31.
—DTSOHNC T
ST
Im Spiel der Sommerlüfte
Von Arthur Schnitzler.
Reichsdeutsche Uraufführung im Neuen Theater.
Im Spiel der Sommerlüfte, die ein Landhaus nahe bei
Wien umwehen, läßt der gereifte Dichter noch einmal die Ge¬
stalten seines Lebens an uns vorüberziehen, keine erdichtete
Phantasiegebilde, sondern Gestalten des „sin du siecle“, wie sie
einmal in ferner Zeit gelebt haben in der heiteren Melancholie
des Wiener Duftes.
Ein historisches Stück!
Wir sehen den Künstler wieder der egoistisch seinem Werk
lebt, an seiner Seite die Frau, die sich auflehnt gegen das Alt¬
werden, die nach sinnlichem Leben giert, während ihren Sohn,
den fast noch Buben, die Leidenschaft wie ein schwüler Som¬
merabend überfällt, die Sehnsuchtsschwärmerei nach Gusti, dem
„lieben süßen Mädel“, die keine Gesetze als ihr schäumendes
Blut kennt. Da ist im Hintergrunde wieder der fesche Leut¬
nant, echt Wiener Viveur, geistloser Sinnenheld, der nur zwi¬
schen Liebelei und Duell pendelt — sein Bruder, der Kaplan,
Verantwortung und Gewissen, der das Reich Gottes auf die
Erde bringen möchte und doch in schwachen Stunden selbst klei¬
ner Zweifler wird. Und endlich wieder der nüchterne Arzt, der
eifersüchtig und skeptisch betrachtend zur Seite stehen muß. Da
ist der ganze Reigen aus flüssiger Anmut und Melancholie
Schnitzlerschen Wesens, seine Menschen in sentimentaler, nerven¬
überreizter Stimmung, ihre rasch aufflammende und rasch ver¬
fliegende Leidenschaft, die kommt und geht, wie die Sommer¬
lüfte wehen und vergehen.
Webten und vergangen sind. Denn die Blätter von da¬
mals wurden schon lange zum raschelnden Laub, die der Sturm¬
wind längst zerzauste. Es gibt diese Menschen nicht mehr, die¬
sen Kaplan, diesen Offizier, diese Frauen und diesen Wiener
Duft.
Wie gesagt, ein geschichtliches Stück.—
Die Schaufpieler verdienen uneingeschränktes Lob.
Lydia Busch als alternde Frau, vermag den psychischen
Bedingtheiten ihrer Rolle ausgezeichneten Ausdruck zu geben,
knapp und beherrscht in den Mitteln, überzeugt sie in der Wir¬
kung. Marianne Hoppe als junge demi=kokotte ist von
sprudelnder Lebenslust und Tatendrang erfüllt, sie gefällt trotz
ihrem ewig gleichen Lächeln; Hans Stelzer, kleiner Junge
und glühender Liebhaber, durchaus lebendig und glaubhaft,!
Franz Massarecks Kaplan trief von allzuviel Pathos,
das gemildert werden könnte, Franz Arzdorf verkörpert
in sympathischer Weise den verbitternden Arzt, Karl Gün¬
ther spielt einen prächtigen Wiener Bildhauer und Tat¬
lana Sais in der Nebenrolle eines Dienstmädchens ist über¬
##ende naive Dummheit mit seligem Gesichterl.
Tr7 u
7
Das Ensemble, das sich unter Hellmers Regie geschlossen!
in die Wiener Atmosphäre zu versetzen vermochte, sowie das an¬
genehme und glücklich gewählte Bühnenbild von Werner
Barth vermochten den Eindruck einer musterhaften Auffüh¬
Otto Schales.
Prung zu erwecken.
box 34/4
Schnitzler „Im Spiel der Sommerlüfte“ im
„Neuen=Theater“. Ein Schauspiel des Novellisten
Arthuxe Schnitzler, sein, zart und behutsam,
reich as. tiefen und klugen Einfällen und jenen
„Zwischenspielen“, die Schnitzlers Kunst bedeuten.
Und deshalb trotz der Fülle der Worte und des
leisen Flusses der Handlung, trotz der dem Heute
abgewandtek Probleme ein Werk, das bewegt und
meyr gibt, als leicht ein halb Dutzend randalie¬
render Zeitstücke. Man dankte in den Darstellern
der Hauptrollen Lydia Busch, Marianne Hoppe,
Hans Skelzer, Franz Massareck und dem Regisseur
Hellmer auch bewegt dem Dichter.
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Im Spiel der Sommerlüfte
Von Arthur Schnitzler.
Reichsdeutsche Uraufführung im Neuen Theater.
Im Spiel der Sommerlüfte, die ein Landhaus nahe bei
Wien umwehen, läßt der gereifte Dichter noch einmal die Ge¬
stalten seines Lebens an uns vorüberziehen, keine erdichtete
Phantasiegebilde, sondern Gestalten des „sin du siecle“, wie sie
einmal in ferner Zeit gelebt haben in der heiteren Melancholie
des Wiener Duftes.
Ein historisches Stück!
Wir sehen den Künstler wieder der egoistisch seinem Werk
lebt, an seiner Seite die Frau, die sich auflehnt gegen das Alt¬
werden, die nach sinnlichem Leben giert, während ihren Sohn,
den fast noch Buben, die Leidenschaft wie ein schwüler Som¬
merabend überfällt, die Sehnsuchtsschwärmerei nach Gusti, dem
„lieben süßen Mädel“, die keine Gesetze als ihr schäumendes
Blut kennt. Da ist im Hintergrunde wieder der fesche Leut¬
nant, echt Wiener Viveur, geistloser Sinnenheld, der nur zwi¬
schen Liebelei und Duell pendelt — sein Bruder, der Kaplan,
Verantwortung und Gewissen, der das Reich Gottes auf die
Erde bringen möchte und doch in schwachen Stunden selbst klei¬
ner Zweifler wird. Und endlich wieder der nüchterne Arzt, der
eifersüchtig und skeptisch betrachtend zur Seite stehen muß. Da
ist der ganze Reigen aus flüssiger Anmut und Melancholie
Schnitzlerschen Wesens, seine Menschen in sentimentaler, nerven¬
überreizter Stimmung, ihre rasch aufflammende und rasch ver¬
fliegende Leidenschaft, die kommt und geht, wie die Sommer¬
lüfte wehen und vergehen.
Webten und vergangen sind. Denn die Blätter von da¬
mals wurden schon lange zum raschelnden Laub, die der Sturm¬
wind längst zerzauste. Es gibt diese Menschen nicht mehr, die¬
sen Kaplan, diesen Offizier, diese Frauen und diesen Wiener
Duft.
Wie gesagt, ein geschichtliches Stück.—
Die Schaufpieler verdienen uneingeschränktes Lob.
Lydia Busch als alternde Frau, vermag den psychischen
Bedingtheiten ihrer Rolle ausgezeichneten Ausdruck zu geben,
knapp und beherrscht in den Mitteln, überzeugt sie in der Wir¬
kung. Marianne Hoppe als junge demi=kokotte ist von
sprudelnder Lebenslust und Tatendrang erfüllt, sie gefällt trotz
ihrem ewig gleichen Lächeln; Hans Stelzer, kleiner Junge
und glühender Liebhaber, durchaus lebendig und glaubhaft,!
Franz Massarecks Kaplan trief von allzuviel Pathos,
das gemildert werden könnte, Franz Arzdorf verkörpert
in sympathischer Weise den verbitternden Arzt, Karl Gün¬
ther spielt einen prächtigen Wiener Bildhauer und Tat¬
lana Sais in der Nebenrolle eines Dienstmädchens ist über¬
##ende naive Dummheit mit seligem Gesichterl.
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Das Ensemble, das sich unter Hellmers Regie geschlossen!
in die Wiener Atmosphäre zu versetzen vermochte, sowie das an¬
genehme und glücklich gewählte Bühnenbild von Werner
Barth vermochten den Eindruck einer musterhaften Auffüh¬
Otto Schales.
Prung zu erwecken.
box 34/4
Schnitzler „Im Spiel der Sommerlüfte“ im
„Neuen=Theater“. Ein Schauspiel des Novellisten
Arthuxe Schnitzler, sein, zart und behutsam,
reich as. tiefen und klugen Einfällen und jenen
„Zwischenspielen“, die Schnitzlers Kunst bedeuten.
Und deshalb trotz der Fülle der Worte und des
leisen Flusses der Handlung, trotz der dem Heute
abgewandtek Probleme ein Werk, das bewegt und
meyr gibt, als leicht ein halb Dutzend randalie¬
render Zeitstücke. Man dankte in den Darstellern
der Hauptrollen Lydia Busch, Marianne Hoppe,
Hans Skelzer, Franz Massareck und dem Regisseur
Hellmer auch bewegt dem Dichter.