I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 257

23. Der Mec ins Freie
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Deutsche Rundschau.
seiner Jugend — und Hilles verzichten. Der Dichter, „beidlebig“ nach Goethes schönem
Ersatzwort, führt mit ganzer Seele Deutsches und Italienisches zusammen, aber es
verschmilzt hier nicht und die Tragik der Adoption fällt auf den guten, lieben
Toren, Professor Richard Hille, den schönheitsdurstigen buonissimo; der seit Jahr¬
zehnten aus einem bremischen Pastorssohn ein vero Romano di Roma werden möchte,
doch von jedem Straßenjungen, mag er auch nach Landessitte die Kutscher unter
dem Tarif entlohnen, als Urdeutscher im mausgrauen Anzug erkannt wird.
Dieser goldene Mensch, ein begeisterter Gelehrter und ein großes Kind, den
Vossens Poesie mit dem liebenswürdigsten, rührendsten Humor durchwärmt und gleich
der ihm seelenverwandten Malerin „Tante Dora“ Petersen jedem Leser unvergeßlich
ans Herz legt, geht langsam daran zugrunde, daß er den halbwüchsigen Marco von
einem Verzweiflungsschritt rettet, ihn zu seinem „Jungen“ macht, aber durch alle
aufopfernde Liebe, durch eine zweite Befreiung nichts erreicht. „Richards Junge
ist eine Lüge. Marco hat seines leiblichen Vaters Blut in den Adern: der schöne
Bursch ist sinnlich, berechnend, trotz ehrlicher oder peinvoller Wallungen undankbar,
als begabter Künstler träg und wird endlich ein Salonartist in Paris. Er vermag
nicht zu kämpfen gegen den Spuk dunkler Gewalten und spürt in einer Virtuosen¬
aufführung von Ibsens „Spettri“ doch nur einen flüchtigen Schauer; die Genußwelt
der Stutzer und Schlemmer mit ihren öffentlichen und geheimen Vergnügungen hält
ihn unentrinnbar fest. Er bricht der kleinen Lella, dem Modell seiner „Sehnsucht",
das Herz, ist mitschuldig am Zusammenbruch des genialen Bildhauers Minardi und
der Vernichter seines Wahlvaters. Höher noch als etwa gegen Ende die prachtvolle
Schilderung einer altertümlichen Frascataner Weinlese oder vorn die famose einer
römischen Garni=Schlamperei stellen wir das trauliche Schauspiel aller Sorgen,
Freuden und Leiden, das sich in den hängenden Blumengärten bei der Kinder¬
malerin oben und in der Doppelwohnung der beiden lieben Leutchen entfaltet.
Sempre avanti, Sor Riccardo!
Erich Schmidt.