I, Erzählende Schriften 22, Der Tod des Junggesellen. Novelle, Seite 4

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doch nicht ohne ein verachtungsvolles Zucken der Lippen. Also er, sprach es in
seinem Sinn. Denn oft hatte er mit der Frage gespielt, wer von seinen näheren Be¬
kannten bestimmt sein mochte, als der Erste den letzten Weg zu gehen.
Die Wirtschafterin trat ein. Mit Tränen in den Augen sank sie vor dem Bette
nieder, schluchzte und faltete die Hände. Der Dichter legte leicht und tröstend die
Hand auf ihre Schulter.
Der Kaufmann und der Arzt standen am Fenster, die dunkle Frühlingsluft
spielte um ihre Stirnen.
„Es ist eigentlich sonderbar,“ begann der Kaufmann, „daß er um uns alle
geschickt hat. Wollte er uns nur um sein Sterbebett versammelt sehen? hatte er
uns irgend etwas Wichtiges zu sagen?“
„Was mich anbelangt,“ sagte der Doktor schmerzlich lächelnd, „so wär' es
weiter nicht sonderbar, da ich ja Arzt bin. Und Sie,“ wandte er sich an den Kauf¬
mann, „waren wohl zuweilen sein geschäftlicher Beirat. So handelte es sich viel¬
leicht um letztwillige Verfügungen, die er Ihnen persönlich anvertrauen wollte.“
„Das wäre möglich,“ sagte der Kaufmann.
Die Wirtschafterin hatte sich entfernt, und die Freunde konnten hören, wie sie
im Dorzimmer mit dem Diener redete. Der Dichter stand noch immer am Bett
und hielt geheimnisvolle Zwiesprache mit dem Toten. „Er,“ sagte der Kaufmann
leise zum Arzt, „er, glaub' ich, war in der letzten Zeit häufiger mit ihm zusammen.
Dielleicht wird er uns Aufschluß geben können." Der Dichter stand regungslos;
er bohrte seine Blicke in die verschlossenen Augen des Toten. Die Hände, die den
breitrandigen grauen Hut hielten, hatte er am Rücken gekreuzt. Die beiden andern
Herren wurden ungeduldig. Der Kaufmann trat näher und räusperte. „Vor drei
Tagen“, trug der Dichter vor, „hab ich einen zweistündigen Spaziergang mit ihm
gemacht, draußen auf den Weinbergen. Wollen Sie wissen, wovon er sprach? Don
einer Reise nach Schweden, die er für den Sommer vor hatte, von der neuen
Rembrandtmappe, die in London bei Watson herausgekommen ist und endlich von
Santos Dumont. Er gab allerlei mathematisch=phpsikalische Erörterungen über das
lenkbare Luftschiff, die ich, ehrlich gestanden, nicht vollkommen kapiert habe. Wahr¬
haftig er dachte nicht an den Tod. Allerdings dürfte es sich ja so verhalten, daß
man in einem gewissen Alter wieder aufhört an den Tod zu denken.“
Der Arzt war ins Nebenzimmer getreten. Hier konnte er es wohl wagen, sich
seine Zigarette anzuzünden. Es berührte ihn eigentümlich, gespensterhaft geradezu,
als er auf dem Schreibtisch, in der bronzenen Schale, weiße Asche liegen sah.
Warum bleib ich eigentlich noch da, dachte er, indem er sich auf dem Sessel vor
dem Schreibtisch niederließ. Ich hätte am ehesten das Recht fortzugehen, da ich
doch offenbar nur als Arzt gerufen wurde. Denn mit unserer Freundschaft war
es nicht weit her. In meinen Jahren, dachte er weiter, ist es für einen Menschen
meiner Art wohl überhaupt nicht möglich, mit einem Menschen befreundet zu sein,
der keinen Beruf hat, ja der niemals einen hatte. Wenn er nicht reich gewesen
wäre, was hätte er wohl angefangen? Wahrscheinlich hätte er sich der Schrift¬
stellerei ergeben; er war ja sehr geistreich. — Und er erinnerte sich mancher bos¬
haft=treffenden Bemerkung des Junggesellen, insbesondere über die Werke ihres
gemeinsamen Freundes, des Dichters.