I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 159

10. Leutnant
Gustl
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„Die Wage.“
körperlichen Strapazes Carrière machen, als im Wege der lang=, hinreichen, um ihn eines Tages als Stabsoffieier zum Diurniste
somen, an gewisse, allgemein giltige Bestimmungen geknüpften Offi¬
bei einer Assecuranzgesellschaft oder, wenn es hoch hergehr
ciersavancements. Die heutige innerpolitische Lage des Staates
bei einer Bank zu befähigen — es wäre denn, daß die Jahres
macht ihren Faisenes (man braucht ihre Namen nur im Staats¬
zahlen von Aspern und Custozza in der That eine Differenzial¬
handluche nachzulesen in der Tha# alle Ehre. und wrnn diese
Reihe dasstellen. Den ritterlichen Orden Maria Theresias an¬
Abstinenz der Hocharistokratie von der militärischen Berufs¬
langend, den Lientenant Demeter immer wieder im Geiste vor
thätigkeit noch eine Weile andauern und sich vielleicht auch
Augen sieht, hat sich der junge Faut offenbar seiner Vorbilder
auf die leitenden Stellen erstrecken würde, die sich ja nach wie
im Schematismus noch nicht genauer angesehen. Es würde
vor in festen Händen befinden, so könnte es geschehen, daß wir
sonst die Phautasie des armen Demeter auf wesentlich andere
den nächsten Krieg einmal — nicht verlieren. Die große Masse
Dinge gerichtet sein.
des Officierscorps aber, der productive Theil der Armee, der
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Wie dem auch sei, Lientenant Gustl oder Lientenant
nicht blés an Frohnleichnamstagen und ähnlichen Festen seine
System Oscar Teuber, die Kriegsverwaltung hat schon längst
Uniform zur Schau trägt, sondern in täglicher, harter Arbeit
darauf verzichtet, eine engere Wahl zu treffen, schon längst
mühselig den Weg der Pflicht wandelt, dieser kommt immer
braucht sie Lientenauts um jeden Preis, schon längst beauftragt
mehr zur Erkenntnis, daß das Evangelium vom ersten und
sie die Truppencommanda#ten, thunlichst viele Reserve=Officiere
ritterlichsten Stande, das in den Militär=Bilbungsanstalten Tag
für den activen Dienst zu aquiriren und sie gelegentlich der
für Tag gepredigt wird, nichts anderes als eitel Geshinker ist,
Waffenübungen in diesem Sinne zu belehren. Und da tritt
daß der Officiersstand im heutigen Oesterreich in Wahrheit
„Lientenmt Gustl“, der active, lebende, in seiner ganzen
eine quamtité négligeable darstellt, durch eine geistlose Dienstes¬
culturhistorischen, staatserhaltenden Bedeutung neben dem ge¬
pedanterie in seiner Denkungsart und freien Meinungsäußerung
wesenen, abgeschiedenen, mythischen des Herrn Teuber in die
ganz widernatürlich beschränkt, aller persönlichen Rechte und
Erscheinung. Nehmt Alles nur in Allem, er ist — unter den
Freiheiten beraubt, in materieller Beziehung aber bedeutend
heutigen Verhältnissen — ein — Lieutenaut! Er gesteht offen
schlimmer situirt, als die Kameraden in der — Türkei.
und ehrlich, daß er eigentlich blutwenig gelernt hat. Seine
Wo in alle Welt gibt es einen „ersten Stand“, der
Schuld ist es ja gewiß nicht. Er braucht sich dessen durchaus
Essigt ist,# obersten Verwaltungsbehörde jahrelang und
nicht zu schämen. Zur Erfüllung seiner gesellschaftlichen und
Aglich die zhpereichende Bemessung seiner Subsistenzmittel
fast in
militärischen Pflichten reicht sein Wissen und Könen vollständig
vorrechnen zu müssen, eie er jene sogenannte Gehaltsaufbesserung
aus. Andernfalls wäre er eben nicht zum Officier würdig be¬
erlangt, wie sie im vorigen Jahre von den Vertretungskörpern
funden worden. Die lockere Lebensauschauung, die aus seinen
unter vollständiger Tyeilnahmslosigkeit des Reichskriegsministers
Reflexionen über sich selbst hervorgeht und sein bis in's Groteske
beschlossen wurde, der erst von einzelnen Vollsde###ten auf
gesteigertes Selbstbewußtsein entspricht eben den ihm in frühester
das Unzureichende, Lächerliche dieser „Gagereguliklng
auf¬
Jugend in den militärischen Elementarschulen eingeimpften
merksam gemacht werden wußte. Wo in aller Welt gibt es
Grundsätzen, kann ihm also gleichfalls nicht zum Vorwurfe
einen ersten Stand, dessen Angehörige noch bis über ihre
gereichen. Er schandert bei dem Gedanken, daß es Officiere
active Dienstzeit hinaus mit jener skrupellosen, wenig ritterlichen
geben könne, welche nicht ausschließlich der Vaterlands¬
Gehässigkeit bedacht werden, wie dies vor einiger Zeit dem
vertheidigung halber zum Militär gehen, und überbietet in
„Vereine der pessionirten Officiere und Militär=Beamten“ seitens
dieser Beziehung sogar das Kriegsministerium, welches
in
des Herrn v. Krieghammer zutheil wurde, der in einem den
seinem Concursausschreiben für die Militär=Erziehungsanstalten
geltenden Staatsgrundgesetzen geradezu hohnsprechenden Erlasse
nicht genng die Vortheile auseinandersetzen kann, die den jungen
die Corpscommanden zu energischer Stellungnahme gegen die
Leuten erwachsen, wenn sie nur recht rasch und zahlreich der
„agitatorische" Thätigkeit dieses Vereines aufforderte. Wir haben
militärischen Laufbahn zugeführt werden. Was endlich
die
2 unbeschadet der politischen Haltung, die wir in Sachen des
Duell=Philosophie des „Lieutenauts Gustl“ betrifft, so sind
Kriegsbudgets einnehmen
mmeine viel zu hohe Meinung von
wir überzeugt, daß auch diese viel weniger Widersprüche ent¬
unserem Officierscorps in seiner Gesammtheit, als daß wir dessen
hält und provocirt, als diejenige, an welcher Herr v. Krieg¬
Intelligenz, Geist und Morai auch nur annähernd nach den Eigen¬
hammer seit nunmehr schön acht Monaten arbeitet und zu
schaften des jetzigen Kriegsministers beurtheilen wollten. Aber wenn
deren Vollendung ihm noch weitere fünf bis sechs Monate
man an der Spitze der Kriegsverwaltung steht, so sollte man der
gegönnt sind, um sodann vor den Delegationen über die Affaire
Socialdemokratie doch nicht allzu eifrig in die Hände arbeiten,
Tacoli=Ledochowski Rede und Antwort zu stehen.
insbesondere wenn es sich um einen Verein handelt, der von den
Neben dem „Nur=Lienteuant“ des Herrn Teuber kann
ihm gesetzlich zustehenden Rechten bisher gar keinen Gebrauch
sich also „Lientenant Gustl“ immerhin sehen lassen, und wenn
gemacht, sich vielmehr auf die Unterstützung bedürftiger Kameraden
die Kriegsverwaltung mit ihren Chikanen gegen das bisher si
beschräukt und mancher Schädigung des militärischen Ansehens
opferfreudige und pflichttreue Officierscorps noch eine Wei
dadurch vorgebeugt hat, daß er den Appell an die öffentliche
fortfährt und die heranwachsende Generation in so eclatants
Mildthätigkeit, wie wir ihn so häufig seitens Officiers=Witwen
Weise vor den Verlockungen des zweifärbigen Tuches abschree
oder =Waisen zu efen bekommen = thunlichst einzuschränken
dean können wir es erleben, daß „Lieutenant Gustl“, der Vi¬
trachtet.
besprochene, Vielverlästerte, gewiß aber im Interesse der Schli
Diese Beobachtungen und Erfahrungen — sie werden
fertigkeit des Heeres Vielbegehrte, der sich unter den heuti
eben jetzt in allen Blättern und nicht zur Ehre des Herrn
Verhältnissen in edler Selbstverleugnung dem Officiersste
v. Krieghammer erörtert
— glaubten wir voranstellen zu
gewidmet, eines Tages als leuchtendes Vorbild in der
müssen, ehe wir an der Hand derselben dem „Nur=Lientenaut“
„Wiener Abendpost“ erscheint.
der „Wiener Abendpost“ einige Beachtung scheuten, weil sich
Zonst Niemand um ihn kümmert, geschweige denn ihn als
Pendaut zum „Lientenant Gustl“ nach Verdienst gewürdigt
hhat.= Lientenant Demeter — dies sein etwas neussterreichisch
klingender Name — trieft, um ihn kurz zu charakterisiren, von
Loyalität und Patriotismus Modell M. Oscar Teuber, arbeitei
schon im Militär=Untererziehungshause in Logarithmen, Inte¬
gralen und Differenzialen und träumt bis zu seinem frühen
Tode ausschließlich vom ritterlichen Orden Maria Theresias.
Essist ein Glück für den armen Demeter, daß ihn ein
zütiges Geschick davor bewahrt hat, den Werth seiner in den
nilitärischen Erziehungshäufern erworbenen Kenntnisse im prak¬
schen Leben kennen zu lernen. Er hätte sonst die Erfahrung
gemacht, daß dieselben (inelusive der Militär=Alademien, gerade