I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 384

23. Der Nec ins Frei
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Der moderne Jude im neueren deutschen
Roman.
Im Nereinfür jüdische Geschichte und Literatur sprach die be¬
kannte Schriftstellenn Peon Hilldet (Leonie Meyerhoff) über die
Gestaltung des modernen Jußen im neueren deutschen Roman.
Beveutender #und bedeutungsvoller von Jahr zu Jahr wird in
der ernst zu nehmenden deutschen Erzählungsliteratur das Thema
vom Juden, vom modernen Juden behandelt. Und gerade der jüdi¬
sche Künstler hat sich mit wachsender Vorliebe dieses Themas be¬
mächtigt und stellt es in den Vordergrund des literarischen Inter¬
esses. Fast sollte man einen aewissen Trotz darin seben. Ihr greift
an? So seht doch wenigstens erst, wer wir sind und warum wir
sind! scheint der Judenschilderer zu sagen. Geht der christliche
Künstler, wie etwa Fontane, in der Darstellung jüdischer Typen mehr
von einem äußerlich impressionistischen Standpunkt aus, so muß der
jüdische Darsteller, der seinen Glaubensbruder umso viel besser
kennt, ihn mehr psychologisch auffassen. Und insbesondere sind es
die Themata vom Juden unter Christen, von Christen unter Juden
und von Juden untereinander, die in den Werken dreier jüngerer
üdischer Romanciers in den letzten Jahren behandelt woerden. Es
ind dies die Schriftsteller Arthur Schnitzler, Georg Herrmann und
Richard Huldschiner.
Wenden wir uns zunächst dem Jüngsten unter ihnen, Richard
Huldschiner, der hier als Arzt lebt, zu. Geboren ist er 1872
in Gleiwitz, als Sohn eines Schlesiers und einer Vorarlbergerin,
zu deren in Bozen lebendem Vater die Familie bald nach des Dich¬
ters Geburt übersiedelte. Zum Schilderer des unter Christen leben¬
den Juden war er prädestiniert, denn er wuchs in dem katholischen
Bozen auf und ging als einziger Jude mit lauter christ¬
lichen Schulgenossen in die Volksschule, nicht angefeindet, aber samt
seinem norddeutsch sprechenden Vater als Fremder betrachtet, und
somit schon als Kind auf die Ausnahmestellung des Juden unter lau¬
ter Christen aufmerksam gemacht, so angesehen die Familie auch da¬
stand. Mit zehn Jahren kam er auf das Gymnasium zu Gleiwitz,
und nach seinen in Berlin, Würzburg und München absolvierten
Studienjahren ging er als Assistent nach Berlin, und seit zehn Jah¬
ren lebt er mit seiner Mutter in Hamburg. Erst seit 1901 hat der
Arzt seine dichterische Begabung erkannt und ihr gelebt. Die üb¬
lichen lyrischen Versjahre sind ihm ausgeblieben, aber sonderbar

gerade er ist von den drei Modernen, von denen hier die Rede sein
soll, die am lyrischsten angelegte Natur. Da, wo sein Empfinden die
gewaltigen biblischen Legenden berührt, sprühen Funken und schla¬
gen Flammen auf. Huldschiner hat der Geschichte Simsons die star¬
ken poetischen Momente abgewonnen, da Delila den Helden durch
ihren Tanz berauscht und er der Falschen sein Geheimnis preis¬
gibt. Dann jenen angeren, da seine Seele überwunden hat und er
den Mühlstein dreht bis zu jener Stunde der Rache, in der seine alte
Kraft wiederkehrt und sich und die Philister unter dem Schutt des
Festhauses begräbt. Noch einmal vorher läßt der Dichter Delila
herantreten als Reuige, aber seine Seele ist über jede Versuchung
hinausgewachsen. Den Tod der Söhne Sauls zeichnet er uns, wir
sehen sie hingelagert um den Stein von Secher=Jabes und den
Pfeilregen erwarten, der sie aus der Dunkelheit der Nacht heraus
trifft und tötet. In seinem Roman „Die stille Stadt“ zeichnet der
Dichter den jetzt lebenden modernen Juden und behandelt zugleich
das Problem des Juden unter Christen. Elias Merian, sein Held,
ist ein jüdischer Träumer und Grübler, so sehr, daß er garnicht in
die Lage kommt, auf sein Judentum stolz zu sein, noch, daß er gar sich
einer Herkunft schämte. Ein so fehr in sich lebender Mensch nimmt
ich als etwas viel zu selbstverständliches, um sich sogleich in einem
Gegensatz zu seiner Umgebung zu empfinden. Die stille Stadt ist
Bozen, in deren bergumlagerte, fruchtbare, altehrwürdige Enge
Elias Merian sich geflüchtet hat, um die Ruhe zu finden und mit sich
selber eins zu sein. Aber die Unruhe verfolgt ihn auch hier hin, er
verliebt sich in eine schöne Christin, die ihn wieder liebt, aber von
einem verhängnisvollen Familienkonflikt bis zum äußersten erschüt¬
tert, den Tod sucht. Er denkt garnicht daran, daß sie ihn um seines
Judentums willen verschmähen könnte; als sie ihn fragt, ob er oft in
die Kirche gebe, sagt er ganz naiv erstaunt: „Nein, ich bin ja Jude.
Ebenso unbefangen steht er den beiden Freunden gegenüber, die er
in der stillen Stadt findet, dem alten Overbeck, der ihn mit seinem
Geigenspiel entzückt, und dem buckligen Sebenhofer, der ihn durch
seine schmerzliche Ironie anzieht, ein Verzweifelter, der unter den
Fäusten der fanatisierten Menge von Prozessionsteilnehmern stirbt.
Die stille Stadt täuscht nur vor, Heimat zu sein. Ihre Juden sind
alle fremd in ihr. Viele sehnen sich fort, nach Osten, nach dem Land
der Väter. Und der Versöhnungstag versammelt sie alle im Hause
Abraham Abarbanels, des Geachtetsten unter ihnen. Es ist eine
der schönsten Beschreibungen des schönen Buches, der Abend des
Versöhnungstages in Abarbanels Haus. Von dem eigentlichen All¬
tagskonflikt des Juden unter Christen ist, wie wir sehen, in diesem
Buch wenig die Rede. Es ist ein Buch der erhöhten Gefühle, ein
feiertägliches Buch, ein Buch der Sehnsucht.
Die Unbefangenheit des Juden finden wir auch in jenem zwei¬
bändigen Roman, der während der letzten Jahre eines der meist¬
gelesenen deutschen Bücher gewesen ist: „Jettchen Gebert“
und die Fortsetzung: „Henry Jakoby“ Hier aber ist die Un¬
befangenheit eben dadurch gegeben, daß die Juden unter sich sind.
Der einzige Christ dazwischen, der Dr. Fr. Kößling, ist als Versön¬
lichkeit in dem Roman nicht wichtig. Er ist kaum mehr als ein Ob¬
jekt, an dem Jettchen Geberts Wesen sich illustriert. Neben dem
feinen, intensiven Onkel Jason, dem eigentlichen Helden des Ro¬
mans, und der von Jettchen eigentlich stets geliebten Gestalt, ver¬
schwindet er als ein blasser Schemen. In Jettchen Gebert ist der
Konflikt ein ganz anderer. Wir sehen hier die fein organisierte und
traditionell gebildete jüdische Familie von angeborener und aner¬
zogener echter Kultur in ihrem vor einem Jahrhundert unvermeid¬
lichen Zusammenstoß mit wertloseren und roheren jüdischen Elemen¬
ten. Dazumal hatte dieser Zusammenstoß im geselligen Leben durch
die schwierigen Verkehrsmittel seinen besonderen Charakter; man
kam nicht so leicht zusammen und trennte sich nicht so leicht. Inner¬
halb des Familienlebens jedoch ist das Wesen dieses Zusammenstoßes
das gleiche geblieben. Freilich vollzieht sich heute der Zuzug von
Osten, der mit dem Eindringen der Familie Jakoby aus Benchen
in die alteingesessene Berliner Judenfamilie Gebert mit ihrer ver¬
feinerten Kultur charakterisiert wird, durchaus nicht immer mehr in
völlig gleicher Weise, wie zu der im Roman geschilderten, Zeit. Auch
der jüdische Osten hat sich den zunehmenden Bedürfnissen an Bil¬
dung angepaßt und tritt heutzutage sogar oft in Gestalt besonders
tüchtiger Elemente ergänzend und erneuernd in die manchmal
zur Schwächung differenzierten, alteingesessenen Judenkreise der
westlichen Großstädte ein. Freilich stoßen wir auch heute noch oft
auf Jakobysche Typen. Georg Hermann Borchardt, der
Verfasser von Jettchen Gebert, ein geborener Berliner, aus der Ge¬
borgenheit einer altkultivierten, vermögenden Judensamilie früh
durch das geschäftliche Unglück seines Vaters hinausgejagt, das er
ergreifend in seinem Frühroman „Spielkinder“ zeichnet, kennt die
verschiedenen jüdischen Milieus bis in ihre feinsten Nüancen hin¬
ein. Und er blickt mit einer Art liebevoll=schmerzlicher Ironie auf
das Spiel der Welt, die ihm noch immer, wie einst, mit Spielkin¬
dern bevölkert erscheint. Er blickt auf dieses Spiel mit der wehmüti¬
gen Skepsis des Großstädters, der so viele Ideale hat zerschellen
ehen, so viel Pathos großer Gefühle und Vorsätze hat verstummen
hören, und doch mit der Liebe eines verstehenden Herzens. In die¬
er Hinsicht hat er vielleicht etwas, das an die feine Kultur und Zer¬
mürbtheit des Oesterreichers Schnitzler erinnert; aber er is
dennoch positiver als jener, vielleicht nicht als Mensch, aber jeder
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