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31. In Spiel der SonTuefte
wenige Sekunden sichtbar; um so breiter machen sich
seinen Giebelfries mit dem Triumphzug des Dionysos
eine Anzahl anderer Personen, die mit der zentralen
schmückt — dann offenbar umgibt uns eine halkyo¬
Angelegenheit nur lose, wenn überhaupt, zusammen¬
nische Vergangenheit oder Vorvergangenheit, die be¬
hängen und leider zum größten Teil das Meisterzeichen
kannte moderne Pastorale, in der, wie Schnitzler uns
ihres Dichters, die überzeugende Vitalität, das Geheim¬
wieder einmal glauben machen könnte, abgesehen von
nis des Erdgeruchs und der Erdschwere vermissen lassen,
ein bißchen Kunst nur eines zog, nur eines wog, nur
ohne daß in anderer Weise für diesen Mangel künstle¬
eines das Leben erfüllte und bis zum Überfließen, nur
risch Ersatz geboten würde. Vielleicht liegt hier der
eines das Leben lohnte und auch den Tod: die Liebe,
Stoff eines breit auszuführenden Romans etwa im
nein das Lieben. Wie auf einer Tapete späten Mittel¬
Duktus (gewiß nicht mit dem Tiefgang) Emanuel
alters oder bei einem Petrarchisten ein richtiger
Quints; auf den Brettern aber ist die „Schwarze Maske“
Triumph des Liebesgottes, hinter dessen Wagen die
fehl am Ort, und sollte sie sich dennoch dort behaupten,
Gefangenen einherschreiten, liebend und geliebt,
so wird der Darstellung das Verdienst zufallen. Daß
liebenswert und liebenswürdig, wohlbekannt und den¬
man sich gleichwohl auf hohem Niveau befindet, beweisen
noch neu, kreuz und quer durch Rosenketten so leicht
wundervolle, wenn auch vereinzelte Einzelheiten des
gefesselt, daß es nur eines Rucks bedarf und alte Bin¬
Dialogs, namentlich während eines etwa die Hälfte von
dungen fallen, um durch neue ersetzt zu werden. Zu
Raum und Zeit einnehmenden Gastmahls, und das aus
solch einem Ruck genügt schon das von dem pretiösen
*
van Dyck, Rembrandt und Callot gemischte Kolorit;
Titel unterstrichene Spiel der Sommerlüfte; wenn
aber so wenig das festgelegte Bild unseres berühmtesten
hier der Sturm der Leidenschaften wüten will, gleich
lebenden Dramatikers durch dies Schau= oder Schauder¬
wird auch er zu solchem Spiel der Sommerlüfte abge¬
spiel irgendwie bereichert oder verändert wird, so sicher
dämpft. Und Sitte und Gesetz und Sittengesetz, zwar
wird ihm die Zukunft einen gewissen biographischen
mit großen Fragezeichen versehen, schneiden diesmal
Wert zuerkennen.
erheblich besser ab, als wohl sonst bei Schnitzler. Mag
Auch das Satyrspiel oder Capriccio „Hexenritt“
die betreffende Erörterung sich auch etwas lang ge¬
wird in zehn und mehr Jahren zunächst, und vielleicht
stalten, sie liegt auf so hoher Ebene, daß wir ihrer
ausschließlich, als biographisches Zeugnis Aufmerksam¬
nicht entraten möchten und den erotischen Reigen
keit fordern und finden: als Urkunde für Haupt¬
gerne durch christliche und durch weltliche Resignation
manns Freundschaft mit dem schwedischen Ornithe¬
ergänzt sehen. Überraschungen freilich hat das anmutige
logen und Forschungsreisenden Bengt Berg (der mit
Spiel nicht zu bieten, es wäre denn die, daß die Hand
Haut und Haaren, freilich auch mit veränderter Visit¬
seines Schöpfers noch immer mit alter Leichtigkeit und
karte den Faust einer schwedischen Walpurgisnacht vor¬
Sicherheit gestaltet und lenkt.
stellt) und für die parapsychologischen und sonstigen
Robert F. Arnold
okkulten Interessen unseres Dichters. Aber darüber hin¬
aus bleibt viel des Ergötzlichen und Geistreichen übrig,
Gera
namentlich so oft und so weit der Mephisto jenes Faust,
„Die gute Zeit.“ Von Ernst Barlach. (Uraufführung
ein rationalistischer Berliner, in Betracht und zu Wort
im Reußischen Theater am 28. November 1929.)
kommt; und wenn der Spuk im Bannkreis der „Schwar¬
Ernst Barlach wird im Januar 60 Jahre alt. Wenn
zen Maske“ sich letzten Endes ganz diesseitig aufklärt,
staatliche Subvention für eine Bühne wie das berliner
so schwebt über dem Herensabbat des „Herenritts“ bis
Staatstheater überhaupt einen Sinn haben soll, so nur
zuletzt der Zweifel, wo denn hier der Traum beginne,
den, daß sie ermöglicht, schwere Einzelwerke zu spielen
wo die Wirklichkeit ende, und erhöht den Reiz der tollen
— neben dem Abendplan, als Ehrung, als geistige
Arabesken, die wir in Hauptmanns Lebenswerk nicht
Repräsentation.
missen möchten.
In Berlin ist immer noch nicht der „Blaue Boll“ auf¬
2.
geführt worden. Jetzt gibt Gera „Die gute Zeit“. Das
„Im Spiel der Sommerlüfte.“ In drei Auf¬
unzugänglichste Werk Barlachs, eine Karstdichtung,
zügen. Von Arthur Schnitzler. (Uraufführung im
unwegsam, im Geröll und Getürm der Gedanken sich
Deutschen Volkstheater am 21. Dezember 1929.)
verlierend. Im „Armen Vetter“ in den „Echten Sede¬
Wenn die Herren Stehkragen, Girardihüte oder den
munds“, in „Der Sintflut“, im „Blauen Boll“ — die
Waffenrock, die Damen lange Kleider und lange Haure
Gestalten sprechen, ruhend erregte, breit hingesetzte,
tragen, wenn Gehälter in Gulden ausbezahlt werden,
denkend verwühlte Barlach=Figuren. „Die gute Zeit“.
Gymnasiasten aus Griechisch durchfallen können, a¬
knüpft an den „Toten Tag“ an. Gestalten werden nicht
spläne Botanik treiben und der Neubau eines Theaiers
Sinnbilder, Sinnbilder suchen Gestalt zu werden. „Die
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wenige Sekunden sichtbar; um so breiter machen sich
seinen Giebelfries mit dem Triumphzug des Dionysos
eine Anzahl anderer Personen, die mit der zentralen
schmückt — dann offenbar umgibt uns eine halkyo¬
Angelegenheit nur lose, wenn überhaupt, zusammen¬
nische Vergangenheit oder Vorvergangenheit, die be¬
hängen und leider zum größten Teil das Meisterzeichen
kannte moderne Pastorale, in der, wie Schnitzler uns
ihres Dichters, die überzeugende Vitalität, das Geheim¬
wieder einmal glauben machen könnte, abgesehen von
nis des Erdgeruchs und der Erdschwere vermissen lassen,
ein bißchen Kunst nur eines zog, nur eines wog, nur
ohne daß in anderer Weise für diesen Mangel künstle¬
eines das Leben erfüllte und bis zum Überfließen, nur
risch Ersatz geboten würde. Vielleicht liegt hier der
eines das Leben lohnte und auch den Tod: die Liebe,
Stoff eines breit auszuführenden Romans etwa im
nein das Lieben. Wie auf einer Tapete späten Mittel¬
Duktus (gewiß nicht mit dem Tiefgang) Emanuel
alters oder bei einem Petrarchisten ein richtiger
Quints; auf den Brettern aber ist die „Schwarze Maske“
Triumph des Liebesgottes, hinter dessen Wagen die
fehl am Ort, und sollte sie sich dennoch dort behaupten,
Gefangenen einherschreiten, liebend und geliebt,
so wird der Darstellung das Verdienst zufallen. Daß
liebenswert und liebenswürdig, wohlbekannt und den¬
man sich gleichwohl auf hohem Niveau befindet, beweisen
noch neu, kreuz und quer durch Rosenketten so leicht
wundervolle, wenn auch vereinzelte Einzelheiten des
gefesselt, daß es nur eines Rucks bedarf und alte Bin¬
Dialogs, namentlich während eines etwa die Hälfte von
dungen fallen, um durch neue ersetzt zu werden. Zu
Raum und Zeit einnehmenden Gastmahls, und das aus
solch einem Ruck genügt schon das von dem pretiösen
*
van Dyck, Rembrandt und Callot gemischte Kolorit;
Titel unterstrichene Spiel der Sommerlüfte; wenn
aber so wenig das festgelegte Bild unseres berühmtesten
hier der Sturm der Leidenschaften wüten will, gleich
lebenden Dramatikers durch dies Schau= oder Schauder¬
wird auch er zu solchem Spiel der Sommerlüfte abge¬
spiel irgendwie bereichert oder verändert wird, so sicher
dämpft. Und Sitte und Gesetz und Sittengesetz, zwar
wird ihm die Zukunft einen gewissen biographischen
mit großen Fragezeichen versehen, schneiden diesmal
Wert zuerkennen.
erheblich besser ab, als wohl sonst bei Schnitzler. Mag
Auch das Satyrspiel oder Capriccio „Hexenritt“
die betreffende Erörterung sich auch etwas lang ge¬
wird in zehn und mehr Jahren zunächst, und vielleicht
stalten, sie liegt auf so hoher Ebene, daß wir ihrer
ausschließlich, als biographisches Zeugnis Aufmerksam¬
nicht entraten möchten und den erotischen Reigen
keit fordern und finden: als Urkunde für Haupt¬
gerne durch christliche und durch weltliche Resignation
manns Freundschaft mit dem schwedischen Ornithe¬
ergänzt sehen. Überraschungen freilich hat das anmutige
logen und Forschungsreisenden Bengt Berg (der mit
Spiel nicht zu bieten, es wäre denn die, daß die Hand
Haut und Haaren, freilich auch mit veränderter Visit¬
seines Schöpfers noch immer mit alter Leichtigkeit und
karte den Faust einer schwedischen Walpurgisnacht vor¬
Sicherheit gestaltet und lenkt.
stellt) und für die parapsychologischen und sonstigen
Robert F. Arnold
okkulten Interessen unseres Dichters. Aber darüber hin¬
aus bleibt viel des Ergötzlichen und Geistreichen übrig,
Gera
namentlich so oft und so weit der Mephisto jenes Faust,
„Die gute Zeit.“ Von Ernst Barlach. (Uraufführung
ein rationalistischer Berliner, in Betracht und zu Wort
im Reußischen Theater am 28. November 1929.)
kommt; und wenn der Spuk im Bannkreis der „Schwar¬
Ernst Barlach wird im Januar 60 Jahre alt. Wenn
zen Maske“ sich letzten Endes ganz diesseitig aufklärt,
staatliche Subvention für eine Bühne wie das berliner
so schwebt über dem Herensabbat des „Herenritts“ bis
Staatstheater überhaupt einen Sinn haben soll, so nur
zuletzt der Zweifel, wo denn hier der Traum beginne,
den, daß sie ermöglicht, schwere Einzelwerke zu spielen
wo die Wirklichkeit ende, und erhöht den Reiz der tollen
— neben dem Abendplan, als Ehrung, als geistige
Arabesken, die wir in Hauptmanns Lebenswerk nicht
Repräsentation.
missen möchten.
In Berlin ist immer noch nicht der „Blaue Boll“ auf¬
2.
geführt worden. Jetzt gibt Gera „Die gute Zeit“. Das
„Im Spiel der Sommerlüfte.“ In drei Auf¬
unzugänglichste Werk Barlachs, eine Karstdichtung,
zügen. Von Arthur Schnitzler. (Uraufführung im
unwegsam, im Geröll und Getürm der Gedanken sich
Deutschen Volkstheater am 21. Dezember 1929.)
verlierend. Im „Armen Vetter“ in den „Echten Sede¬
Wenn die Herren Stehkragen, Girardihüte oder den
munds“, in „Der Sintflut“, im „Blauen Boll“ — die
Waffenrock, die Damen lange Kleider und lange Haure
Gestalten sprechen, ruhend erregte, breit hingesetzte,
tragen, wenn Gehälter in Gulden ausbezahlt werden,
denkend verwühlte Barlach=Figuren. „Die gute Zeit“.
Gymnasiasten aus Griechisch durchfallen können, a¬
knüpft an den „Toten Tag“ an. Gestalten werden nicht
spläne Botanik treiben und der Neubau eines Theaiers
Sinnbilder, Sinnbilder suchen Gestalt zu werden. „Die
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