II, Theaterstücke 30, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 11

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30. DerGang zum Neiher
01.
die jübernibe Nationt.“
: Bayrischen Volksparte k Recst verdammt
sich Graf Westarp mit der Parole: „800 Millionen! gab
Worden.

W
die Serben und Russen und ihre Kriegspsychose, auf Oester¬
E
reichs Niederlage bei Luck und auf die Verbrüderungen an
den Fronten, natürlich stets ohne Nennung der Staaten
Arthur Schnitzlers neustes Drama.
und Völker beim Namen. Der Kanzler hält in der Schlu߬
7
„Der Gang zum Weiher.“
szene des zweiten Aktes einen Wallensteinmonolog, und er
beglagt es, gleich dem Musikus Weiring in der „Liebelei“:,
Von
daß er seine Schwester zu gut behütet habe. Die in edlen,
herrlich klingenden Versen geschriebene Dichtung wäre nicht
Dr. Wilhelm v. Wymetal.
von Schsitzler, wenn zu dem Gegensatz zwischen Alter
Schnitzler war von jeher auch in großer Gesellschaft
und Jugend nicht auch die Mysterien der Liebe kämen.
den
ein Einsamer. Mit der Zunahme der Jahre ist aus dem
Frei will sich des Kanzlers Tochter einem Jugendgenossen
berüh
Allein=Sein unter Vielen, das doch eine gewisse Pflege der
ihres Vaters schenken, Sylvester Thorn, der eben vom
Rasn
Gesellschaft in sich schließt, mehr und mehr ein wirkliches
Wehenbett seiner langjährigen Geliebten mit dem Heirats¬
Vereinzelt=Hausen geworden! Gleich Schönherr geht er
entschluß gekommen ist. Thorn kehrt heim und findet durch
mißgl¬
seltener und seltener unter die Menschen. Trifft man aber
eine schwere Geburt Frau und Kind tot! Aber als er,
halbst
die zwei österreichischen Dramatiker in Gesellschaft, wie das
der alternde Dichter, der das Mädchen durch seine Grazie
Rom
vor wenigen Tagen im Unterrichtsministerium bei einem
und Kunst bezaubert hatte, zurück zu Leonilda Mayenau
der a
Empfang aus Anlaß des Burgtheaterjubiläums der Fall
eilt, hat sich diese inzwischen einem jungen, revolutio¬
Kap 2
war, dann schwingt um Beide wieder die Athmosphäre
nären Offizier in freiester Liebe geschenkt. Der Kanzler will
und w
der Einsamkeit, sie setzen sich nicht mit dem oder jenem
sein vom Kaiser wiederbeglaubigtes Siegel nachsichtig auch
nalen
Grüppchen gemütlich zusammen, sondern sie gehen von Saal
auf diesen Pakt der Tatsächlichkeit setzen, jedoch erklären
Unterr
zu Saal, sagen da ein paar freundliche Worte, werden dort
Leonilda und der Offizier, sie dächten gar nicht an eine
neuart
respektvoll angesprochen, und verschwinden schließlich lange
Bindung, und während der Kanzler alles tut, um den
hofft.
vor Tanz und Ende, wie sie ohne Aufsehen gekommen
Frieden zu erhalten, hetzt der junge Offizier das Heer
wie 2
waren. Auch daß ihn seine Frau verlassen hat und sein
zum Angriff auf, es gelingt ihm, und es ist bloß ein
von P
Sohn als Schauspieler in die Welt gehen mußte, machte
Glückszufall, daß sich der Sieg an diesen Schritt knüpft;
Ford
Schnitzler still und einsam, wie auch der Antisemitismus,
eine allgemeine Versöhnung folgt und damit wohl auch die
Führ
unter dem er und Wassermann besonders zu leiden
Heirat des Offiziers und Leonildas. Nur der einsam
b
scheinen. Diese Vereinsamung wirkt auch auf Schnitzlers
gewordene Dichter Thorn findet den freiwilligen Tod in

st fast so, als wären
Produktion sichtlich stark ein. Es
jenem Weiher — man denkt an Vockerats Müggelsee und
die Gestalten, die er als Dramatiker geschaffen hat, sein
Schillings Ostsee, wie man bei dem brohenden Abfall des
liebster Umgang geworden, so daß ihm für neue Figuren
Marschalls, an den Louis Ferdinand Unruhs und der
deut
und Werke seine eigenen Geschöpfe von früher Modell stehen!
an dem ihm und nachher dem
(
Historie sich erinnert! —
müssen. Unglaublich vielen Gestalten des früheren Schnitzler
Byrs
jungen Offizier das Glück in Gestalt einer nackt badenden
und unerhört vielen oftvariierten Problemen begegnen wir
Nixe, Leonildas, erschienen war.
auch in dem neuesten Drama wieder. Trotzdem ist Schnitz¬
Der Wohllaut der Verse, die Stimmungsfülle der Hand¬
lers mächtige Begabung imstande, die alten Figuren in
P
lung hätten dieses Drama so recht als ein Werk eines
neuen Facetten neu erglitzern zu lassen, alte Handlungen
die E
labenden Oesterreichers für das Burgtheaterjubiläum emp¬
und Schmerzen als frische, noch brennende hinzustellen.
sohlen. Doch kommt nach Lessing, Büchner und Haupt¬
und
Was diesmal besonders merkwürdig berührt, ist, daß
ein kleines Festspiel Auernheimers kann trotz
völlig
mann
das Drama zwar „um die Mitte des XVIII. Jahrhunderts“,
seiner Gefälligkeit als Gelegenheits=Arbeit nicht voll ge¬
auf dem Schloß eines gestürzten Kanzlers und Freiherrn
rechnet werden — erst am 17. Tage neben Unruh Schönherr
ngrung
von Mayenau und streng aristotelisch innerhalb von etwa
als einheimischer Dramatiker mit einem älteren Werk daran.
hatn
40 einander folgenden Stunden spielt, daß aber darin
Bei Schnitzler ward offenbar nicht einmal angefragt, weil
Berin
Elemente der Renaissance („Schleier der Beatrice“), der
man sich sonst doch diese fürs Burgtheater wie geschaffene,
daß sir
„Medardus“=Zeit und unserer Weltkriegstage seltsam ge¬
oder
spiegelnde und schimmernde Verstragödie nicht hätte ent¬
mengt sind! Denn der vereinsamte Kanzler trägt deutlich
nahme
gehen lassen können!
Züge Bismarcks, seine drei Nachfolger Caprivi, Hohenlohe
von E
und Bülow tauchen auf, der Kaiser trägt Züge von Wil¬
muß
* („Das große Welttheater“ in Bamberg.) Mit Ein¬
helm 1. und Wilhelm II. gemischt an sich, damit trotz des
Die
willigung der Geistlichkeit wird das Bamberger Stadt¬
Sturzes zuletzt nach Tagen der Kriegsnot und des Sieges
schätzbe
nHofmannsthals
theater im Juni Hugo v.
die Aussöhnung zwischen Kaiser und Kanzler ermöglicht sei,
„Großes Welttheater“ vor der Michaelskirche schen
aber auch auf Elsaß=Lothringen und den Alto Adige weisen
unkt
Sätze, wie auf Oesterreichs Mooilisierung anno 1912, aus I in Bamberg darstellen.
KeuIiev. X.
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