Sterben
3.
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langgeathmeten Atmosphäre der Krankenstube, ein Blick
auf die Straße unten weckt ihr das Bewußtsein ihres
Lebenstriebes, und als sie sich zu dem Leidenslager
zurückwendet, ist's mit der schaudernden Erkenntniß,
daß „ihr Mitleid nervöse Ueberreizung, ihr Schmerz
ein Gemisch von Angst und Stumpfheit geworden“.
Aber daß sie ihr Sehnen, wie die Anderen, die Alle,
um so Vieles glücklicher als sie, sich im Freien in¬
mitten des pulsenden Stadtlebens zu ergehen, zu unter¬
drücken vermochte, war ja doch der Beweis ihrer
Liebe! Einmal jedoch, während Felix in Apathie¬
schlummer liegt, vermag sie dieser Sehnsucht nich
mehr Herr zu werden. Ist es doch auch kein Unrecht,
das sie an ihm thut, sich zu seiner Wartung auf¬
zufrischen. Wie schön erscheint ihr der Stadtpark, wie
wohlthuend die Ruhe, das Alleinsein in der milden
Abendstunde!
Das Mädchen nützt es, was es empfindet, sich selber
in Worte zu fassen. Es sagt sich: „Ich bin bei ihm,
weil ich ihn liebe. Ich bringe kein Opfer, denn ich
kann ja nicht anders. Und was soll nun werden?
W.
lange wird es noch dauern? Es giebt keine Rettung.
Und was dann? — Was dann? Ich hab' ein¬
mit ihm sterben wollen. — Warum sind wir uns
mal
jetzt so fremd? Er denkt nur noch an sich. Möchte
denn auch noch mit mir sterben?“ Und es wird
er
ihr
bewußt, daß er es möchte; aber Felix erscheint
ihr
nicht mehr als der zärtliche Jüngling, der sie für
die
Ewigkeit an seine Seiten betten will, sondern „als
risse er sie zu sich nieder, eigensinnig, neidisch, weil
sie
nun einmal ihm gehöre“
Auf der Heimfahrt gemahnt sie die hell aus dem
Volksgarten erklingende Militärmusik an jenen Abend
in
Salzburg. „Vergeblich sucht sie sich zu überreden,
daß all dieses Leben um sie etwas Nichtiges, Ver¬
gängliches sei, daß nichts daran gelegen wäre, daraus
zu scheiden. Sie kann das Wohlbehagen, das allmälig
in sie zu dringen beginnt, nicht aus ihren Sinnen
treiben. Es ist ihr nun einmal wohl. — — Soll sie
sich's vielleicht zum Vorwurfe machen, daß sie, nach unge¬
zählten Stunden der Abspannung, auf eine Minute zu
sich kam? War es nicht ihr gutes Recht, ihrer Existenz
überhaupt nur inne zu werden? Sie war ja gesund,
sie war jung, und von überall her, wie aus hundert
#
Queuen auf ein Mal, rann die Freude des ##
über sie. So natürlich war das, wie ihr Athe, wie
der Himmel über ihr.“
Felix ist erwacht, er vermißt die Gefährtin, mamen¬
sie
loser Schreck überkommt ihn, im Gedanken, daß
sie
ihn, in Furcht vor ihm, verlassen habe. Er heit
ja gequält „mit mißtrauischen Blicken, bitteren Reden,
und sie brauchte Dankbarkeit. Er aber kann sie nicht
wird twieder
entbehren. Er wird ihr Alles abbitten,
zärtliche Blicke, Worte tiefer Innigkeit für sie
nden,
[Brust
wird lächeln, wenn es sich ihm schwer auf die
legt, ihre Hand küssen, wenn er nach Athem
leingt,
wird ihr schwören, daß er sie anbetet, ihr ein leinges,
glückliches Leben gönnt, wünscht, nur soll sie bes ihm
bisMlent
#
3.
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langgeathmeten Atmosphäre der Krankenstube, ein Blick
auf die Straße unten weckt ihr das Bewußtsein ihres
Lebenstriebes, und als sie sich zu dem Leidenslager
zurückwendet, ist's mit der schaudernden Erkenntniß,
daß „ihr Mitleid nervöse Ueberreizung, ihr Schmerz
ein Gemisch von Angst und Stumpfheit geworden“.
Aber daß sie ihr Sehnen, wie die Anderen, die Alle,
um so Vieles glücklicher als sie, sich im Freien in¬
mitten des pulsenden Stadtlebens zu ergehen, zu unter¬
drücken vermochte, war ja doch der Beweis ihrer
Liebe! Einmal jedoch, während Felix in Apathie¬
schlummer liegt, vermag sie dieser Sehnsucht nich
mehr Herr zu werden. Ist es doch auch kein Unrecht,
das sie an ihm thut, sich zu seiner Wartung auf¬
zufrischen. Wie schön erscheint ihr der Stadtpark, wie
wohlthuend die Ruhe, das Alleinsein in der milden
Abendstunde!
Das Mädchen nützt es, was es empfindet, sich selber
in Worte zu fassen. Es sagt sich: „Ich bin bei ihm,
weil ich ihn liebe. Ich bringe kein Opfer, denn ich
kann ja nicht anders. Und was soll nun werden?
W.
lange wird es noch dauern? Es giebt keine Rettung.
Und was dann? — Was dann? Ich hab' ein¬
mit ihm sterben wollen. — Warum sind wir uns
mal
jetzt so fremd? Er denkt nur noch an sich. Möchte
denn auch noch mit mir sterben?“ Und es wird
er
ihr
bewußt, daß er es möchte; aber Felix erscheint
ihr
nicht mehr als der zärtliche Jüngling, der sie für
die
Ewigkeit an seine Seiten betten will, sondern „als
risse er sie zu sich nieder, eigensinnig, neidisch, weil
sie
nun einmal ihm gehöre“
Auf der Heimfahrt gemahnt sie die hell aus dem
Volksgarten erklingende Militärmusik an jenen Abend
in
Salzburg. „Vergeblich sucht sie sich zu überreden,
daß all dieses Leben um sie etwas Nichtiges, Ver¬
gängliches sei, daß nichts daran gelegen wäre, daraus
zu scheiden. Sie kann das Wohlbehagen, das allmälig
in sie zu dringen beginnt, nicht aus ihren Sinnen
treiben. Es ist ihr nun einmal wohl. — — Soll sie
sich's vielleicht zum Vorwurfe machen, daß sie, nach unge¬
zählten Stunden der Abspannung, auf eine Minute zu
sich kam? War es nicht ihr gutes Recht, ihrer Existenz
überhaupt nur inne zu werden? Sie war ja gesund,
sie war jung, und von überall her, wie aus hundert
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Queuen auf ein Mal, rann die Freude des ##
über sie. So natürlich war das, wie ihr Athe, wie
der Himmel über ihr.“
Felix ist erwacht, er vermißt die Gefährtin, mamen¬
sie
loser Schreck überkommt ihn, im Gedanken, daß
sie
ihn, in Furcht vor ihm, verlassen habe. Er heit
ja gequält „mit mißtrauischen Blicken, bitteren Reden,
und sie brauchte Dankbarkeit. Er aber kann sie nicht
wird twieder
entbehren. Er wird ihr Alles abbitten,
zärtliche Blicke, Worte tiefer Innigkeit für sie
nden,
[Brust
wird lächeln, wenn es sich ihm schwer auf die
legt, ihre Hand küssen, wenn er nach Athem
leingt,
wird ihr schwören, daß er sie anbetet, ihr ein leinges,
glückliches Leben gönnt, wünscht, nur soll sie bes ihm
bisMlent
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