II, Theaterstücke 31, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 49

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31. Im Spiel der Sonnerluefte
VI., Gumpendorlersir. SöD VI., Neubaugasse 4 Erstau
Kriez
Ernst
Wald
in lustspielhaft geordneten Verhältnissen zufrieden fort. Die
„Im Spiel der Sommerlüfte.“
geschilderte Gewitternacht ist nicht ausschließlich der Ent¬
#
im St.
sagung gewidmet. In dieser Nacht erhält die Beinahesünde
Deutsches Volkstheater.
Marisi
als Gegenstück eine Ganzundgarsünde, der sich Fräulein
Kabar,
Es ist das Stück eines Abgeklärten, der Arthur
Gusti, eine Nichte der Friedleins, bedenkenlos ergibt.
Österr
Schnitzler heißt. Ein tiefernster Gewissenskonflikt, doch zart
Sensa
Sie ist eine zukünftige Schauspielerin mit einer ver¬
und behutsam gestaltet, bildet das Hauptmotiv. Nebenher
„Vorle
gangenen Bandelei und einem gegenwärtigen Geliebten,
weicht die Abgeklärtheit kleinen Seitensprüngen, die der
Haupf
einem Arzt, der nicht will, daß sie zum Theater geht. Das
Dichter in seine goldene Jugendzeit mit lächelnder Anmut
Treßle
süße Mädel als süßes Mistviecherl! Die gute Gusti, die
unternimmt.
derum
bereits nach Innsbruck engagiert ist, läßt sich vorerst mit
Schauplatz: Landhaus in der Sommerfrische Kirchau.
Schul
dem Sohn des Ehepaares Friedlein, einem siebzehnjähri¬
Zeit: Spätsommer des Jahres 1895. Die Frau des Bild¬
gen Anatolbuben mehr als geschwisterkindlich ein. Zuerst
hauers Friedlein fühlt sich in ihrer Ehe vernachlässigt. Man
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trumpft sie ihn energisch ab, geht aber bei aufsteigendem
behauptet, daß sie mit dem Kaplan des Ortes etwas habe.
ihrer
Gewitter in eine Gebirgshütte, wo der Pubertäterich sein
Das ist eine Art Rufmord, denn ihre große Szene mit dem
gester.
Sofortprogramm eifervoll ausführt. Das Unwetter nötigt
Priester, die bei Donner und Blitz den halben zweiten Akt
wiede
das Pärchen, die Nacht in der Hütte zu verbringen. Glück¬
und die Drehbühne in Anspruch nimmt, endet mit Selbst¬
liches Pech!
überwindung und Entsagung zweier Menschen, die sich
bekang
Im dritten Aufzug werden alle Schwierigkeiten lust¬
nahe sind und doch so fern.
derens
spielend gelöst. Der Bildhauer findet den Weg zum Herzen
Ein Meisterstück diese Auseinandersetzung voll Sehn¬
Qual¬
seiner vereinsamten Frau: Gusti stehl mit einem Fuß
sucht, Zweifel und innerer Unruhe. Der Kaplan, der wegen
beim“
in Innsbruck; ihr Geliebter, der Arzt, weiht ihr eine
eines bevorstehenden Duells seines geliebten Bruders,
der ##
halbe Abschiedsträne; der Gymnasiast bereitet sich für die
eines Leutnants aus der berühmten Schnitzler=Armee, in
Kein¬
Matura vor, obwohl er das Zeugnis der Reife bereits
Seelennot gerät, bedarf der Aussprache und des Mitgefühls.
Ein Gedankenaustausch folgt, der sich zu einer regelrechten
vom Leben erhielt, und der Leutnant meldet telegraphisch,
Disputation über Versuchung und Schuld, über Himmel
daß er in Innsbruck stationiert bleibt. Gusti ist also ver¬
und Hölle entwickelt. Das Gewitter draußen hört zu toben
sorgt und auch der Bub, denn das Stubenmädchen Kathi
auf, wie der Sturm in den Herzen, und der alte Spruch
läßt kein Auge von ihm. Wenn die Sömmerlüfte wieder
wird Lügen gestraft:
wehen, dann ..
Moissi gibt den Kaplan. Ohne Salbung, gelegentlich
„Und wär' der Mann ein Heiliger
ein wenig pathetisch, aber tief innerlich. Unter seiner Sou¬
Und sie wie Schnee so rein,
tane schlägt ein Herz voll Güte und Frömmigkeit. Bewun¬
Kunnt doch geschehen manch' ein Ding,
derung dem Dichter, der dieser Prachtgestalt Blut und
So man sie läßt allein.“
Leben gab! Johanna Terwin nimmt als Frau Friedlein
Der Kaplan von Kirchau ist kein Pfarrer von Kirch¬
den Kampf mit Moissi tapfer und verstehend auf Sie ist
nicht seine stärkere, aber jedenfalls seine bessere Hälfte. Lieb
feld, kein Opfer seiner geistlichen Behörde. Von seinen Zwei¬
und neil und auch munter spielt Luise Ullrich die leichtlebige
feln befreit, bleibt er weiter ein treuer Diener Gottes. Er
Gusti, ohne jedoch deren erotische Anziehung auf eine ganze
will nie wieder ein sterbliches Wesen in seine irrende Seele
Kollektion von Männern pläusibel zu machen. Tonio Riedl
schauen lassen, denn seine Sünde wär, daß er und Frau
Friedlein sich beinahe verstanden hätten! Er geht geläutert
als Gymnasiast hat Naturburschenfrische und Humor dazu.
aus seinem Seelenkampf hervor. Und seine Gebete für den
Man muß ihn im Auge behalten. Homma und Olben heben
Bruder hat Gott erhört, denn das gefürchtete Duell endete
ihre kleinen Rollen durch feine charäkterische Zuge. Regie
Beer lobenswert.
mit einer leichteren Verletzung des Gegners.
Im Spiel der Sommerlüfte ist auch der schöne Mai
Arthur Schnitzler wurde wiederholt gerufen. Das Pu¬
der „Liebelei“ noch nicht vorbei. Viele Motive aus des
blikum bereitete ihm stürmische Orationen Der Vollstän¬
Dichters Lebenswerk werden angeschlagen, aber die han¬
digkeit halber sei noch mitgeteilt, daß der Dichter, trotz der
lustspielhaften Wendung der Händlung seiner Gewohnheits¬
delnden Personen sterben nicht, sie setzen lieber ihr Dasein
liebe für letale Ausgänge auch diesmal nicht ganz entsagen
kann. Im dritten Akt stirbt nämlich ein alter Hofrat, dek im
Stück gar nicht vorkommt.
Julius Bauer.
BIIE
V. Philharmonisches Konzert und Staatsoper.
Clemens Krauß springt für Furtwängler ein, Betty Ursulege
für Lotte Lehmann.
□ ScIDERVERKAUT!
So ist denn der Absagebazillus auch in die „Phil¬