II, Theaterstücke 31, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 120

Somm
31. In Spiel der #nnerinefte
Frankfurter Theater
„Alt=Frankfurt“ neueinstudiert im Schauspielhause
Am Samstag vor Ostern hat Mathilde Einzig einen
doppelten Triumph erlebt. Sie hat den Lokalschwank des „jungen“
Adolf Stoltze und sich selbst so fein „in Szene gesetzt“ daß das
vollbesetzte Haus von einer Lachsalve in die andere fiel. Wer sich
überzeugen will, was für eine schöne Sprache in Frankfurt ge¬
sprochen wird, der muß sich unbedingt diese sieben Bilder ansehen,
die einen einzigartigen Querschnitt durch Frankfurt geben. Nicht
nur die „Waschechten“ auch die „Eingeplackten“ geben sich alle
Mühe mit dem Schwank, das ganze Personal spielt so frisch und
lebendig, daß man gerne übersieht, wie verstaubt so manches ist.
Eine Apelwoikapelle unter Leitung von Bruno Hartl sorgte den
ganzen Abend ununterbrochen für „Stimmung“. Und Beifall gabs
wie ihn Schiller und Goethe auch nicht besser erzielen konnten. R.
Im Spiel der Sommerlüfte
Schnißler=Uraufführung im Neuen Theater
Alte Bekannte treten auf. Wo hat man sie bereits gesehen,
mehr als einmal? Bei Schnitzler. Wer malte ähnliche, ach so
vertraute Stimmungen, voller Resignation, Verliebtheit, Hoffnung
und Verzicht? Arthur Schnitzler. „Im Spiel der Sommer¬
lüfte“ deutet schon an, daß die Seelenkämpfe diesmal eng mit
Wetterveränderungen verbunden sind, woraus für den Beleuchter
ganz besondere Aufgaben erwachsen.
Die Handlung, völlig privat soll Ende des vorigen Jahr¬
hunderts spielen. Das tut sie auch, denn sie interessiert uns heute
in keiner Weise mehr. Warum das Neue Theater einem gelang¬
weilten Publikum dieses lauwarme Sommerlüfterl vorsetzte, ist
unerfindlich. Selbst der Dialog, sonst bei Schnitzler gepflegt und
genußreich, ist an verschiedenen Stellen außerordentlich unnatürlich
und schlecht.
Der Inhalt läßt sich schwer erzählen. Auch bei aufmerksamem
Studium kann nicht mit Bestimmtheit behauptet werden, wer 1
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gerade wen liebt. Wer vermöchte im Dämmern eines Sommer¬
abends die Windrichtung festzustellen?
Die Regie blieb angesichts der allgemeinen Farblosigkeit matt.
Im ersten Akt, im zweiten und abermals im dritten, wird Kaffee
getrunken, und zwar immer mit denselben Brötchen. Die Schau¬
spieler haben es nicht leicht, ihren Kaffee zu Ende zu trinken,
denn Schnitzler benutzt einen Omnibus, der im Hintergrund seinen
Fahrplan einhält, die Figuren geeigneten Augenblicks von der
Bühne zu holen.
Eine geschlossene Leistung bot Karl Günther als Professor
Friedlein, salopp und doch genügend pointiert. Lydia Busch hatte
es bei allem schauspielerischem Können schwerer, da sie eine völlig
passive Haltung einnehmen mußte. Eine bei Schnitzler bisher noch
nicht vertretene Figur, der von Glaubenszweifeln geplagte Pfarrer,
Franz Massareck, deklamierte endlose Manuskriptseiten. Hans
Stelzer spielte unbeschwert sich selbst, einen Siebzehnjährigen.
Marianne Hoppe, oft verkrampft, konnte die ihr zufallende
Rolle eines naiven Wiener Mädels nur in kurzen Momenten er¬
füllen.
Das Publikum war mit Recht wenig befriedigt.
Eberhard Beckmann.