I, Erzählende Schriften 19, Die Weissagung (Hexerei), Seite 4

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19. Die
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2
G l. österr. behärdl. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitts
Wien, I., Concordtaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Mueljenangabe ohns Gewähr.)
Tagsounio aus Mühron und Schlenen

iAusschnitt aus:
Brünn.
vom:
#Abendblatt

Nölbert Falt: „Schatzkammer.“ (Berlin und Wien,
Verlag von Ullstein & Ko.) Dieses Werk kann wahrhaft als
ein Volksbuch bester Art bezeichnet werden. Nicht sein bil¬
liger Preis — 3 Mark für einen prächtig eingebundenen,
mit vielen Illustrationen versehenen, 600 Seiten starken
Band — macht es dazu, sondern sein Inhalt, eine sorgfältige
Auslese der besten Erzählungen, Novellen und größerer
Bruchstücke laus Romanen und epischen Gedichten der Welt¬
literatur. Und kein Titel ist für dieses Buch passender, als
Schatzkammer. Denn es ist wahrlich ein mit erlesensten gei¬
stigen Schätzen angefüllter Schrein, in dem es von Gold
echter Dichtung und Juwelen der Erzählerkunst aller
Völker und Zeiten hundertfältig schimmert. Es gibt keinen
Zweig der erzählenden Kunst, der'nicht in diesem Buche mit
den trefflichsten Beiträgen vertreten wäre. Aber nicht bunk
sund willkürlich ist der Inhalt verstreut; durch die Anord¬
nung nach Zeiten und Völkern wird ein Bild der Entwick¬
lung der Erzählungskunst gegeben und in einer langen und
farbenbunten Reihe bewegt sich der Zug der Romane, No¬
vellen und Geschichten in Prosa und Vers von Italien, dem
Mutterlande der modernen Novelle, aus, über Griechenland
ach dem Orient und von dort über Rußland, Polen, Un¬
garn, Frankreich und Spanien nach England; von da wieder
nach Skandinavien, um in Deutschland zu schließen. Da
tauchen die düsteren Erscheinungen aus Dantes göttlicher
Komödie aus, sizilianisches Feuer sprüht aus dem Eifer¬
suchtsdrama von Vergas Cavalleria Rusticana und Gabriele
d'Annunzio führt zwei der ergreifendsten Gestalten vor.
Aus dem Orient tauchen die Märchenbilder der „Tausend
und eine Nacht“ auf, die holde Ruth der Bibel erlebt ihr
„Glück und aus dem bizarren Treiben der chinesischen Welt
tänzelt eine amüsante Geschichte daher. Dann kommt Tolstoi
mit einer Erzählung aus dem dunkelsten Rußland, der Pole
Henryk Sienkiewicz erzählt eine launige Humoreske und
Franz Molnar, der ungarische Dichter des „Teufel“ gibt
eine Probe seines schönen Talentes. Unter den Erzählern
Frankreichs stehen Voltaire, Mérimée mit seiner pracht¬
vollen „Carmen“ obenan, dann folgt der große Balzac mit
einer seiner schönsten Erzählungen, Zola mit seinem Mei¬
sterwerk „Germinal“ und Maupassant mit einer seiner fein¬
sten Arbeiten obenan. Für Spanien tritt Cervantes mit
einer feinironischen Geschichte ein, und England wird von
hn Milton („Das verlorene Paradies“), vom unsterb¬
Dickens mit der schönsten Weihnachtsgeschichte, von
hard Kipling, dem Dschungl=Dichter, vertreten und die
ikaner geben ihren Wasbington Irving („Rip van
kle“) und den genialen Poc. Prachtvolle Beiträge von
Tégner, Benrinl Ibsen mit seiner graßen Ballada #n Kaut#

jörnson und der Däne Jacobsen bilden
schland. Hier
Mei
dem Liebesepos
s folgt das Vo
der Rolandsknappe
oethes „Hermann und
führen
on der Romant
zehnte Jahrundert hinüber,
„Peter Schlemihl“ Chamissos, der Märchenkunst Mörickes,
der düsteren Kunst von Otto Ludwigs Roman „Zwischen
Himmel und Erde“ dem lustigen Lachen Fritz Reuters, dem
hellen Klange von Scheffels „Trompeter von Säkkingen“
und dem Schlachtenlärm der Kriegserzählungen von Theodor
Fontanes erfüllt ist. Roseggers steirische Bauern zeigen sich
in ihrer ganzen Lustigkeit, Paul Heyse steuert eine seiner
schönsten Novellen: „Die Einsamen“ bei, Friedrich Spiel¬
hagen, der Altmeister des deutschen Zeitromanes, gibt seine
Erzählung „Breite Scultern“ der Schweizer Konrad Ferd.
Meyer erzählt die düster=ernste Geschichte vom „Pilger und
der Sarazenin“ Marie Ebner=Eschenbach die Geschichte von
der „Großmutter“. Die Modernen werden von dem freien
Jungwiener Axtur
itzler mit seiner fesselnden Novelle:
„Die Weissagun von De#e v. Lilieneron mit den packen¬
den Bildern des „Brandes von Altona“ von Otto Ernst,
Klara Viebig, mit einer erschütternd komischen Bauern¬
geschichte von Ludwig Thoma vertreten. Mühelos lernt der
Leser die besten Kapitel der schönsten Werke der Welttite¬
ratur und dadurch diese selbst kennen. Und als künstlerische
Beigabe von Wert sprechen die vielen prächtigen Illustratio¬
nen, die nach berühmten Werken alter Meister und nach
modernen Zeichnungen reproduziert sind. So repräsentiert.
sich Norbert Falks „Schatzkammer“ als ein echtes Hausbuch
für junglund alt, das die denkbar beste Gabe fün den Wein¬
nachtstisch ist.