I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 137

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10. Leutnant Gustl
me ee eten entenseaene

Berlinerisch aber ist es, wenn beiläufig um diesebe Zeit
Winterpalast
Friedrich Wilhelm I., der „väterliche Tyrann“, derselbe, der
en Sommer¬
einmal im Zorn einem seiner Untertanen, den Stock über ihn
ger mit ein¬
chwingend, mit den Worten nachlief: „Ihr sollt mich nicht
klledem den
ürchten, Ihr müßt mich lieben... wenn dieser fürsorgliche
lem schwebt,
Monarch dekretiert, daß die Marktweider nicht müßig hinter
ch für Wien,
ihren Waren sitzen dürfen und daß die Hökerinnen monatlich
ebäude aber,
4 Pfund Wollengarn abzuliefern hätten. Und ebenso
gehen aus¬
berlinerisch im guten Sinne ist es, wenn derselbe König an
s I. und die
einen fürstlichen Vertrauten schreibt: „Ich denke Tag und
t das Wien
Nacht darüber nach, wie das schöne Land in florisantten
Abraham
8
Stande kommen kann“, und sich über den „Comerce“ aller¬
n, wenn wir
höchstselbst den Kopf zerbricht. Aber nicht nur über den
Wien. Und
„Comerce“ grübelt dieser musterhafte landesväterliche Haus¬
ter Bosheit
wirt, auch über alle anderen Angelegenheiten seiner Unter¬
Städte aus
tanen, die er bis herunter zu ihren geringsten Lebens¬
geblieben.“
essen Pracht
äußerungen persönlich regeln möchte, führt er eine scharfe und
gewissenhafte Aufsicht. „Mit dem Bau und der Anordnung
ihr Umtiß
der Wohnhäuser, mit der Einrichtung der Wohnungen, mit
Lebensauf¬
lige ein Fest
den Heiraten und der Berufswahl, mit dem Kirchenbesuch,
nerische Lust
der Kleidung und dem Benehmen auf der Straße, mit jeder
ßerhalb des
äußeten und fast auch inneren Einzelheit im Leben seiner
das Vorbild
Bürger befaßt sich dieser wunderliche und wunderbare
n Mummen¬
jenige vorbereitet, was dann als der „fritzische Geist“, die
er, als seine
am, ihr bis
Jahrhunderte überdauert. Vom Geist der Barocke ist da nicht
viel zu spüren, eher vom Geiste des Exerzierreglements, der
verkleidet
seit den Tagen des Großen Kurfürsten Berlin sichtlich über¬
erkete es an
schweht.
Friedrich der Große zieht nur die letzten
uröte, daß
Folgerungen aus schon vorhandenen Ansätzen und verewigt
ie ihn mit
die angebahnte Tradition durch die Macht seines Genius. Er
beschenkt.
beim Einzug
istharkeiten:
anschließend
Autoren diese Kaiserin „die große Wienerin“, und sehr
richtig ist auch die daran geknüpfte Bemerkung, daß der
ümen bei
Genins Wiens weiblich, derjenige Berlins männlich ist.
Interessant ist ferner die Rolle, die bei der entscheidenden
könnte man eber
Prägung der beiden deutschen Reichshauptstädte dem roma¬
wie weit verbreit
nischen Element zufällt. In Wien ist es der spanisch=italie¬
ständnis für Ph
nische Einschlag, im Berlin Friedrichs des Großen der
wagen darf, eine
ranzösische, der die geistige Form der Stadt mitbestimmen
Titel eines der U
hilft. Dort wie hier jedoch schließt er das nationale Selbst¬
Im übrigen erkl
gefühl nicht aus. Friedrich der Große, der Vergötterer
zu ernst zu neht
Voltatres. besiegt die Franzosen bei Roßbach, und Maria
neigung gegen
Theresia, die sich in ihren Briefen der französischen Sprache
einmal gegen de
bedient, schreibt an ihre Tochter, die Königin von Neapel:
„Vergessen Sie nie, daß Sie als Deutsche geboren sind, und
wo es sich un ei
bemühen Sie sich immer, die Eigenschaften zu bewahren, die
Georg Hermani
für naser Volk charakteristisch sind: Güte und Geradheit.“
Gebert“ offenbe
Schnitzler verglic
Auf den einmal gewonnenen Grundlagen baut sich dann
ist ihnen Schn
der Charakter der beiden Städte weiter organisch auf und
Hermann. Und
nimmt in der überragenden Persönlichkeit ihrer größten
des Doktor ##
Söhne geschichtliche Bedeutung an. Sie alle sehen der Mutter
weil „Leutnant
irgendwie ähnlich und die Verfasser werden nicht mude, diese
einzigen Nachtt
Aehnlichkeit von Fall zu Fall aufzuzeigen, um an ihr den
lichkeit, aber d
Gegensatz von Wien und Berlin stets aufs neue zu erörtern.
lungen und ihr
Kleist und Grillpaxzer, Mozart und Lessing, Makart und
Stichhältige
Menzel, das sind so ein paar Beispiele für die vielen, die die
Autoren, bis in die jüngste Gegenwart hinein, sinnreich an¬
wohl nicht sog
asser der Weltg
einanderreiben. In manchen Fällen treffen sie den Nagel auf
den Kopf so zum Beispiel wenn sie die Behauptung auf¬
in dem sie fühl
bekanntlich Sch
stellen, daß die Romantik in Berlin goctheisch, in Wien
Napoleon geschla
katholisch gerichtet war; in anderen, wo sie den kat gorischen
Imperativ Kants demjenigen Bauernfelds entgesenstellen,
und der preußis
iun sie Wien entschieden unrecht. Mag auch Berlin die Stadt
von Leipzig aus
der Philosophie, im Gegensatz zu Wien, der Stadt der Musik,
Schwarzenberg
sein, so hieße es doch ebenso sehr, Berlin nahetreten, wenn
Schulbeispiel ös
man für völlig unmusikolisch hielte, wie es Wien ver¬
Seelenruhe eines
uugumpfen heißt, wenn man es für gänzlich unphilosophisch¬
weiß. Das „es
erklärt. In dieser Richtung aus einem Lustspiel, das mt dem
darin vorweggen
kantischen Begriffe scherzt, irgendweiche Schlüsse zu ziehen,
ment aufgelöst,
ist durchaus unangebracht, und wenn es erlaubt wäre. son soohen erinnert