I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 178


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10. Leutnant Gustl
. erene e e e ense eterertet.
einmal ein weltbewegendes Genie käme, das zu seiner
Entwicklung auch der Freiheit bedürfte, gegen Officiers¬
corps und Armee loszuwettern, dann brauchte dieses
Genie nur darauf zu verzichten, die Ehrenzeichen des
Officiers zu tragen, es brauchte sich nur mit dem Grade
eines Reserve=Infanteristen oder Sanitätssoldaten zu be¬
scheiden und es könnte sich ruhig entfalten ins Blitzblaue
hinein. Insbesondere Herr Arthur Schnitzler hätte es so
leicht gehabt. Er hätte nur unterlassen müssen, so hohen
Werth auf den Beibehalt des Officierscharakters zu legen,
daß er selbst nach vollstreckter Landwehr=Dienstpflicht
freiwillig in der Evidenz der Landwehr blieb, und kein
Officiers=Ehrenrath der Armee hätte ihm wegen seines
„Lieutengnt Gustl“ etwas anhaben können.
Herr
Schnitzler hätte schon vor fünf Jahren in durchaus
normaler Weise aus der Machtsphäre des Militarismus
gelangen, er hätte schon vor fünf Jahren als porte=épée¬
loser Staatsbürger seinen „Lieutenant Gustl“ schreiben
und ihn seither avanciren lassen können, außertourlich
bis zum „Oberst Gustl“.
Warum hat er seinem
dichterischen Genius so lange Zwang angethan? Warum
mußte er so viele Jahre lang Landwehr=Oberarzt in der
Evidenz bleiben, trotzdem ihn kein Mensch dazu zwingen
konnte? Weil sich der Federhul und der Offieiersfäbel¬
mitunter doch ganz hübsch machen? Ja, dann ist aber
eine Annehmlichkeit wol auch einer Rücksicht werth. Wer
als Officier prunken möchte, muß sich auch als Officier
fühlen und wer das nicht kann oder nicht will, dem
i# nimmt man mit vollem Recht den Säbel ab.
el
Nein, der Fall Schnitzler ist durchaus nicht geeignei,
je eine „große politische Frage“ aufzurollen, wie es die
u „Neue Freie Presse“ so gerne sähe. Der Fall Schnitzler
i ist nichts als das typische Beispiel einer Carambolage
1
kleinlicher literarischer und persönlicher Eitelkeit. Der

Schriftsteller Dr. Arthur Schnitzler gefiel sich außer¬
st ordentlich mit Sturmhut und Schleppfäbel und der
ie Oberarzt in der Evidenz der Landwehr Dr. Arthur
s
Schnitzler gefiel sich nicht minder gut im Rüstzeug des
1
liberalen Kämpen, der den Officiersehrbegriff auf
d
seine Stahlfeder spießt. Und das ist um eine Eitelkeit
zu viel, um die Eitelkeit des Schleppsäbels und Sturm¬
hutes. Die hat der Officiers=Ehrenrath amputirt.
Inland.
Wien, 21. Juni. (Nach der Kaiserreise.) Der
1 „P. Lloyd“ erörtert in einer Wiener und in einer Prager
Correspondenz die Eindrücke der Kaiserreise nach Böhmen
in politischem Belange. In dem Wiener Briefe wird be¬
merkt: Es sei zweifellos ein politischer Erfolg der Kaiser¬
reise zu verzeichnen. Vor Allem darum, weil bei dem Völker¬
conglomerat, aus dem Oesterreich besiehe, der Kaiser das
einigende Band repräsentire, das alle Länder und Stämme
umschlinge und zu einem Staatsgebilde zusammenhalte. In
Gemeinschaft mit den Loyalitätsversicherungen haben auch
bemerkenswerthe Kundgebungen des österreichischen Patriotis¬
mus stattgefunden, deren politischer Werth und politische
Bedeutsamkeit angesichts der Vorgänge in den letzten Jahren
nicht zu unterschätzen sei. Die friedlichen Elemente unter
den Czechen und unter den Deutschen haben Oberwasser be¬
kommen, und der objective Beurtheiler der Dinge habe den
Eindruck, daß diese Disposition der Geister, wenn sie energisch
ausgenützt werde, dazu führen könnte, dem weiteren Umsich¬
greifen des nationalen Radicalismus in beiden Lagern Ein¬
halt zu thun. Zusammenfassend könne man sagen: Neben der
neuerlichen Bekräftigung der Verehrung und Anhänglichkeit
für die Person des Monarchen habe dessen Reise nach Böhmen
auch das staatliche Empfinden der Bevölkerung gestärkt und
die friedlichen Dispositionen der besonnenen Elemente in
beiden Lagern gefestigt.
„n den Meager aus #aochischer Huelle herrührenhen
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3
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Ausschnitt aus:
dr.echiee. Carresnende
vom47

Theater, Kunst und Literatur.
(Arthur Schnitzler gemaßregelt.) Der mili¬
tärische Ehrenrath hat dem Schriftsteller Dr. Arthur
Schnitzler wegen seiner Novelle „Lieutenant Gustl“
den Officierscharacter abgesprochen. Es
ist gewiß, daß unsere Armee vor allen sie herab¬
setzenden Angriffen geschützt werden soll und muß.
Aber die Disciplinirung eines Dichters wegen einer
von ihm geschaffenen unsympathischen Figur, die
zufällig dem Soldatenstande angehört, ist eine be¬
Für 5 dauerliche Maßregel, die den Interessen des Militärs finclusive

10ebenso wenig dienlich sein kann, wie denen der Literatur.] Porto.
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