I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 340

23. Der Nei
ins Freie
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n en nnen en e. nene enen enenenenenenenen
„Schnee“ trägt; in ihr ist Stöfsl
den Weg, auf dem es — einer
ein Meisterstück gelungen. Wir
zahlenmäßig überlegenen, politisch¬
sehen sie als zartes verwöhntes
mächtigen klerikalen Partei zum
Kind heranwachsen und sich dann
Trotz — seine gesellschaftlich und
dem blühenden jungen Manne und
wirtschaftlich einflußreiche Stellung
Schützer leisjauchzend in die Arme
erobert hat.
werfen; als dann das Unglück
Johann Bilgeri, ein vaterloses
kommt, trägt die Schwache es mit
Kind, wird durch die recht spar¬
Ergebenheit und Tapferkeit, die
ame Güte eines reichen Weber¬
den Flüchtigen, Starken beschämen
meisters aus dem bäuerlichen
müßte, wenn er nicht ganz in die
Stande genommen und einer Art
Mauern des Wienertums einge¬
von besserer Bildung überantwor¬
preßt wäre.
tet. Seine Kindheit mit ihren
Mit Sorgfalt wacht Stössl über
nicht gewöhnlichen Unbilden und
dem sprachlichen Ausdruck, und nur
ihren bescheidenen Freuden hat
selten melden sich Austriazismen wie
Stössl anmutig vor uns ausge¬
„beiläufig“ im Sinne von „ungefähr“,
breitet und mit so viel Sonne
oder „zeitlich“ für „früh“. Vielleicht
durchtränkt, daß wir noch am Ende
dehnt sich auch die Lehrhaftigkeit des
des ins Dunkel armseligen Todes
jungen Felser etwas poloniushaft
verebbenden Romans auf ihre
in die Breite, aber die Lebens¬
Gloriole mit wonnig=wehmütigem
weisheiten, die ausgesprochen wer¬
Blicke zurückschauen. Er heiratet
den, verdienen es wohl, vernom¬
die Enkelin seines Gönners und
men und beherzigt zu werden.
wird schließlich der Erbe des Kauf¬
Wer im Herbst den Wienerwald
mannshauses, das er von der Peri¬
durchstreift, spürt etwas von der
pherie des Landes nach Wien ver¬
schweren süßen Luft, die wie eine
pflanzt. Aber sobald die wirt¬
leichte Wolke auch über dieser Er¬
schaftlichen Schwierigkeiten ein
zählung ruht. Ferdinand Gregori
kleines Maß übersteigen, steckt er
Künstlerisch genommen scheint
den Kopf in den Sand: er flieht
mir das neueste Buch Stössls
ernste Auseinandersetzungen, flieht
einen wesentlichen Fortschritt zu
den Konkurrenzkampf und ver¬
kennzeichnen. Der Stil ist satter
bringt Tage und Nächte in schön¬
und gedichteter, der Gang der
geistiger Gesellschaft mit Reden und
Handlung weniger abrupt, die
Zuhören. Der Zauber wiene¬
Psychologie sicherer und anschau¬
rischer Plauderkunst und eine Kur¬
licher. Wenn auch der nachdenk¬
tisane umstricken ihn mehr und
same Essayist und Betrachter dem
mehr, er läßt Weib und Kind im
Dichter in Stössl wohl immer die
Stich und kehrt als Schwindsüch¬
Wage halten, wenn nicht ihn über¬
tiger zurück, um im allgemeinen
tönen wird, so ist doch eben dies
Krankenhause zu sterben. Auch
Buch ein Zeugnis, wie nahe ehr¬
ihm hat einmal im Leben ein
liche Arbeit und kluges Erfassen
Lorbeerzweiglein gegrünt: er ist
künstlerischer Gesetze an ursprüng¬
dem großen Napoleon, der Wiens
liche Begabung herankommen kön¬
Vororte belagerte, mit einer frei¬
nen, wie weit sie vielleicht höheres
mütigen Bitte gegenübergetreten:
aber ungezügeltes Talent über¬
und sie wurde erfüllt.
holen, wenn sie auch nur mit
In dem Buche lebt eine wun¬
einem Teil davon sich paaren.
dersam feine Frau, Johann Bil¬
„Sonjas letzter Name“ ist ein
geris Gattin, die den Nebennamen
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1. Augustheft 1909