rrUPrCeI. U. r
in die Direction des deutschen
Milwaules,
und Herrn Garl Raché dem Violinisten Herrn Hans
Theaters in St. Louis eingetreten ist, hat diese
Strey, dem Cellisten Herrn Fritz Grosse und Herrn
Bühne wieder einen Aufschwung genommen. Die
Hans=Gentzel. Der Eintritt ist frei.
Saison 1900/1901 im „Olympia=Theater“ hat dank
*
der energischen Thätigkeit Welb's künstlerisch und
pecuniär Erfolg gehabt. Für die nächstjährige Spiel¬
zeit haben die Directoren Heinemann und Welh
das „Germania=Theater“, die alte Heimstätts
Die große Kunstausstellung des literarischen
deutscher Schauspielkunst in St. Louis, gepachtet.
Schaffens hat Arthur Schnitzler in diesem
Jahre mit einem kleinen Studienkopf und mit einem
Wir werden um die Aufnahme folgender Be¬
monumentalen Historienbilde zugleich beschickt. An¬
richtung ersucht: „Ich einer Besprechung: „Die
pruchslos blickt die Portraitskizze „Frau Bertha
Belebung des Ballets“ in Ihrem geschätzten
Garlan“ aus ihrem bescheidenen Rahmen. Weithin
Blatte, wird auch mein Name freundlichst erwähnt
aber leuchten und glühen die Farben in jener Dar¬
und lassen Sie mich sogar zum Weinreisenden avancieren.
stellung aus italienischer Vorzeit, im „Schleier der
Als namhafter Orchesterdirigent, sowie erfolgreicher
Beatrice". Fackellicht schimmert mit grellem
Componist, also zur Genüge beschäftigt, ist mir bisher
Flackern über einem tollen Bacchanal. Tauzende
noch keine Minute Zeit geblieben, auch nur daran zu
Paare huschen in brünstiger Umarmung über den
denken, eine Flasche Wein zu verkaufen. Mit aller
Rasen. Vorn aber, zwischen den Säulen der Schlo߬
Hochachtung ergebenst Rich. Eilenberg, Musik¬
terrasse steht eine bleiche, kindliche Sünderin im bräut¬
director und Componist.“ (Wir bedauern aufrichtig,
lichen Kleid vor ihren Richtern.
daß der betreffende Mitarbeiter Herrn Eilenberg zum
In solch plastischem Bilde prägt sich Schnitzler's
Weinreisenden gemacht hat, freuen uns aber, daß der
neue Verstragödie, auch ohne die Eselsbrücke des
freundliche Berichtiger sich selbst einen „namhaften
Bühneneindrucks, dem Leser ein. Duch nicht minder
Orchesterdirigenten sowie erfolgreichen Componisten“
deutliche Spuren hinterlassen in seinem Gedächtniß die
nennt. Jeder kennt sich selbst am Besten. Die Red.)
nachdenklichen Züge jener Frau Bertha, deren beseeltes
Bildniß der Dichter mit dem allzu gewichtigen Titel:
Roman in die Welt schickt. (Beide Bände im Verlag
Shakespeare war, um seiner Kunst zu dienen,
von S. Fischer in Berlin.) Fast will es sogar bei
nichts zu hoch, nichts zu gering. — Er schöpfte Bilder,
längerer Betrachtung scheinen, als übe dieses Einzel¬
Vorstellungen, Gedanken, Erklärungen aus allen
portrait einen nachhaltigeren Eindruck als die bunte
Quellen. Was sich in seinen Werken nicht wider¬
Gestaltenfülle im Bologneser Park aus. Als über¬
spiegelt, existirte nicht für für ihn. — An erster Stelle
träfe die leichte Skizze das stattliche Costumbild an
müssen wir, nach einer interessanten, aber in ihren
inneren Werth. Ein solcher Schluß aber wäre vor¬
Folgerungen wohl zu weit gehendrn Zusammenstellung
eilig, mag auch die stille Episode aus einem Frauen¬
die wir in den „Hamb. Nachr.“ finden, annehmen, daß
leben die zerflatternde Pracht des Dramas in ihrer
der kein Kartenspieler war.
— Er spielt nur
strengeren Concentration überragen. Denn bald genug
selten auf Karten an und spricht von ihnen wie Jemand,
macht der Beschauer die Entdeckung, daß ihn wieder
dem sie ungewohnt und gleichgiltig sind. — Die Stellen,
einmal die äußeren Dimensionen eines Kunstwerks
wo er sie erwähnt, sind so wenig, daß wir sie aus¬
in die Irre geführt haben. Wohl scheint die Anlage
führlich wiedergeben.
der Menschenstudie Frau Bertha Garlan“ in ihrem
„Hab' ich die besten Karten nicht zum Sieg?“ (König
Johann, Act 5, Scene 2.)
einengenden Verzicht auf geräuschvolle Lebens¬
„Sie hat mit Caesar, die Karten mischend u. s. w.“
katastrophen skizzenhaft. Ihre Ausführung
(Antonius und Kleopatra, Act 4, Scene 12.)
offenbart indessen eine so emsige, eindringliche Sorg¬
„So wahr ’ne Karte je den Satz gewann.“ (Titus An¬
falt motivirender Ueberzeugungskraft, wie sie dem
dronicus, Act 5. Scenc 1.)
kühneren Wurf der Tragödie nicht zu Gute kommen
Weiter giebt es keine auf das Kartenspiel bezüg¬
konnte. Ein freierer und leichterer Zug durchweht
lichen Anspielungen und so kann nur einer schreiben,
das Renaissancedrama vom „Schleier der Beatriee“.
der überhaupt nur weiß, daß Karten existiren.
Dem rauschenden Leben einer Zeit bietet es einen
Nur zweimal spielte er auf ein Lieblingsspiel seiner
bedeutsameren Spielraum als der karg abgesteckte
Zeit (primero) an:
Daseinsausschnitt der „Frau Bertha Garlan“. Aber
„Ich ließ ihn beim primero mit Herzog Suffolk.“
in der Durchführung seiner künstlerischen Absichten
(Heinrich VIII., Act 5, Scene
1.)
scheint das Monumentalwerk skizzenhafter als die
„Mein Stern ist gewichen, seit ich beim primero falsch
Portraitstudie.
geschworen.“ (Lustige Weiber, Act 4, Scene 5.)
Primero, eine Art Piquet=trump, oder Ruff, der
Denn der Dichter, der das unscheinbare Thema
Vorläufer von Whist und Gleck, waren die
dieses Romans so liebevoll zu Ende spann, ist ein
zu
gelehriger Schüler moderner, psychologisch vertiefter
Shakespeare's Zeiten beliebtesten Kartenspiele
Erzählungskunst. Schon einmal, in seiner Novelle
England. Aber in seiner Jugendzeit war das Karten¬
Sterben“, wandelte er die Pfade der großen russischen
spielen, mit Ausnahme von Weihnachten, auf die
Aureger. Doch diesem ersten Versuch gegenüber
höheren Gesellschaftsklassen beschränkt. Die um diese
beheutet „Frau Bertha Garlan“ einen Fort¬
Zeit beliebten kindlichen albernen Spiele, wie „noddy“
schritt. Einen Fortschritt vor Allem in der Ueber¬
und „beggar my neighbours“ hatten keinen Reiz für
windung der Monotonie, der schlimmsten Gefahr aller
ihn und diesem Umstande, sowie einer natürlichen
seelenerhellenden Lebensstudien. Dem Leser freilich,
Abneigung gegen alle Glücksspiele müssen wir seine
der „sich bewahrt die kindlich reine Seele“ der noch
Unkenntniß des Kartenspielens zuschreiben.
immer wie bei der Indianer=Lectüre nach Spannung
Shakespeare war auch kein Würfler. Er erwähnt
lechzt, ihm oird auch dieses neue Buch nichts bieten.
diesen Zeitvertreib hier und dort, aber er gebraucht
Denn auf einem Seitenraum, der für achtzehn Ehe¬
niemals einen der derben, den Dramatikern derselben
brüche, sieben Duelle und dreiunddreißig Entführungen
Zeit geläufigen Kunstausdrücke.
Kartenspiel und
ausreichen könnte, geht nichts weiter vor, als das
Würfellust kamen in England erst mit den Stuarts
Wieder=Erwachen jugendlicher Liebessehnsucht in einer
in rechten Fluß, und mit ihnen ein allgemeiner
kleinstädtischen Wittwe. Mit peinlichster Sorgfalt ist
Wechsel der Anschauungen und Sitten. Shakespeare
dieser seelische Proceß in den Vordergrund des Inter¬
sah nur die Eröffnungsscenen dieses neuen Dramas
des Volkslebens.
esses gerückt. Bewußt oder unbewußt ist „Frau Bertha
Garlan“ von ihrem Dichter aus dem Kreise ihrer
Wir finden nirgends eine Andeutung, daß Shake¬
Lebensgenossen herausgelöst worden.
Fast scheint es,
speare Brettspiele gekannt habe. Sicher ist, daß er
als habe hier ein Künstler den — Isolirschemel zum
kein Schachspieler war. Das einzige Mal, wo Schach
Werkzeug der poetischen Darstellung erhoben.
erwähnt wird. findet sich im „Sturm“ (Act 5, Scene 1),
Denn
auf alle schon ein wenig verbrauchten Künste
der
wo Ferdinand und Miranda in Prosperos Hütte
Milien=Schilderung verzichtet dieser Roman.
Die
Schach spielen und Miranda sagt: „Lieber Herr, Sie
ein
Kleinstadt, in der Frau Garlau lebt, bleibt uns
spielen falsch.“ Kein Schachspieier würde einer anderen
Ort ohne rechte Physiognomie. Die Hauptstadt, in
Person eine solche Redensart in den Mund legen,
#e ihre Sehnsucht treibt, ist Wien. Aber wenn wir
denn beim Schach giebt es bekanntlich kein Falschspiel,
statt Volksgarten und Votivkirche Hydepark und Tower
für einen Kenner wäre es leicht gewesen, einen scherz¬
setzen, so könnte es eben so gut London sein. Von der
haften technischen Ausdruck für die beiden Liebenden
national österreichischen Lebenslust, die Hermann
zu finden.
Bahr neuerdings mit so possirlichem Eifer verlangt,
Vom „Tennis“ scheint er etwas gekannt zu haben,
ist in dieser Schöpfung eines der reichsten Wiener
aber er liebte es nicht, als französische Erfindung. In
Talente nichts zu spüren.
Heinrich VIII. (Act 1, Scene 3) fordert er die fremden
Doch um die Concentration immer mehr zu steigern,
Höflinge auf, „gänzlich abzuthun den Aberglauben ihres
geht die Dichtung in ihren isolirenden Kunstmitteln
Federballs“.
noch weiter. Wie blasse Schatten erscheinen die Ver¬
Hamlet (Act 2, Scene 1) „Ihr Ausfall beim
wandten und Bekannten, deren engumgrenztes Lebe“
Tennis“
Viel Lärm um nichts (Act 3, Scene 2) „die alte Frau Bertha feilt. Schwager und Schwägerin,
in die Direction des deutschen
Milwaules,
und Herrn Garl Raché dem Violinisten Herrn Hans
Theaters in St. Louis eingetreten ist, hat diese
Strey, dem Cellisten Herrn Fritz Grosse und Herrn
Bühne wieder einen Aufschwung genommen. Die
Hans=Gentzel. Der Eintritt ist frei.
Saison 1900/1901 im „Olympia=Theater“ hat dank
*
der energischen Thätigkeit Welb's künstlerisch und
pecuniär Erfolg gehabt. Für die nächstjährige Spiel¬
zeit haben die Directoren Heinemann und Welh
das „Germania=Theater“, die alte Heimstätts
Die große Kunstausstellung des literarischen
deutscher Schauspielkunst in St. Louis, gepachtet.
Schaffens hat Arthur Schnitzler in diesem
Jahre mit einem kleinen Studienkopf und mit einem
Wir werden um die Aufnahme folgender Be¬
monumentalen Historienbilde zugleich beschickt. An¬
richtung ersucht: „Ich einer Besprechung: „Die
pruchslos blickt die Portraitskizze „Frau Bertha
Belebung des Ballets“ in Ihrem geschätzten
Garlan“ aus ihrem bescheidenen Rahmen. Weithin
Blatte, wird auch mein Name freundlichst erwähnt
aber leuchten und glühen die Farben in jener Dar¬
und lassen Sie mich sogar zum Weinreisenden avancieren.
stellung aus italienischer Vorzeit, im „Schleier der
Als namhafter Orchesterdirigent, sowie erfolgreicher
Beatrice". Fackellicht schimmert mit grellem
Componist, also zur Genüge beschäftigt, ist mir bisher
Flackern über einem tollen Bacchanal. Tauzende
noch keine Minute Zeit geblieben, auch nur daran zu
Paare huschen in brünstiger Umarmung über den
denken, eine Flasche Wein zu verkaufen. Mit aller
Rasen. Vorn aber, zwischen den Säulen der Schlo߬
Hochachtung ergebenst Rich. Eilenberg, Musik¬
terrasse steht eine bleiche, kindliche Sünderin im bräut¬
director und Componist.“ (Wir bedauern aufrichtig,
lichen Kleid vor ihren Richtern.
daß der betreffende Mitarbeiter Herrn Eilenberg zum
In solch plastischem Bilde prägt sich Schnitzler's
Weinreisenden gemacht hat, freuen uns aber, daß der
neue Verstragödie, auch ohne die Eselsbrücke des
freundliche Berichtiger sich selbst einen „namhaften
Bühneneindrucks, dem Leser ein. Duch nicht minder
Orchesterdirigenten sowie erfolgreichen Componisten“
deutliche Spuren hinterlassen in seinem Gedächtniß die
nennt. Jeder kennt sich selbst am Besten. Die Red.)
nachdenklichen Züge jener Frau Bertha, deren beseeltes
Bildniß der Dichter mit dem allzu gewichtigen Titel:
Roman in die Welt schickt. (Beide Bände im Verlag
Shakespeare war, um seiner Kunst zu dienen,
von S. Fischer in Berlin.) Fast will es sogar bei
nichts zu hoch, nichts zu gering. — Er schöpfte Bilder,
längerer Betrachtung scheinen, als übe dieses Einzel¬
Vorstellungen, Gedanken, Erklärungen aus allen
portrait einen nachhaltigeren Eindruck als die bunte
Quellen. Was sich in seinen Werken nicht wider¬
Gestaltenfülle im Bologneser Park aus. Als über¬
spiegelt, existirte nicht für für ihn. — An erster Stelle
träfe die leichte Skizze das stattliche Costumbild an
müssen wir, nach einer interessanten, aber in ihren
inneren Werth. Ein solcher Schluß aber wäre vor¬
Folgerungen wohl zu weit gehendrn Zusammenstellung
eilig, mag auch die stille Episode aus einem Frauen¬
die wir in den „Hamb. Nachr.“ finden, annehmen, daß
leben die zerflatternde Pracht des Dramas in ihrer
der kein Kartenspieler war.
— Er spielt nur
strengeren Concentration überragen. Denn bald genug
selten auf Karten an und spricht von ihnen wie Jemand,
macht der Beschauer die Entdeckung, daß ihn wieder
dem sie ungewohnt und gleichgiltig sind. — Die Stellen,
einmal die äußeren Dimensionen eines Kunstwerks
wo er sie erwähnt, sind so wenig, daß wir sie aus¬
in die Irre geführt haben. Wohl scheint die Anlage
führlich wiedergeben.
der Menschenstudie Frau Bertha Garlan“ in ihrem
„Hab' ich die besten Karten nicht zum Sieg?“ (König
Johann, Act 5, Scene 2.)
einengenden Verzicht auf geräuschvolle Lebens¬
„Sie hat mit Caesar, die Karten mischend u. s. w.“
katastrophen skizzenhaft. Ihre Ausführung
(Antonius und Kleopatra, Act 4, Scene 12.)
offenbart indessen eine so emsige, eindringliche Sorg¬
„So wahr ’ne Karte je den Satz gewann.“ (Titus An¬
falt motivirender Ueberzeugungskraft, wie sie dem
dronicus, Act 5. Scenc 1.)
kühneren Wurf der Tragödie nicht zu Gute kommen
Weiter giebt es keine auf das Kartenspiel bezüg¬
konnte. Ein freierer und leichterer Zug durchweht
lichen Anspielungen und so kann nur einer schreiben,
das Renaissancedrama vom „Schleier der Beatriee“.
der überhaupt nur weiß, daß Karten existiren.
Dem rauschenden Leben einer Zeit bietet es einen
Nur zweimal spielte er auf ein Lieblingsspiel seiner
bedeutsameren Spielraum als der karg abgesteckte
Zeit (primero) an:
Daseinsausschnitt der „Frau Bertha Garlan“. Aber
„Ich ließ ihn beim primero mit Herzog Suffolk.“
in der Durchführung seiner künstlerischen Absichten
(Heinrich VIII., Act 5, Scene
1.)
scheint das Monumentalwerk skizzenhafter als die
„Mein Stern ist gewichen, seit ich beim primero falsch
Portraitstudie.
geschworen.“ (Lustige Weiber, Act 4, Scene 5.)
Primero, eine Art Piquet=trump, oder Ruff, der
Denn der Dichter, der das unscheinbare Thema
Vorläufer von Whist und Gleck, waren die
dieses Romans so liebevoll zu Ende spann, ist ein
zu
gelehriger Schüler moderner, psychologisch vertiefter
Shakespeare's Zeiten beliebtesten Kartenspiele
Erzählungskunst. Schon einmal, in seiner Novelle
England. Aber in seiner Jugendzeit war das Karten¬
Sterben“, wandelte er die Pfade der großen russischen
spielen, mit Ausnahme von Weihnachten, auf die
Aureger. Doch diesem ersten Versuch gegenüber
höheren Gesellschaftsklassen beschränkt. Die um diese
beheutet „Frau Bertha Garlan“ einen Fort¬
Zeit beliebten kindlichen albernen Spiele, wie „noddy“
schritt. Einen Fortschritt vor Allem in der Ueber¬
und „beggar my neighbours“ hatten keinen Reiz für
windung der Monotonie, der schlimmsten Gefahr aller
ihn und diesem Umstande, sowie einer natürlichen
seelenerhellenden Lebensstudien. Dem Leser freilich,
Abneigung gegen alle Glücksspiele müssen wir seine
der „sich bewahrt die kindlich reine Seele“ der noch
Unkenntniß des Kartenspielens zuschreiben.
immer wie bei der Indianer=Lectüre nach Spannung
Shakespeare war auch kein Würfler. Er erwähnt
lechzt, ihm oird auch dieses neue Buch nichts bieten.
diesen Zeitvertreib hier und dort, aber er gebraucht
Denn auf einem Seitenraum, der für achtzehn Ehe¬
niemals einen der derben, den Dramatikern derselben
brüche, sieben Duelle und dreiunddreißig Entführungen
Zeit geläufigen Kunstausdrücke.
Kartenspiel und
ausreichen könnte, geht nichts weiter vor, als das
Würfellust kamen in England erst mit den Stuarts
Wieder=Erwachen jugendlicher Liebessehnsucht in einer
in rechten Fluß, und mit ihnen ein allgemeiner
kleinstädtischen Wittwe. Mit peinlichster Sorgfalt ist
Wechsel der Anschauungen und Sitten. Shakespeare
dieser seelische Proceß in den Vordergrund des Inter¬
sah nur die Eröffnungsscenen dieses neuen Dramas
des Volkslebens.
esses gerückt. Bewußt oder unbewußt ist „Frau Bertha
Garlan“ von ihrem Dichter aus dem Kreise ihrer
Wir finden nirgends eine Andeutung, daß Shake¬
Lebensgenossen herausgelöst worden.
Fast scheint es,
speare Brettspiele gekannt habe. Sicher ist, daß er
als habe hier ein Künstler den — Isolirschemel zum
kein Schachspieler war. Das einzige Mal, wo Schach
Werkzeug der poetischen Darstellung erhoben.
erwähnt wird. findet sich im „Sturm“ (Act 5, Scene 1),
Denn
auf alle schon ein wenig verbrauchten Künste
der
wo Ferdinand und Miranda in Prosperos Hütte
Milien=Schilderung verzichtet dieser Roman.
Die
Schach spielen und Miranda sagt: „Lieber Herr, Sie
ein
Kleinstadt, in der Frau Garlau lebt, bleibt uns
spielen falsch.“ Kein Schachspieier würde einer anderen
Ort ohne rechte Physiognomie. Die Hauptstadt, in
Person eine solche Redensart in den Mund legen,
#e ihre Sehnsucht treibt, ist Wien. Aber wenn wir
denn beim Schach giebt es bekanntlich kein Falschspiel,
statt Volksgarten und Votivkirche Hydepark und Tower
für einen Kenner wäre es leicht gewesen, einen scherz¬
setzen, so könnte es eben so gut London sein. Von der
haften technischen Ausdruck für die beiden Liebenden
national österreichischen Lebenslust, die Hermann
zu finden.
Bahr neuerdings mit so possirlichem Eifer verlangt,
Vom „Tennis“ scheint er etwas gekannt zu haben,
ist in dieser Schöpfung eines der reichsten Wiener
aber er liebte es nicht, als französische Erfindung. In
Talente nichts zu spüren.
Heinrich VIII. (Act 1, Scene 3) fordert er die fremden
Doch um die Concentration immer mehr zu steigern,
Höflinge auf, „gänzlich abzuthun den Aberglauben ihres
geht die Dichtung in ihren isolirenden Kunstmitteln
Federballs“.
noch weiter. Wie blasse Schatten erscheinen die Ver¬
Hamlet (Act 2, Scene 1) „Ihr Ausfall beim
wandten und Bekannten, deren engumgrenztes Lebe“
Tennis“
Viel Lärm um nichts (Act 3, Scene 2) „die alte Frau Bertha feilt. Schwager und Schwägerin,