II, Theaterstücke 31, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 67

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31. Im Spielder Sonnerinefte
Wien, Mittwoch
Seite 13
25. Dezember 1929
Arbeiter-Zeitung
Revolutionäre Satire.
Die sozialistische Arbeiterjugend Leopoldstadt
N.
veranstaltete Sonntag im Bayrischen Hof mit
simfe und Wissen.
ortier des
Mitgliedern des Deutschen Volkstheaters eine
schen Reizungen, sondern um das Schicksalhafte
erkschaften
Preisausschreiben.
Aufführung des „Grünen Kakadus“ von Artur
eines jungen Mädchens, das rund um sich die
Knapp,
Der Vorstand der Sozialdemokratischen
Schnitzler und des „Gemütlichen Kommis¬
Flammen entzündet. Sie fährt weg, ins Pro¬
erdächtiges
Kunststelle hat beschlossen, für ein
särs“ von George Courteline. Dr. Bach
Oberwach¬
vinzengagement und wird dort ihr altes Spiel
erläuterte in seinen einleitenden Worten die
proletarisches Festspiel
iverzüglich
neu beginnen. Ein Lächeln des Dichters und des
einen Wettbewerb auszuschreiben.
politische Situation, in der Schnitzlers Groteste
dessen ver¬
amüsierten Teils des Publikums begleitet sie.
Das Festspiel soll für den 1. Mai oder den
spielt, und wies auf die aktuelle Bedeutung des
das Wach¬
Zurück bleiben die Melancholien der Resignation
12. November bestimmt sein. Hauptinhalt: Die
Courteline=Einakters vom Größenwahn und
5 Rayons¬
und der Erfahrung.
wachmann
Dünkel des die Staatsautorität vertretenden
proletarische Körperkultur¬
In der Darstellung des Deutschen
Sehn und
bewegung. Alle Mittel dürfen verwendet
kleinbürgerlichen Beamten hin. Er schloß mit dem
Vollstheaters, geleitet von Direktor
iume im
werden, die proletarischen Organisationen zu¬
Romain=Rolland=Wort, daß das Theater
Beer, ist auch die Besetzung der Rolle des
Schneider
gänglich sind, also Musik (Chor, kleines Orchester),
nicht die revolutionäre Aktion selbst darzustellen
während
Kaplans mit dem stärksten Schauspieler, mit
Sprechchor, Sportgruppen usw. Doch müssen die
habe, sondern daß diese revolutionäre Aktion
Verbands¬
Alexander Moissi, danach angetan, das
Mittel so berechnet sein, daß der hierfür erforder¬
vom Theater ausgehen, als Wirkung des Thea¬
t vor den
Stück ein wenig nach der melancholischen, um
liche Aufwand die normalen Kosten einer Mai¬
ters Wirklichkeit werden müsse. Schnitzlers
stand, um
nicht zu sagen tragischen Seite zu verschieben.
oder Novemberfeier in den einzelnen Organi¬
nzuhalten.
„Grünen Kakada“ mit seinem geistvollen Hin¬
Glücklicherweise ist Fräulein Ullrich als junge
en Stock
sationen nicht überschreitet. Bei Verwendung von
und Herflirren zwischen Sein und Schein im
Schauspielerin so stark, daß sie sich nicht nur
ld Portier
Musikstücken müssen diese, wenn sie schon be¬
engen Bühnenrahmen und mit jungen Darstellern
neben Moissi behauptet, sondern auch der Ko¬
sich ohne
kannt sind, genau angegeben oder neue
zu inszenieren, ist eine schwere Aufgabe, die
mödie ihren wahren Sinn zurückgibt. Frau
ie weiger¬
Kompositionen zumindest in der Klavierpartitur
Maria Gutmann überaus geschickt löste. Das
Terwin als reife Frau ist im Lustspielmäßigen
meinten,
beigelegt werden.
Zusammenspiel war ausgezeichnet, die Auf¬
wohin sie
sehr gut, in der Auseinandersetzung mit dem
Alle Einsendungen müssen ohne Namens¬
führung hatte Farbe, Lebendigkeit und Tempo,
ich wissen
Kaplan wird sie leicht pathetisch. Herr Olden
1 nennen. Zennung, jedoch mit Kennwort erfolgen. Dem
und auch die Einzelleistungen, vor allem die
ist ein unwiderstehlicher Leutnant von Anno
Mariahilf Werke soll ein geschlossenes Kuvert mit gleichem
Herbert Berghofs als Henri, dann die Franz
dazumal; vielleicht hat der Dichter die Figur
nur Kennwort beigegeben werden, das den genauen
an
Stoß', Emil Parylas, Franz Deutsch', Nor¬
anders gesehen, aber Herr Olden gestaltet sie
cken sowie Namen und die genaue Adresse des Bewerbers
bert Schobers konnten sich schon sehen lassen.
auf seine Art sehr drollig Herr Homma als
1 den
und die Bezeichnung der Organisation enthält,
Die Beamtensatire Courtelines wurde mit toller
arrivierter Künstler und Damenfreund, Herr
eider und
der er angehört. Zugelassen zum Wettbewerb ist
Laune und saftiger Groteskkomik von Franz
Riedl als Gymnasiast und Herr Xantho als
schen Be¬
jedermann, der sozialdemokratisch organisiert ist.
Stoß und Franz Deutsch zu durchschlagender
ten und
unausstehlicher Bräutigam, dem man wirklich
Die Preise betragen 300, 200 und 100 Schil¬
Wirkung gebracht. Die Schauspieler und mit
die
davonlaufen muß, vervollständigen das lebende
ling. Die preisgelkönten Werke werden überdies
ihnen die Regisseurin des Abends konnten für
chen
Inventar einer vergangenen Zeit und bemühen
drei
von der Kunststelle angekauft.
den stürmischen Beifall eines dichtbesetzten Saales
sich nicht ohne Erfolg, es lebendig zu erhalten.
chädigt
danken.
F. R.
Zu Preisrichtern wurden bestellt die Genossen:
in frucht¬
Bach, Beißer, Ellenbogen, Glöckel,
aufzu¬
Exl=Bühne. Im Raimund=Theater
Hannak, Kuderna, Marmorek.
sie Akten¬
Weihnachtspremieren.
spielen jetzt die Exl=Leute eine Komödie: „Der
Die Einsendungen sind an die Sozialdemo¬
uchswerk¬
letzte Kniff“ von Hans Renz, ein neues
Neues Wiener Schauspielhaus.
Reißer,
kratische Kunststelle, 5., Sonnenhofgasse Nr. 6, zu
Bauernstückl. Auf dem Testamentshof will sich
er. Diet¬
richten. Letzter „Einreichungstermm: 15. Fe¬
Der Stoff des alten Intrigenstückes
und will sich halt kein „gesetzmäßiger Leibes¬
ett, eine
von Sardou ist im Laufe der Jahrzehnte
brugr 1930. KUL.
170
sebschnur.
erbe“ einstellen, immer wieder, jetzt schon in zwei
schon
ein wenig fadenscheinig geworden,
2
in Keller¬
Generationen, kommt halt ein uneheliches Kind.
aber die Haupttitel= und Bombeurolle der
Die neue Schnitzler=Komöbie.
nd haben
Wenn nach dem alten Bauern aber kein gesetz¬
mündfertigen Wäscherin, die auch als Mar¬
Leiter die
(Als-Zeit der Handlung ist das Jahr 1895
mäßiger Leibeserbe da ist, fällt der Hof an die
schallin ihren gesunden Menschenverstand nicht
vo sie die
angegeben. Ungefähr um dieselbe Zeit schreibt
Schwester Portiunkula. Da heiratet der alte
verloren hat, ist noch immer so prächtig wie nur
Mit Blut
derselbe Artur Schnitzler seine Groteske „Der
Bauer in aller Heimlichkeit die Annelies, die vom
je. Jetzt spielt die Konstantin die Madame
sich
3
grüne Kakadu“, die, mag sie noch so unpolitisch
unehelichen Sohn schon wieder was Uneheliches
#in verletzt
Sans=Gene“ und erreicht sicherlich ihre be¬
gemeint sein, wahrhaft revolutionär wirkt. Auch
unter dem Herzen trägt, und wird dieses letztere
rühmtesten Vorgängerinnen. In ihrer Derbheit
heute, ja heute vielleicht noch mehr als zur Zeit
e Schrän¬
in die Ehe schreiben lassen. Das ist der letzte
klingt immer etwas Zärtlichkeit mit, sie ist mit
ihres Entstehens. Denn damals sah man wohl
Martin
Kniff des Stückls, und er ist wirklich „nicht ganz
Grazie ungraziös, der Zuschauer freut sich mit
Gerüster
vor allem den Uebergang von Spiel in Wirklich¬
sauber“, wie der alte Pfarrer (Franz Ludwig)
ihr, wenn sie der Hofetikette ein Schnippchen
keit, von Wirklichkeit in Spiel. Daß dieses Spiel
immer sagen muß. Aber recht gut gespielt wird's
schlägt, und vibriert mit ihr, wenn sie in ein ge¬
eine Aktion ist, der eine Aktion in der Wirklichkeit
von Eduard Köck, von Mimi Ostöttner, Ilse
lindes Pathos übergeht. Um sie herum die Kom¬
entspricht, nämlich das ungeheure Ereignis einer
Exl, Ludwig Auer und besonders von Pepi
parserie selbst größerer Nollen, die eben in Wien
auf
Revolution, eingeleitet durch den Bastillensturm,
Marik, die eine ganz prachtvolle Hauserin war.
den Stargast zu umgeben pflegt. Aber Herr
das wird heute deutlicher erkannt als dazumal.
Hat also dem Publikum recht gut gefallen.
ist.
Feldhammer ist ein Napoleon und hält
O. K.
Es gab also vor mehr als einem M#schenalter
seiner Partnerin stand. Im Aussehen viel ele¬
loridsdorf
für den Dichter Schnitzler andre Probleme,
Die Pläne des Deutschen Volkstheaters. Im
ganter als der historische Napoleon, trifft er
getrieben,
andre Tnhalte, als sie jener Zeit zumindest auf
Deutschen Volkstheater wird als erste Neuheit
in Gast¬
alle legendären Uebergänge von der Wildheit zur
dem Theater zu entsprechen scheinen.
des kommenden Jahres das Lustspiel von Alex¬
ren Sitz
Herzlichkeit ausgezeichnet. Frau Konstantin und
ander Lernet=Holenia, „Mariage", zur
der Hoff¬
Nichtsdestoweniger, aus der Enge einer genau
Herr Feldhammer wurden vom Publikum mit
sammelten
Darstellung kommen. Daran schließen sich die
umschriebenen Welt ist dem Dichter Schnitzler oft
reichem Beifall bedacht, der auch der hübschen
ilung zu
Komödie „Hellseherei“ von Georg Kaiser und