I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 217

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23. Der Neg ins Freie

nzweites Buch des letzten
Humor ist ein seltener Gast in unseren Tagen und
fmerksamkeit aufgenommen
darum — wie Norbert Falks hier schon gerühmtes „Meister¬
wirklich eine Tageszeitung,
buch des Humors“ und seine „Schatzkammer
(Ullstein
wurde? Gab es wirklich in
& Co., Berlin) erweisen — umso gesuchter. Es mag ver¬
der teil am öffentlichen
wunderlich klingen, aber es ist so: Oesterreich, das hart¬
drohende „Cavete“ Emil
geprüfte, ist reicher an humorbegnadeten Dichtern, als
Die Erfüllung des Wun¬
Deutschland. Man blättere daraufhin nur einmal Staack¬
eses mit hinreißender Kraft
manns Verlagsanthologie „Aus deutschen Dichtern“ durch.
rde durch den ziemlich hohen
Da ist Meister Peter Rosegger, der Steirer, dessen
n weiten Kreisen erschwert.
neues Geschichtenbuch „Alpensommer" (L. Staack¬
ke des Verlegers, dies wert¬
mann, Leipzig) im Titel seines Dichters reifes und früchte¬
be herauszubringen, gewesen
schweres Fabuliertalent treffend symbolisiert. Da ist der
nd, daß in verhältnismäßig
Tiroler Rudolf Greinz, der „Aus'm heiligen
dieser Volksausgabe herge¬
Lande“ (Staackmann) lustige Geschichten voll kraftvoller
besonders wertvolle Beigabe
Charakteristik und kerngesunder Lebensauffassung vorbringt.
usgabe außer dem faksimi¬
Seinen südtiroler Landsmann Richard Breden¬
ppelin eine sehr interessante
bücker vollends schätze ich seit seinem Roman, UntermLiebes¬
Schweizerfahrt, die Emil
bann als einen der schärfsten Psychologen überhaupt, und
ppelins mit dem bei Echter¬
eine neue Erzählung „Die tote Kohle“ (Adolf Bonz
emacht hat.
& Co., Stuttgart) bestätigt diese hohe Meinung von Breden¬
Dichter vom Unterhaltungs¬
brückers dichterischer Begabung.
Zu diesen Meistern hat
Huldschiners und Huchs
sich seit Jahresfrist ein junger Gesell getan, dessen herz¬
auch Wilhelm Poecks
hafte Frische, dessen bildlicher Reichtum, dessen überquellen¬
(Union, Teutsche Ver¬
des Talent ihm mit einem Schlage nicht nur sein engeres
einer Aufzählung lesens¬
Vaterland, sondern die ganze deutsche Welt eroberte. Wir
Schon deshalb, weil es
meinen Rudolf Hans Bartsch. Baron Gagern hat
eines einheimischen Autors
an dieser Stelle über seine „Zwölf aus der Steiermark“
ngestaltung und des Hallig¬
geschrieben. Heute liegt im gleichen Verlage (Staackmann)
Leben auf einer einsamen
der nicht weniger reiche Roman von den „Haindl¬
r Beobachtung der Details
kindern“ vor: das Wienerischste, das Liebwerteste, was
nd Experimente des Hallig¬
die neuereDichtung aufzuweisen hat. Es wird sich späterhin
t beinahe historischer Treue
die Gelegenheit ergeben, auf dieses und andere der hier
üibernommen. Schade nur,
kurz gekennzeichneten Bücher des näheren einzugehen
— für
Verwicklungen und Men¬
heute genügt der Vermerk: das neue Buch von Bartsch ist
nisch sehr brüchigen Gestalt
da. Emil Ertl, Steirer gleich Bartsch und gleich ihm in
ng
gar so romanhaft
Wien zum berufenen Schilderer der Wiener Vergangenheit
darüber vollkommen seine
geworden, hat seinen „Leuten vom Blauen Guguckshaus“
mtechnischen Romanbehelf
Wien vor hundert Jahren — einen groß angelegten
n
Poecks, „Nordkaper“
Roman aus dem Sturmjahre „Freiheit die ich
pft in seinen Gestalten an
meine“. Wien vor fünfzig Jahren — folgen lassen.
Paribom Dabelstein, Ham¬
L. Staackmann.) Das kulturhistorische Element, das in
licht an Bord eines Hapag¬
Bartsch und Ertl stark ist, tritt in Arthur Schnitzlers
nd um sie gruppieren sich
erstem großen Roman „Der Weg ins Freie“ (S.
zu einem fidelen Reise¬
Fsscher, Berlin) gegen das Psychologische zurück. Es ist ein
fahrt ist Island, das Poeck
Puch von den letzten und geheimsten Dingen in uns, eine
zu schildern weiß.
Seelenoffenbarung aus subtilster dichterischerIntuition: ein
s Versprechens wieder ein¬
Buch, das den Lebensästheten durch seine Tage und Jahre
namhaft zu machen. Unter
begleiten wird. Schnitzlers Freund Hermann Bahr
„Buch der guten
legt in seinem Roman „Die Rahl“ (S. Fischer) umso
burg) keinesfalls fehlen;
betonter auf das Kulturgeschichtliche und Volkspsychologische
Sonne und Liebe gesättigt,
Gewicht. Wenn er Wort hält, so haben wir in dieser an
nden und Fehlern gedeihen,
ntimsten Seelenbeobachtungen wie an historischen Realitäten
stebel, die vom Meere her
reichen Geschichte einer Schauspielerin den ersten Band
Geschichten des Holsteiners
einer Wien umfassenden Romanserie vor uns.
PPresbers sonnigen No¬
Wir haben uns in Oesterreich verloren —
und wollen
da sie „Das Mädchen
uns nun erinnern, daß auch uns Reichsdeutschen Hoff¬
se Menschenexemplare schil¬
nungen und Begabungen blühen. Hermann Hesse,
rlagsanstalt, Berlin), von
dessen Peter Camenzind“ den schnellen Ruhm mit den
eit durchglüht, die noch die
„Zwölf aus der Steiermark“ teilte, hält in seinem neuen
gütigem Humor vergoldet,
Novellenbande „Nachba rn“ (S. Fischer) künstlerisch ein
rste dieses Sonntagskindes
Niveau, das seine fortschreitende Entwicklung zum No¬
neuer Gedichtband „Aus
vellisten großen Stils, zu einem unserer Ersten zeigt. Seines
G. Cottasche Buchhandlung,
Freundes Finckh „Rapunzel“ (Deutsche Verlagsanstalt,
ius liegt Presber im Blute,
Stuttgart) wurde schon gewürdigt. Als reife Meisterin des
hste Sprache: die Sprache
naturalistischen Romans, als Natur= und Menschenschil¬
derin ersten Ranges erweist sich in dem Eiffelroman „Das
Kreuz im Venn (Egon Fleischel & Co., Berlin) wieder¬
um Clara Viebig. Eine kräftig zugreifende Hand,
ein kluges und verstehendes Auge eignet auch Josef
Ruederer. Seine aus dem bairischen Volksleben ge¬
griffenen „Tragikomödien (Süddeutsche Monats¬
hefte, München) haben einen stark satirischen Einschlag.
Rein politische Sative — aber aus einer glänzenden Cha¬
rakterisierungsgabe heraus gestaltet — ist Ludwig
Thomas sehr boshafter und witziger „Briefwechsel
eines bayrischen Landtagsabgeordneten“.
Langen). WilhelmHegeler, vielfach mehr der Unterhaltungs¬
belletristik zugeneigt, ringt seit dem „Ingenieur Horst¬
mann“ und dem „Pastor Klinghammer“ ernst um die
großen Probleme unserer Zeit. Sein neuer Roman „Das
lergernis“ (S. Fischer wird ernsten Menschen viel
geben. Ganz anders kommr Hans Heinz Ewers in
seinem bei Georg Müller, München, verlegten Geschichten¬
buch „Die Besessenen“ daher: als ein Excentric, der
den Sprung in das Bereich des Unheimlichen und Gespen¬
tischen wagt, als ein deutscher Nachfolger Poes und ein
Erzähler von blendenden Qualitäten. Dem Historiker reicht
er Dichter die Hand in E. G. Kolbenheyers Spinoza¬
Roman „Amor Dei“ (Georg Müller). Es ist dies nach
Otto Hausers Erzählung der zweite beachtenswerte Versuch,
den großen Philosophen in der Dichtung menschlich zu be¬
greifen, und Kolbenheyer ist von den beiden Autoren der
dichterisch ungleich eigenartigere.
Von der Historie findet sich auch in den, Balladen
und ritterlichen Liedern“ desFreiherrnBörries
von Münchhausen gar viel, die jetzt mit dem vierten
Tausend in den Verlag Fleischel übergegangen sind. Vor'm
Jahr war diesem stärksten deutschen Balladendichter unserer
Tage — Liliencrons Begabung ist nicht in dem Maße
balladesk — an gleicher Stelle ein Feuilleton gewidmet: so
begrüßen und empfehlen wir hier die neue handlichere
Ausgabe mit einem herzlichen Glückauf und freuen uns
m besonderen der burschikosen und der lyrischen Zugaben,
die einen reizvoll persönlichen Ton in den gotischen Dom
dieses Buches tragen. Aus der übrigen Lyrik seien noch
Cäsar Flaischles „Zwischenklänge“— Stimmun¬
zen, Briefblätter, Lieder (Fleischel) — und die gesammel¬
ten Gedichte von Max Bruns (Verlag I. C. C.
Bruns) mit Hochachtung hervorgehoben.
Von Dramen seien kurz einige zitiert, deren Buchaus¬
gabe der Bühnenaufführung voraufeilte: von dem Ham¬
burger Poeten Alexander Zinn liegt (bei Bruns
ein Drama in drei Akten „Kreuzigung“ vor. Bei
S. Fischer erschienen Moritz Heimanzs Lomödie
„Joachim Brandt“, Arthur Holitschers (zhetto¬
legende „Der Golem" und Nils Kjärs Ss zuspiel
„Der Tag der Rechenschaft“.
—t.
Hamburger Kunstgesellschaft.
Russischer Abend.
Der gestrige Abend ließ das Dreigestirn Tolstoi
Tschechow— Gorki aufleuchten Drei Erzählungen
dieser drei russischen Meister kamen zu Gehör. Moxim
Gorkis Problem=Novelle „Der Khan und sein
Sohn, Leo Tolstois Volkslegende „Wie viel
Erde braucht der Meusch?“ und Anton Tschechows
lyrisch=philosophische Studie „Der Student: Dazu
gesellte sich Richard Dehmels gedankenschwere und farben¬