I, Erzählende Schriften 8, Die Toten schweigen, Seite 3

8. Die
Toten schwei
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Bohemia Nr. 328.
LARR LRTRRETEA I
Rath ertheilt. Das Gespräch ist meisterhaft geführt!
und bei allem Reichtbum der Pointen nicht äußerlich
zugespitzt, sondern voll feeli cher Bewegung, die in dem
Geständniß der vornehmen Dame, daß „sie lieben könnte.
wie das Vorstad midchen, wenn sie den Muth dazu
hätte", ihren Höbepunct erreich: Schnitzler, dessen
interessanter Kopf an Dandet erinnert. las vortrefflich;
einsach, ruhig und doch mit der richtigen Vertheilung
von Licht und Schatten; das Publicum nahm beide
Darbietungen, die sein durchgebildete Novelle und daß
Drama in der Nußschale, mit gespannter Aufmerk¬
samkeit, lautem Beifall und aufrichtiger Dank¬
barkeit auf.
#. Ballsdhämlie Murirdee von Hochschul¬
die Bedeutung des Glnkokolls für den intermediären!
Stoffwechsel zugesprochen.
4' Vorlesung Schnitzler. Am Donnerstag
trat der Dichter Arthur Schnitzler vor das Prager
Publicum und hielt im Spiegelsaale des „Deutschen¬
Hauses“ zum Besten des „Vereines zur Unterstützung
hilfsbedürftiger Taubstummer“ eine Vorlesung. Arthur
Schnitzler ist gegenwärtig unter den jüngeren Dichtern,
die in Wien thätig sind, derjenige, dessen Begabung die
stärkste und tiefste zu sein scheint. Er zählt zu den
Häuptern der Wiener Moderne. Nun ist bis heute von
den Vertretern dieser Richtung viel mehr kritisirt als
gedichtet worden, und von denen, die productiv sind
haben wir viel Wunderlichkeiten und künstlichen Ueber
schwang keunen gelernt, die keineswegs Vertrauen zu
erwecken geeignet waren. Um so wohlthuender berührt
es, daß aus dem Gewirre sich allmählich wirkliche
Dichter herausbeben, die nicht reden, sondern bilden
und sofort durch die That beweisen, was sie wollen
Arthur Schnitzler war vielleicht der Erste, von dem das
gelten konnte. Er hat freilich die Neigung zur Decadenz
selbst deutlich genug herausgehoben. Aber seine Ge¬
staltungskraft siegte wie jede echte Kraft, und seine An¬
schauung kam aus dem Leben. Später hat er in seinem
Drami „Liehelei“ sich auf das Gebiet der allgemeinen
Menschlichkeit begeben, auf dem, wie Professor Stern
erst jüngst in seinem Vortrag ausgeführt hat, alle tüch¬
tigen Naturen trotz der verschiedenen theoretischen Aus¬
gangspunkte endlich zusammentreffen. So hat der Verein
etwas sehr Dankenswerthes unternommen, daß er uns
dir persönliche Bekanntschaft des Dichters vermittelt hat.
Schnitzler las seine Novelle: „Die Todten schweigen“
und eine Scene aus „Anatole“. Man ist in den
letzten Jahren davon abgegangen, sich die Dichtungen
von berufsmäßigen Sprechern vortragen zu lassen, und
hat es schätzen gelernt, den Dichter selbst als Inter¬
preten zu hören. Sehr selten hat diese persönliche Be¬
ziehung eine Enttänschung mit sich gebracht. In den
weitaus meisten Fällen liest der Dichter zwar nicht
kunstmäßig, aber schlicht und wahr, und Etwas von dem
Gedanken, daß das Vorgelesene von dem Sprecher selbst
erfunden und empfunden ist, gibt doch dem Zuhören
einen besonderen Reiz. Schnitzler las mit größter Ein¬
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fachheit und doch lebendig, und sein wohllautendes Zollan#
Organ kam ihm wesentlich zustatten. Die Novelle be=wird v
handelt ein eigenartiges Thema. Eine Frau, die ihrem
Woche
Gatten untren ist, macht mit ihrem Geliebten zur
Nachtzeit eine Spazierfahrt auf der Wiener Reichsstraße, über
Da schlägt der Wagen um und der Mann verunglüat. und d
Die Frau, die erst von dem Entsetzen über das Geschehene besteh###
tief erschüttert ist, wird von der größeren Angst gepackt, und di
daß sie entdeckt wird, und läßt den Todten allein. Der welche
Kutscher hat die Rettungsgesellschaft verständigt, und nisse
während der Wagen heranrasselt, eilt das Weib nachwein)
Hause, um ihr Geheimniß zu wahren. Die fesselnde etwatg¬
psychologische Schilderung ist der Hauptinhalt des wohl
düsteren Lebensbildes. Aus „Anatole“ wählte der Dichter gebung
die graciöse, in blitzenden Lichtern spielende Scene: nehmes
„Weihnachtseinkäufe“ die durch den persön= unter
lichen Vortrag besonders viel gewann. Die beiden des Vi
Dichtungen wurden von dem Publicum mit starkem Kron#
F. A. bas##
Beifall aufgenommen.
4% Volksthümliche Vorträge von Hoch=Umfre¬
schulprofessoren. Heute Samstag den 27. November nisse
sprechen in Brüx Prof. Dr. Christian Freih. v. Ehren¬
sels über „Die Wahrheit in der Kunst“, in Reichen=mühse
berg Prof. Dr. Josoph Neuwirh über „Albrecht und
Dürer“ (mit Benützung des Skioptikons), morgen Sonn= verbit
tag den 28. November in Budweis Prof. Dr. Adolph] Vorn
[Hauffen über „Das heutsche Volkslied in Oesterreich.“regen
4% Sterbefall. Vorgestern ist hier nach verbi
längerem Leiden die Hausmitbesitzerin Frl. Albina volle
Pleschner verschieden. Die große Zahl der den oder
besten Gesellschaftskreisen angehörigen Personen, die in Tage
dem bekannten Proksch'schen Musikinstitute Unterricht Woch
genommen haben, werden diese Trauerkunde mit auf¬# einme
wird
rrichtiger und inniger Theilnahme zur Kenntniß nehmen.
Frl. Pleschner wirkte durch eine lange Reihe von Jahren ben.
als Lehrerin an diesem Institute und hat sich wegen merk.
ihrer gediegenen Musikkenntnisse und ihrer liebens¬ Wir
würdigen Umgangsformen die Zuneigung aller Zöglinge mach
erworben. Diese Zuneigung kam vor einer Reihe von einli
Jahren, als Frl. Pleschner das Unglück hatte inzeit
Carolinenthal von einem scheugewordenen Stier schwer „An
verletzt zu werden, in zahlreichen Theilnahmsbeweisen Vor¬
zum Ausdruck. Ein Bruder der Verblichenen ist der wir
Stadtphysieus von Carlsbad Herr MlDr. Franz auf!
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