I, Erzählende Schriften 11, Frau Bertha Garlan. Roman, Seite 6

Frau Bertha Garl
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I1. Auusehcne SarTan
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Die 27. Fortsetzung des Romanes „Die beiden Väter“
ein sehr vorübergehendes: mehrere Theatergrößen, ernsthaft!
Zuvr
von Georges Ohnet befindet sich auf Seite 15.
und ironisch behandelt, fesche Lieutenante, Talmi=„Gawliere“.
im Einze
und echte Magnaten. Damit das moralische Element nicht
lediglich, al
fehlt, auch ein braver Schullehrer aus der Vorstadt mit
herzuhalte
SFeuilleton.
bitten. Vi
einem braven Weiberl, und im Hintergrunde die Familie
des aristokratischen Wohlthäters — Styl und Weltauschauung
war inst
20 Wiener Geschichten.
trennen die Autoren beträchtlich von einander, aber von
Unicum

Wiener Literatur ist kein übler Exportartikel. Der
dem gleichen Stoffe können sie nicht loskommen, ob sie
ratur,
Norddeutsche, der sonst auf den Oesterreicher ein wenig
nun ein verzeihendes Lächeln oder ein finsteres Stirn¬
schen
von oben herabblickt, räumt doch dem südostdeutschen Bruder
runzeln für die Objecte ihrer Schilderung haben.
gerne einige künstlerische Vorzüge ein, als welche er weiche
Mit dieser Zusammenstellung von Romanen und No¬
Grazie, südliche Sinnenfreudigkeit und holden Leichtsinn
vellen soll nicht eine Art vorwegnehmender Kritik an ihnen
geübt sein. Am Ende ist ja der Stoff nicht ausschlaggebend
gelten lassen will. So haben die staatsstolzen Römer dem
Novelle
kleinen Griechen, dem Gracculus, eine Art Tanzmeister¬
für den Werth eines Kunstwerkes, und am vergriffensten
mit oh
Monopol zugestanden und dabei das Gefühl der eigenen
Sujet kann sich ein Meister bewähren. Sie sind auch gar
Würde nur um so höher genossen. Und wie der decadente
nicht schlecht, diese Wiener Geschichten, sondern lesen
Studi
Grieche sich das zweifelhafte Compliment gefallen ließ —
recht angenehm, sind sogar spannend, interessant und ste
mu
ein herabgekommener Edelmann dünkt sich sa immer mehr
weise vortrefflich. Der norddeutsche Consument wird
als einen erfolgreichen Plebejer — so scheinen manche
Freude au ihnen haben, und mehr vielleicht noch de
Wiener Literaten auch mit einer gewissen Geftissentlichkeit
Wiener Leser, der ja die Echtheit der Zeichnung nach den des
die Vorzüge zu pflegen, die ihnen nachgerühmt werden.
Originalen controliren kann. Die Autoren haben ihre
wohlverdienien guten Namen und haben sich die Sache
Sie produciren süße Mädel, elegaute Pflasterireter, unver¬
das
stande#e Salondamen und waghalsige Turfjünglinge in
auch diesmal nicht leicht werden lassen, sondern viel Mühe
kani
holder Abwechslung; etwas Praterstimmung, etwas Fiaker¬
und Fleiß auf die Arbeit verwendet. Jeder läßt sei
specielle Kunst spielen, J. J. David die feine Stimn
humor und etwas sentimentale Moral werden zugesetzt,
malerei, Arthur Schnitzler die psychologische Analys
und der Wiener Roman, die Wiener Stizze ist fertig,
fertig für die Verpackung nach dem Norden, wo der
v. Schönthan den flotten Vortrag. Ob die beiden
Gaumen schon lüstet nach der exotischen Speise. Ursprünglich
genannten, die ja als Künstler ganz erust genomme
abstrahirt von der fertigen Production, wirkt der Begriff
wollen, gerade die jetzt erschienenen Werke für ihre
nun suggestiv auf die Producenten. Man macht Wiener
tendsten halten lassen wollen, mag dahingestellt bl
Literatur, wie man Wiener Schuhe macht, nach einem
ihre Persönlichkeitsmarke weisen sie jedenfalls auf.
eleganten, wohleingeführten Leisten.
than ist sogar über die Grenzen, die er sich sonst
Es liegen augenblicklich wieder ein paar Wiener Ge¬
hinausgegangen und hat einen ganzen, wohlver
Roman mit Haupt= und Nebenhandlungen geliefer
schichten vor, die in den allerletzten Monaten auf den
Markt gekommen sind. Ungleich an Qualität und Prätention, dem ihm eigenen Humor, aber gar nicht ohne Kraf
haben sie doch das Eine gemeinsam, daß sie wohlbekannte Sicherheit. Die Lese ist alse nicht übler gerathen als
Wiener Figuren in wohlbekannten Situationen zeigen. andermal; sie kann demnach wol als Substrat dienen
Zweimal die unbefriedigte Dame der es in einem Falle eine Feststellung des Wesens der Wiener Production im
gelingt, ein dauerndes — eheliches — Verhältniß zu dem Allgemeinen und auch für den Hinweis auf Einiges, was aus,
Liebhaber ihrer Wahl zu erlangen, im andern Falle nur dem edlen Gewächse mangelt.
1 bewährten