I, Erzählende Schriften 8, Die Toten schweigen, Seite 24

8. Die Toten schweigen
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und gerade Schre ben nicht zu meinen sonstigen Talenten
gehört — müßt ihr verzeihen — der Fehler lage am Schul¬
meister.“ Dem fehlenden Schulmeister sollte man ein Denk¬
mal setzen, ewiger als Erz.
Bettina, die zu ihren Füßen saß, lauschend, wenn sie
vom Sohn erzählte, und ihr Knie ans Herz gedrückt, hat
auch das tiefste Wort über sie gesagt, worin ihr ganzes
Wesen eingeschlossen ist: „Siehst du, was die alles gemerkt
hat, was die die Mutterfreuden herzig und herzhaft ge¬
nossen hat!“ Dies war ihr Leben: herzig und herzhaft die
Mutterfreuden zu genießen. Es ist das alte heilige Bild:
die Mutter mit dem Kind. Ein ganz einfaches Leben war's
und das einfachste Glück. Wie alle großen Dinge ganz
einfach und keinem einzelnen besonders angehörig, sondern
allen Menschen zugeteilt sind, aber freilich den meisten
dann wieder im Wirrsal verloren gehen. Eigentlich hatte
sie nur eine ungemeine Kraft, fürs ganze Leben das Ge¬
fühl festzuhalten, das jede junge Mutter mit dem Kind
an der Brust entzückt. Dieses im Grunde ganz animalische
Gefühl, worin die junge Mutter die Seligkeit der Um¬
arinungen fortzusetzen und den schönsten Augenblick gleich¬
sam zu verewigen scheint, hat sie nie mehr ausgelassen.
Wir wissen genau, wie Goethe von ihr erzogen wurde,
und es hat sich ja bewährt. Er war ein wildes Kind und
arger Streiche voll, und wenn er nun wieder was an¬
gestellt hatte und sich darüber freute und lachte, dann,
heißt es, „kam die Mutter dazu und lachte mit“. Das
war die Mutter Goethes.
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Werke von Arthur Schnitzler
„Anatol“ Szenen (1893)
„Das Märchen“. Schauspiel (1894)
„Sterben“. Novelle (1895)
„Liebelei“, Schauspiel (1895)
„Freiwild“, Schauspiel (1896)
„Die Frau des Weisen“. Novelletten (1898)
„Das Vermächtnis“. Schauspiel (1898)
„Die Gefährtin“.
„Der grüne Kakadu“. „Paracelsus“
Drei Einakter (1899)
„Reigen“. Dialoge (1900)
„Der Schleier der Beatrice". Schauspiel (1900)
„Leutnant Gustl“, Novelle (1901)
„Frau Bertha Garlan“. Novelle (1901)
„Lebendige Stunden“. Vier Einakter (1902)
„Der einsame Weg“. Schauspiel (1903)
„Die griechische Tänzerin“. Novellen (1904)
„Zwischenspiel“. Komödie (1905)
„Der Ruf des Lebens“, Schauspiel (1905)
„Marionetten“. Drei Einakter (1906)
„Dämmerseelen“. Novellen (1907)
Der Weg ins Freie“. Roman (1908)
Der III. Abend (Goethe=Lieder und Balladen,
gesungen von Rudolf Gmür, großherzogl.
Kammersänger aus Weimar. Am Klavier:
Volkmar Andreae) findet am 23. November
statt. Vorverkauf von Karten vom 10. No¬
vember an im Bureau, Gemeindestraße 4,
während der Bureaustunden.