Bästzers
—
Ertan
S
—
Gegründet 1896 von k. u. k. Hauptmann Alphons Danzer.
Tbonnements=Bedingungen:
Repaction und Tdministration:
Ganzjährig
K 24 = 24 Mark. Herausgeber und Chefredacteur: Carl M. Danzer. IX. Prechtlgasse Nr. 7.
Halbjährig
„12= 12 „
Redacteur des wissenschaftlichen Theiles: F. u. k. Major A. Pichler.
Vierteljährig
„ 6 = 6 „
Sprechstunden an Wochentagen von
Erscheint jeden Donnerstag.
Einzelne Rummern 50 Heller.
halb 3 ois halb 5 Uhr Nachmittags.
In Commission bei Wilh. Braumüller & Sohn, k. u. k. Hof= und Universitätsbuchhandlung,
Wien, I. Graben 21.
Nr. 28.
Wien, 11. Juli 1901.
VI. Jahrgang.
Inhalt: Siantesehr. — Die kanze als Mass der Reierei. Von Mareus von Gzerlien, I. . 1. Gmerimaser. Gorstsuna.)—
Die „Rangliste der
königlich preußischen Armee“ im Vergleich mit unserem Schematismus“.
Militärische Nachrichten. — Wochen¬
Die Wahrheit über 1870.
chroyik. — Feuilleton: Wiener Rundgänge. Von Roda=Roda. — Literatur. — Inserate. — Hiezu die Beilage: Sport und Armee.
Strafgerichte nicht von Vorurtheilen frei, Geschworene fanatisch und
7
Standesehre.
staatliche Justiz im höchsten Grade in Gefahr. Ist der Vulcan
(Epilog zur „Affaire Schnitzler“.)
jedoch, je nach der mehr oder weniger kräftigen künstlichen
2
Die Maßregelung des Dr. Arthur Schnitzler durch den
Speisung, zum Schlusse ausgebrannt, dann fallen plötzlich alle
Officiersehrenrath — wegen Veröffentlichung seiner Novelle „Lieute¬
durch denselben aufgerollten, angeblich vitalen Fragen in die frühere,
hier normale Lethargie zurück.
nant Gustl“ in der Weihnachtsnummer 1900 der „Neuen Freien
Presse“ — ließ die in= und ausländische Tagespresse nur sehr schwer
Wenn ich nun — all dem zum Trotz — es dennoch
unternehme auf einen der erwähnten Fälle näher einzugehen, so
zur Ruhe kommen. Diese Thatsache ist bezeichnend. Jede sachliche
Erörterung der Mängel unseres Militär=Strafprocesses und ehren¬
thue ich dies in der Erwägung, daß der ganz specielle Leserkreis
eines militärischen Fachblattes für sachliche Erörterungen auch minder
räthlichen Verfahrens und der für beide nöthigen Reform begegnet
hoffnungslos nur tauben Ohren, und alle Zeit und Mühe ist ver¬
zugänglicher Disciplinen und Gebiete mehr empfänglich ist, als das
sich nur von seinem Leiborgan der Tagespresse geistig nährende Gros
gebens, unseres Publicums, der Presse oder selbst der Volksvertreter
des Publicums. Ich thue es auch in der Hoffnung, daß auf diesem Um¬
Interesse für die Sache auch nur flüchtig, geschweige denn nach¬
haltig zu fesseln. Nahezu absolute Ignoranz auf diesem ganzen
wichtigen Gebiete unseres socialen Lebens ist die Folge und, wie
denn doch ein wenig Licht und Klarheit in Betreff des gar so
angefeindeten Verfahrens der militärischen Ehrenräthe auch in
leicht begreiflich, gleichzeitig auch wieder eine Hauptursache dieses
breitere Schichten der Gesellschaft dringen werde und daß nicht nit
Mangels an jedwedem sachlichen Interesse. Denn heute, wo
Dr. Arthur Schnitzler seinerzeit auch diese tritische Beleuchtung
Jedermann sich mitten erin im Kampf um seine eigene sociale“
und auch wirthschaftliche Existenz befindet, gebricht es Jedem einfach
spurlos und ganz ohne Nutzen von der Bildfläche verschwinde.
schon an Zeit, sich mit Geschehnissen und Einrichtungen, die nicht
Zunächst der Thatbestand in aller Kürze, insoweit der¬
seine eigene Interessensphäre wenigstens nur mittelbar tangiren,
selbe durch die Tagespresse in die Oeffentlichkeit
näher zu befassen. Und wenn schon der eigene Vortheil gar nicht
gelangte.
mitspielt, müssen menschliches Gefühl, muß Leidenschaft und Schwäche
Am 15. Juni wurde dem Wiener Schriftsteller Dr. Arthur
Schnitzler ein Erlaß des Landwehrcommandos vom 1. Juni zugestellt,
menschlicher Natur durch Vorkommnisse sehr heftig in Bewegung
kommen, um diese auch nur flüchtig wahrzunehmen.
in dem er auf Grund eines Ehrenrathsbeschlusses vom 26. April
Wenn dem Sempronius Incognitus ein allem Scheine
seiner Officierscharge für verlustig erklärt wurde. Der Beschluß sagt,
nach, besonders schweres Unrecht widerfahren, so wird, wenn
daß Dr. Arthur Schnitzler dadurch, daß er als Angehöriger des
Officiersstandes eine Novelle („Lieutenant Gustl“) geschrieben und
überhaupt sich Jemand findet, der den Fall zur allgemeinen
Kenntniß bringt, das große Publicum aus Mitleid und ver¬
veröffentlicht habe, in der die Ehre und das Ansehen der österreichisch¬
ungarischen Armee geschädigt und herabgesetzt werde, sowie dadurch,
letztem Rechtsgefühl, zum Theil noch allenfalls verstärkt durch die
vorhandene Neigung zur Kritik der Thätigkeit des Nebenmenschen,
daß er gegen die persönlichen Angriffe der Zeitung „Reichswehr“
(die eine Kritik über die Novelle veröffentlicht hatte) keinerlei Schritte
zumal wenn dieser Nebenmensch die Macht besitzt, dem Unrecht des
unternahm, die Standesehre verletzt habe. — Dr. Arthur Schnitzler,
Sempronius Incognitus und dessen angeblichen Ursachen für einen
kurzen Augenblick Beachtung schenken, um die Sache aber schon
der zu der Verhandlung des Ehrenrathes persönlich geladen war, ist
der Ladung nicht nachgekommen.
im nächsten Augenblicke gänzlich und mit keinem, selbst auch nur
Auf den übrigens wohl allgemein bekannten Inhalt
geringen Nutzen für die Ursache und ihre Wieiung zu vergessen.
der Novelle Schnitzler's selbst hier näher einzugehen, halte ich —
Hat aber das erwähnte Opfer menschlich fehlbarer Justiz das Glück,
wie dies aus meiner weiteren Erörterung erklärlich werden wird —
als Waffe dienen zu können in dem schier ewigen Kampfe socialer
für ziemlich überflüssig. Es mag genügen, einfach anzudeuten, daß
Classen ums Dasein — dann wird plötzlich aus der flüchtig er¬
Herr Dr. Arthur Schnitzler in der in der „Neuen Freien Presse“
wärmenden Eintagsfliege „Sempronius Incognitus“ der die ganze
veröffentlichten Novelle „Lieutenant Gustl“ eine Denk= und Handlungs¬
Welt in Aufregung versetzende feuerspeiende Vulcan „Dreyfus“
weise eines fingirten Kameraden schildert, welche diesen Kameraden,
„Matassich=Keglevich“, „Hilsner“, beziehungsweise „Ledochowski“,
falls er existirte, des Officierscharakters unwürdig erscheinen ließe.
„Schnitzler“ und wie sie sonst noch Alle heißen. Und insolange donn
Gegen den betreffenden Officiersehrenrath werden nun vor¬
der just in Thätigkeit befindliche Vulcan noch Feuer speit, beförhert
nehmlich zwei Vorwürfe erhoben. Erstens daß sich derselbe das
er mit seiner Lava alles mögliche und unmögliche Angriffsmaterial
ihm nicht zustehende und in seinen Consequenzen unhaltbare Amt
der nationalen, religiösen und socialen Gegensätze und diversen
Classenunterschiede tendenziös zutage. Dann sind — immer aber
einer literarischen Censurbehörde angemaßt habe; wobei zum Theil
auch meritorisch nachzuweisen versucht wird, daß die Novelle
nur für diese Dauer — Militärgerichte, Ehrenräthe und das ganze
„Lieutenant Gustl“ eine Verletzung der Officiersstandesehre nicht
militärische Verfahren unerträglich schlecht, die allgemeinen
PmWert.
—
Ertan
S
—
Gegründet 1896 von k. u. k. Hauptmann Alphons Danzer.
Tbonnements=Bedingungen:
Repaction und Tdministration:
Ganzjährig
K 24 = 24 Mark. Herausgeber und Chefredacteur: Carl M. Danzer. IX. Prechtlgasse Nr. 7.
Halbjährig
„12= 12 „
Redacteur des wissenschaftlichen Theiles: F. u. k. Major A. Pichler.
Vierteljährig
„ 6 = 6 „
Sprechstunden an Wochentagen von
Erscheint jeden Donnerstag.
Einzelne Rummern 50 Heller.
halb 3 ois halb 5 Uhr Nachmittags.
In Commission bei Wilh. Braumüller & Sohn, k. u. k. Hof= und Universitätsbuchhandlung,
Wien, I. Graben 21.
Nr. 28.
Wien, 11. Juli 1901.
VI. Jahrgang.
Inhalt: Siantesehr. — Die kanze als Mass der Reierei. Von Mareus von Gzerlien, I. . 1. Gmerimaser. Gorstsuna.)—
Die „Rangliste der
königlich preußischen Armee“ im Vergleich mit unserem Schematismus“.
Militärische Nachrichten. — Wochen¬
Die Wahrheit über 1870.
chroyik. — Feuilleton: Wiener Rundgänge. Von Roda=Roda. — Literatur. — Inserate. — Hiezu die Beilage: Sport und Armee.
Strafgerichte nicht von Vorurtheilen frei, Geschworene fanatisch und
7
Standesehre.
staatliche Justiz im höchsten Grade in Gefahr. Ist der Vulcan
(Epilog zur „Affaire Schnitzler“.)
jedoch, je nach der mehr oder weniger kräftigen künstlichen
2
Die Maßregelung des Dr. Arthur Schnitzler durch den
Speisung, zum Schlusse ausgebrannt, dann fallen plötzlich alle
Officiersehrenrath — wegen Veröffentlichung seiner Novelle „Lieute¬
durch denselben aufgerollten, angeblich vitalen Fragen in die frühere,
hier normale Lethargie zurück.
nant Gustl“ in der Weihnachtsnummer 1900 der „Neuen Freien
Presse“ — ließ die in= und ausländische Tagespresse nur sehr schwer
Wenn ich nun — all dem zum Trotz — es dennoch
unternehme auf einen der erwähnten Fälle näher einzugehen, so
zur Ruhe kommen. Diese Thatsache ist bezeichnend. Jede sachliche
Erörterung der Mängel unseres Militär=Strafprocesses und ehren¬
thue ich dies in der Erwägung, daß der ganz specielle Leserkreis
eines militärischen Fachblattes für sachliche Erörterungen auch minder
räthlichen Verfahrens und der für beide nöthigen Reform begegnet
hoffnungslos nur tauben Ohren, und alle Zeit und Mühe ist ver¬
zugänglicher Disciplinen und Gebiete mehr empfänglich ist, als das
sich nur von seinem Leiborgan der Tagespresse geistig nährende Gros
gebens, unseres Publicums, der Presse oder selbst der Volksvertreter
des Publicums. Ich thue es auch in der Hoffnung, daß auf diesem Um¬
Interesse für die Sache auch nur flüchtig, geschweige denn nach¬
haltig zu fesseln. Nahezu absolute Ignoranz auf diesem ganzen
wichtigen Gebiete unseres socialen Lebens ist die Folge und, wie
denn doch ein wenig Licht und Klarheit in Betreff des gar so
angefeindeten Verfahrens der militärischen Ehrenräthe auch in
leicht begreiflich, gleichzeitig auch wieder eine Hauptursache dieses
breitere Schichten der Gesellschaft dringen werde und daß nicht nit
Mangels an jedwedem sachlichen Interesse. Denn heute, wo
Dr. Arthur Schnitzler seinerzeit auch diese tritische Beleuchtung
Jedermann sich mitten erin im Kampf um seine eigene sociale“
und auch wirthschaftliche Existenz befindet, gebricht es Jedem einfach
spurlos und ganz ohne Nutzen von der Bildfläche verschwinde.
schon an Zeit, sich mit Geschehnissen und Einrichtungen, die nicht
Zunächst der Thatbestand in aller Kürze, insoweit der¬
seine eigene Interessensphäre wenigstens nur mittelbar tangiren,
selbe durch die Tagespresse in die Oeffentlichkeit
näher zu befassen. Und wenn schon der eigene Vortheil gar nicht
gelangte.
mitspielt, müssen menschliches Gefühl, muß Leidenschaft und Schwäche
Am 15. Juni wurde dem Wiener Schriftsteller Dr. Arthur
Schnitzler ein Erlaß des Landwehrcommandos vom 1. Juni zugestellt,
menschlicher Natur durch Vorkommnisse sehr heftig in Bewegung
kommen, um diese auch nur flüchtig wahrzunehmen.
in dem er auf Grund eines Ehrenrathsbeschlusses vom 26. April
Wenn dem Sempronius Incognitus ein allem Scheine
seiner Officierscharge für verlustig erklärt wurde. Der Beschluß sagt,
nach, besonders schweres Unrecht widerfahren, so wird, wenn
daß Dr. Arthur Schnitzler dadurch, daß er als Angehöriger des
Officiersstandes eine Novelle („Lieutenant Gustl“) geschrieben und
überhaupt sich Jemand findet, der den Fall zur allgemeinen
Kenntniß bringt, das große Publicum aus Mitleid und ver¬
veröffentlicht habe, in der die Ehre und das Ansehen der österreichisch¬
ungarischen Armee geschädigt und herabgesetzt werde, sowie dadurch,
letztem Rechtsgefühl, zum Theil noch allenfalls verstärkt durch die
vorhandene Neigung zur Kritik der Thätigkeit des Nebenmenschen,
daß er gegen die persönlichen Angriffe der Zeitung „Reichswehr“
(die eine Kritik über die Novelle veröffentlicht hatte) keinerlei Schritte
zumal wenn dieser Nebenmensch die Macht besitzt, dem Unrecht des
unternahm, die Standesehre verletzt habe. — Dr. Arthur Schnitzler,
Sempronius Incognitus und dessen angeblichen Ursachen für einen
kurzen Augenblick Beachtung schenken, um die Sache aber schon
der zu der Verhandlung des Ehrenrathes persönlich geladen war, ist
der Ladung nicht nachgekommen.
im nächsten Augenblicke gänzlich und mit keinem, selbst auch nur
Auf den übrigens wohl allgemein bekannten Inhalt
geringen Nutzen für die Ursache und ihre Wieiung zu vergessen.
der Novelle Schnitzler's selbst hier näher einzugehen, halte ich —
Hat aber das erwähnte Opfer menschlich fehlbarer Justiz das Glück,
wie dies aus meiner weiteren Erörterung erklärlich werden wird —
als Waffe dienen zu können in dem schier ewigen Kampfe socialer
für ziemlich überflüssig. Es mag genügen, einfach anzudeuten, daß
Classen ums Dasein — dann wird plötzlich aus der flüchtig er¬
Herr Dr. Arthur Schnitzler in der in der „Neuen Freien Presse“
wärmenden Eintagsfliege „Sempronius Incognitus“ der die ganze
veröffentlichten Novelle „Lieutenant Gustl“ eine Denk= und Handlungs¬
Welt in Aufregung versetzende feuerspeiende Vulcan „Dreyfus“
weise eines fingirten Kameraden schildert, welche diesen Kameraden,
„Matassich=Keglevich“, „Hilsner“, beziehungsweise „Ledochowski“,
falls er existirte, des Officierscharakters unwürdig erscheinen ließe.
„Schnitzler“ und wie sie sonst noch Alle heißen. Und insolange donn
Gegen den betreffenden Officiersehrenrath werden nun vor¬
der just in Thätigkeit befindliche Vulcan noch Feuer speit, beförhert
nehmlich zwei Vorwürfe erhoben. Erstens daß sich derselbe das
er mit seiner Lava alles mögliche und unmögliche Angriffsmaterial
ihm nicht zustehende und in seinen Consequenzen unhaltbare Amt
der nationalen, religiösen und socialen Gegensätze und diversen
Classenunterschiede tendenziös zutage. Dann sind — immer aber
einer literarischen Censurbehörde angemaßt habe; wobei zum Theil
auch meritorisch nachzuweisen versucht wird, daß die Novelle
nur für diese Dauer — Militärgerichte, Ehrenräthe und das ganze
„Lieutenant Gustl“ eine Verletzung der Officiersstandesehre nicht
militärische Verfahren unerträglich schlecht, die allgemeinen
PmWert.