhard sitzt
ssen kann, ist die Farbe nicht wert,
im Schmollwinkel, Weingartner ist noch nicht warm geworden,
möglich befördern sollen, wird die kleine geistreiche Schöpfung
#rd. Schon in seiner „Liebelei“ hat
schon Verwendung finden können. Merktoürdig, es hat noch
Schlenther ist geschmeidiger als der geborenste Oesterreicher
Fört, mit der er den gutgewaschenen
niemand gefragt, ob dieser Oberleutnant Corvin ein Deutscher
und hat offenbar längst jeden künstlerischen Ehrgeiz an den
vie ein Bijon der Schöpfung malt;
oder Bohme oder Magyare ist. Im Fortschritt also fin¬
Nagel gehängt. Es ist vielleicht ein Nachteil für Wien, daß
„Weg ins Freie“ geht mir's nicht
den sich alle Nationen. Sollte das nicht ein Beweis dafür
Wergenthin ist ein Wicht, der ein1 seine besten Theater die Hoftheater sind. In Berlin konnten
sein, daß nur im Sumpf der Hader gedeiht?
Brahm und Reinhardt fast revolutionär wirken, weil das
Annerl Rosner nicht wert ist, und es
d, dem Wechsel der Gefühle und Ge= Kgl. Schauspielbaus ihnen keine Konkurrenz machte. In