ins Freie
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23. Der Ne¬
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UNSERE HOFFNUNG
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Lebens charakterisieren soll. Das ist die Meinung des Kritikers vom rein
künstlerischen Standpunkt aus.
Beobechten wir nun einmal die reale Wirklichkeit des Lebens und
fragen wir uns: Ist jene harmonische Einheitlichkeit des Wiener Gesell¬
schaftslebens wirklich vorhanden? Besteht da nicht vielleicht doch in
demselben Kreise ein gewisses inneres Etwas, wodurch der Christ den
Juden viel schwer versteht als der Jude den Christen? Die Frage ist
interessant und regt zum Nachdenken an und fast dünkt es mich, als
hätte Schnitzler, der geistvolle Beobachter des Lebens, mit dieser
künstlerischen Schwäche seines Romans der Wirklichkeit eine Kon¬
zession gemacht, ja mit gutem Gewissen machen wollen. Man lese das
S. B. E.
Buch und überzeuge sich davon.
Hubert Auhagen: Beiträge zur Kenntnis der Landesnatur
und der Landwirtschaft Syriens.
Wer über die oberflächlichen Daten gelegentlicher Nachrichten
hinaus sich in eingehendem wissenschaftlichen Zusammenhange über
diese für uns so bedeutsamen Fragen informieren will, mag in diesem
Buche lesen, das ein hervorragender deutscher Landwirt als Frucht seiner
Palästinareise hat erscheinen lassen. Wenn auch manche Kapitel nur für
den Fachmann von Bedeutung sind, so sind doch die Klima, Boden und
Wasser und die allgemein wirtschaftlichen Verhältnisse behandelnden
Kapitel von einschneidendem Interesse für jeden, dem die jüdische
Palästinaansiedlung eine ernste Angelegenheit ist.
Nachdem die geographisch-klimatische Gliederung des Landes vor¬
ausgeschickt ist, wird in eingehender, doch leicht verständlicher Analyse
der verschiedenartige Anbau des Landes, entsprechend den verschiedenen
Landstrichen und Bodenarten, entsprochen. Hieraus ergibt sich die grosse
Bedeutung des Bewässerungsproblems und schliesst sich auch eine inter¬
essante Erörterung der merkwürdligen Tatsache an, wie trotz des sechs¬
monatlichen Regenmangels ein spontanes Wachstum von Getreide und
Gemüse möglich ist, dann die Frage nach den Ursachen der Entwicklung
des Landes. Die wirtschaftliche Frage wird zunächst an der Darlegung
der primitiven wirtschaftlichen Verhältnisse des Beduinen und Fellachen
aufgebaut. Für die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes wird die Be¬
deutung der zionistischen Einwanderung und des jüdischen Kolonisten¬
E. M.
elementes als eines wichtigen Faktors hervorgehoben.
Literarische Monatsschriften, Wilna. Auch das 4. Heft über¬
rascht mit seinem reichen und gediegenen Inhalt. Aus dem belletristischen
Teile wollen wir die glänzend geschriebene Skizze M. Silburgs „Ejner
a Meesch“ und Weissenbergs „A Tate mit Bunim“ hervorheben.
Der kritische Teil bringt einen Artikel Nigers über Schalom Asch, der
eine sehr richtige und künstlerische Würdigung des Dichters enthält und
den zweiten Teil der Arbeit Dr. Ignaz Schippers „Ueber jüdische
Renaissance“. Dr. Schipper hat auf dem Gebiete der jüdischen
Wirtschaftsgeschichte einige fleissige und ausgezeichnete Arbeiten ge¬
liefert. In den vorliegenden Artikeln sucht er dem jüdischen Renaissance¬
problem näher zu kommen, die aber keineswegs als gelungen zu bezeichnen
sind. Sehr interessant sind auch die Ausführungen Sch. Eisenstadts¬
über die verschiedenen Aussprachen des Jüdisehen. Auf einzelne Arbeiten
dieser trefflichen Zeitschrift hoffen wir noch zurückzukommen.
L. S. M.
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UNSERE HOFFNUNG
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Lebens charakterisieren soll. Das ist die Meinung des Kritikers vom rein
künstlerischen Standpunkt aus.
Beobechten wir nun einmal die reale Wirklichkeit des Lebens und
fragen wir uns: Ist jene harmonische Einheitlichkeit des Wiener Gesell¬
schaftslebens wirklich vorhanden? Besteht da nicht vielleicht doch in
demselben Kreise ein gewisses inneres Etwas, wodurch der Christ den
Juden viel schwer versteht als der Jude den Christen? Die Frage ist
interessant und regt zum Nachdenken an und fast dünkt es mich, als
hätte Schnitzler, der geistvolle Beobachter des Lebens, mit dieser
künstlerischen Schwäche seines Romans der Wirklichkeit eine Kon¬
zession gemacht, ja mit gutem Gewissen machen wollen. Man lese das
S. B. E.
Buch und überzeuge sich davon.
Hubert Auhagen: Beiträge zur Kenntnis der Landesnatur
und der Landwirtschaft Syriens.
Wer über die oberflächlichen Daten gelegentlicher Nachrichten
hinaus sich in eingehendem wissenschaftlichen Zusammenhange über
diese für uns so bedeutsamen Fragen informieren will, mag in diesem
Buche lesen, das ein hervorragender deutscher Landwirt als Frucht seiner
Palästinareise hat erscheinen lassen. Wenn auch manche Kapitel nur für
den Fachmann von Bedeutung sind, so sind doch die Klima, Boden und
Wasser und die allgemein wirtschaftlichen Verhältnisse behandelnden
Kapitel von einschneidendem Interesse für jeden, dem die jüdische
Palästinaansiedlung eine ernste Angelegenheit ist.
Nachdem die geographisch-klimatische Gliederung des Landes vor¬
ausgeschickt ist, wird in eingehender, doch leicht verständlicher Analyse
der verschiedenartige Anbau des Landes, entsprechend den verschiedenen
Landstrichen und Bodenarten, entsprochen. Hieraus ergibt sich die grosse
Bedeutung des Bewässerungsproblems und schliesst sich auch eine inter¬
essante Erörterung der merkwürdligen Tatsache an, wie trotz des sechs¬
monatlichen Regenmangels ein spontanes Wachstum von Getreide und
Gemüse möglich ist, dann die Frage nach den Ursachen der Entwicklung
des Landes. Die wirtschaftliche Frage wird zunächst an der Darlegung
der primitiven wirtschaftlichen Verhältnisse des Beduinen und Fellachen
aufgebaut. Für die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes wird die Be¬
deutung der zionistischen Einwanderung und des jüdischen Kolonisten¬
E. M.
elementes als eines wichtigen Faktors hervorgehoben.
Literarische Monatsschriften, Wilna. Auch das 4. Heft über¬
rascht mit seinem reichen und gediegenen Inhalt. Aus dem belletristischen
Teile wollen wir die glänzend geschriebene Skizze M. Silburgs „Ejner
a Meesch“ und Weissenbergs „A Tate mit Bunim“ hervorheben.
Der kritische Teil bringt einen Artikel Nigers über Schalom Asch, der
eine sehr richtige und künstlerische Würdigung des Dichters enthält und
den zweiten Teil der Arbeit Dr. Ignaz Schippers „Ueber jüdische
Renaissance“. Dr. Schipper hat auf dem Gebiete der jüdischen
Wirtschaftsgeschichte einige fleissige und ausgezeichnete Arbeiten ge¬
liefert. In den vorliegenden Artikeln sucht er dem jüdischen Renaissance¬
problem näher zu kommen, die aber keineswegs als gelungen zu bezeichnen
sind. Sehr interessant sind auch die Ausführungen Sch. Eisenstadts¬
über die verschiedenen Aussprachen des Jüdisehen. Auf einzelne Arbeiten
dieser trefflichen Zeitschrift hoffen wir noch zurückzukommen.
L. S. M.
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