I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 370

23. Der Neg ins Freie
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Auch ein Weg ins Freie.
Man könnte füglich diesen Titel des neuesten
Schnitzlerschen Romans auch auf das nun vorlie¬
gende praktische Ergehnis der Mittelschulenquete
anwenden. Man korimt damit wirklich allmählich
aus der Enge der gegenwärtigen Mittelschulver¬
hälenisse zu freu#en Bewegungsmöglichkeiten. Das
Verdienst, das sich der gegenwärtige Leiter des
Unterrichtsressorts erwirbt, indem er die Mittel¬
schulreform ernsthaft in Angriff nimmt, ist kein
gerinaes. Anders waren die Erziehungs= und Bil¬
dungsbedürfnisse, als ein Lessing die Meißener
Fürstenschule, dieses Muster eines Gymnasiums, be¬
uchte, und als Grillparzer die Schule des Vor¬
märz besuchte, und anders sind sie heute. Man
muß sich unwillkürlich an eine Außerung Goethes
erinnern, der es einmal Eckermann, Anno 1824,
gegenüber pries, daß er nicht mehr jung sei und
lernen müsse. „Ich freue mich,“ sagte der alte Goethe
damals, „daß ich nicht mehr achtzehn Juhre alt
bin. Als ich achtzehn war, war Deutschland auch
erst achtzehn, da ließ sich noch etwas machen; aber
jetzt wird unglaublich viel gefordert, und es sind
alle Wege verrannt. Deutschland selbst steht in
allen Fächern so hoch, daß wir kaum alles über¬
sehen können und nun sollen wir noch Griechen
und Lateiner sein, und Engländer und Franzosen
dazu!“ Es hat lange gebraucht, bis man in deut¬
schen Pädagogenkreisen anfing, zu merken, daß sich
nicht nur die Welt um das Gymnasium, sondern daß
sich auch die kleinen Leute, die ins Gymnasium
gingen, gründlich verändert hatten. Nicht bloß das
praktische Leben, das Leben überhaupt begann an¬
dere Forderungen an die Ausbildung der jungen
Menschen zu stellen. Die Welt wurde groß, die
Möglichkeiten des Erwerbes viele, die Aufgaben
lebendiger, an die Stelle des stillen abgeschlossenen
Städtelebens des achtzehnten und neunzehnten
Jahrhunderts trat die aufgeregte und aufregende
Gesamtarbeit der Nation und der Nationen, in die
selbst der Gelehrte sich hineingezogen sieht. Aber
im Gymnasium fuhr man fort, von Mucius Scä¬
box 3/5
vola zu erzählen und die Kenntnis der Ausnahmen
der lateinischen und griechischen Grammatikregeln
ür Fundamente lebensausrüstender Bildung an¬
zusehen.
Das ist nun vorbei: die Schule tritt dem Leben
wieder näher; des ist der Kern der Reform, sie
will das junge Menschenkind nicht für Jahre aus
dem Wirklichkeitsleben nehmen, um es dann, einen
Verträumten oder Gedächtnismenschen, wieder zu¬
rückzugeben, sondern sie will ihm das Rüstzeug für
das Wirklichkeite seben mitgeben. Mag sein, daß
die alte Poesie de „Lateiners“ damit vieles ein¬
büßen wird, mag sein, daß unter den bunten Mützen
unserer akademischen Jugend weniger ideologische
Wirklichkeitsfremdheit Platz haben wird, aber ge¬
wiß wird der idealistische Zug, der aller gesunden
Jugend anhaftet, seine Verknüpfung mit dem prak¬
tischen Leben mit weniger Enttäuschungen voll¬
ziehen können. Daß unser Österreich den ersten
einschneidenden Versuch auf dem Wege der Zu¬
kunftsmittelschule unternimmt, darf uns mit Genug¬
tuung erfüllen. Ist die Mittelschulreform aber erst
durchgeführt, dann liegt es an unseren Jungens,
zu zeigen, was und daß sie das leisten können.
Und sie werdens zeigen: Den Weg ihs freie(Leben
an Senenhen . ne n
finden.
sich bloß 5 Fabrikanten und, ach! nur eine
Schriftstellerin haben taufen lassen. Er mag lächelnd
konstatieren, daß man die Mädchen auf transito jäßt,
weil man nicht wissen kann, wie man sie unter
die Haube hringt und daß dann plötzlich um das
24. Jahr herum die Tauferei beginnt, wenn man un¬
beschrien einen christlichen Schwiegersohn ergattert
hat. Wir stellen keine Betrachtungen an. Es nützt
nichts. Wir sind die 603 Täuflinge ex 1907 ja doch
nicht los geworden..
1
5 —
8
Berufsart der Ausgetretenen
5
12
2
weiblich

0
8
Dienstboten
Advokaten
15
14
14
Hilfsarbeiterin-
Aerzte
33
*
20
**
** * *
Oefftl. Beamte
41
Lehrerinnen
4
Private
90
30
Ohne Beruf*)
5
Fabrikanten
15
58
35
Sängerinnen
Handelsangest
40
Schneiderinnen
9
45
Iilfsarbeiter
23
Schrifstellerin¬
Ingenieure u.
Chemiker
50
Verkäuferinnen
9
3
6
ournalisten
35
Kaufleute
55
9
10
Lehrpersonen
2
65
60
Ohne Beruf
6
Privatiers
Meister) Pro¬
4
4
fessionisten
70
2
2
Gehilfen
Rechtspratikt.
80
30
Studierende
290
313
Summe 313
Summe. 290
Sm.
Meistens verheiratet,
ohne
selbständigen
Beruf.
L0
70
9.1.0
Ein Buch über das Rassen¬
problem.
Im Oktober wird im Verlage der Hof- und
Universitätsbuchhandlung Wilhelm Braumüller ein
Buch über „Das Rassenproblem, unter
besonderer Berücksichtigung der
theoretischen Grundlagen der jüdi¬
schen Rassenfrage“ von Dr. Ignaz Zoll¬
schan, erscheinen.
Soviel uns bekannt ist, ist das Buch eine auf
jahrelange Forschungen gestützte Originalarbeit über
die jüdische Rassenfrage, welche auf Grund streng
wvissenschaftlicher Untersuchungen zu Schlüssen
1
7
221
9
15
19