30. DerGangzun Neiher
box 34/2
und Meßopfer“, ¾47 Uhr früh: „Jerusalemiso,
r
—
Schloßkapelle Schönbrunn:
erinnerungen“
Sonntag, 5 Uhr nachmittags Msgre. Hegglin: „Gottes
rt
Rechtfertigung in der Weltgeschichte“, anschließend Segen.
n,
Theater, Kunst und Mustk. —
„Der Gang zum Weiher.
Dramatische Dichtung von Artur
Schnitzler (Burgtheater).
Dieser neueste Schnitzler ist nicht mehr ganz neu.
Seit etlichen Jahren schon liegt das Buch in der Kanzlei
des Burgtheaters, dessen früherer Direktor immer wieder
zögerte, die Aufführung anzusetzen, ein Zögern, das ihm
nicht wenig verübelt wurde, denn ein Werk Schnitzlers
13
mit stürmischer Freude sogleich und unbesehen aufzu¬
führen, zählt man in gewissen Kreisen geradezu zu den
es
„Verpflichtungen“ des Burgtheaters. Jetzt also bekamen
wir den „Gang zum Weiher“ zu sehen und jetzt verstchen
wir Herterichs Zögern und billigen es.
Der gewesene Kanzler Freiherr v. Mayenau, beim
jungen Kaiser nach Zeiten herzlicher Freundschaft plötzlich
in Ungnade gefallen, lebt einsam auf seinem Schlosse.
Sonstige Bewohner dieses Landsitzes: Anselma, des Frei¬
herrn unvermählte Schwester, die am Glück vorbeiging,
die Liebe verpaßte. Leonilda, des Freiherrn Töchterlein,
ein schwärmerisches Mädchen mit gefährlicher Unruhe im
Blute. Ein wunderlicher Sekretär endlich, dem der
Kanzler, getreu der Gepflogenheit abgesetzter Staats¬
männer, seine Memoiren diktiert. Nun kommt ein Gast,
Sylvester Thorn, ein Dichter von Beruf (soferne man
en
dies einen „Beruf“ nennen kann), Jugendfreund des
Freiherrn, jetzt gleich diesem an der Schwelle des Alters
et.
angelangt. Zehn Jahre lang hat man von ihm nichts
n
mehr gehört. Aber gesprochen scheint man oft genug von
er
ihm zu haben. Alle freuen sich über sein Kommen. Ins¬
en
besondere Leonilda. Ihre Freude ist
von seltsamer
Wärme. Sie hat es nicht vergessen, daß ihr Thorn die
lde
schönsten Märchen erzählte, als sie noch ein Kind war.
Kaum ist er da — er will eigentlich nur Tagebücher, die
hie
er einstens dem Freiherrn zur Aufbewahrung übergab,
nochmals lesen und dann verbrennen, um solcherart mit.
als
— so überfällt ihn Leonilda
den
der Jugend abzuschließen,
re
mit ihrer schwärmerischen Liebe. Gleich ist er entflammt
#nd
und hält beim Freiherrn um ihre Hand an. Der ist aufs
e
äußerste bestürzt. Nicht bloß der Altersunterschied macht
ten
ihn bedenklich, mehr noch schreckt ihn der Umstand, daß
itzt,
Thorn draußen in der Welt eine Geliebte hat die ihm in
für
den nächsten Tagen einen Sohn schenken soll. Es wird
bei
vereinbart, daß sich Thorn gedulden möge, jene andere
Verbindung zu lösen trachte und dann beim Wieder¬
ute
kommen seine Werbung neuerlich vorbringe. So zieht
der
Thorn davon. Aber gleichzeitig kommt ein Anderer,
Junger: Konrad von Ursenbeck, der Sohn des Marschalls,
An= Offizier in des Kaisers Armee. Er bringt Botschaft von
bevorstehenden kriegerischen Verwicklungen und deutet an,
ich¬
daß, falls der Kaiser sich nicht zum Kriege entschließen
sollte, das Heer mit dem Marschall an der Spitze sich
empören und auf eigene Faust Krieg führen werde. Diesen
jungen Mann nun gelüstet es nach langem nächtlichen
Ritte nuch einem Bade in dem versteckten Weiher des
der
Schloßparkes. Der Freiherr, der weiß, daß Leonilda eben
Die
jetzt dort ihr Bad nimmt, reizt den Jüngling mit War¬
im
nungen und Anspielungen, gleichfalls hinzugehen. Das
ist das Mittel, mit dem der seltsame Vater die Werbung
wei
Thorns ein für allemal unmöglich machen möchte. Und
rige
richtig: Die Rechnung stimmt. Die beiden jungen Leute
tatt.
„lieben“ sich prompt nach dieser Nacht, was man in der
iten
Welt Schnitzlers eben „Liebe“ nennt. Thorn kehrt zurück
und findet Leonilda im sicheren Besitze eines anderen.
Thorn wäre jetzt „frei“, seine Geliebte ist samt dem neu¬
geborenen Kinde gestorben, sein „Haßwunsch“ hat sie
getötet. Er sieht, daß er Leonilda nicht mehr gewinnen
kann und nun schreitet er in den Weiher, in den kühlen
ver¬
Tod. Der Freiherr will das junge Paar durch formelle
ker
Verlobung binden, aber dazu ist Leonilda zu stolz.
Konrad soll durch das Abenteuer nicht verpflichtet sein, sie
iner
will freie Verfügung über sich behalten. Er soll in den
zwei
Krieg ziehen, der nun glücklich doch ausgebrochen ist,
ifall
obwohl ihn der Freiherr, wieder in die Gnade des
den
Kaisexs aufgenommen, zu verhindern suchte. Wenn er
hren.
wiederkommt, wird man ja sehen ...
vom
Die Keimzelle zu dieser dramatischen Dichtung ist
estiv
offenkundig in der kecken, kleinen Novelle Emil Zolas
als
„Ein Bad“ zu suchen, die ganz primitiv, ganz gerädlinig
box 34/2
und Meßopfer“, ¾47 Uhr früh: „Jerusalemiso,
r
—
Schloßkapelle Schönbrunn:
erinnerungen“
Sonntag, 5 Uhr nachmittags Msgre. Hegglin: „Gottes
rt
Rechtfertigung in der Weltgeschichte“, anschließend Segen.
n,
Theater, Kunst und Mustk. —
„Der Gang zum Weiher.
Dramatische Dichtung von Artur
Schnitzler (Burgtheater).
Dieser neueste Schnitzler ist nicht mehr ganz neu.
Seit etlichen Jahren schon liegt das Buch in der Kanzlei
des Burgtheaters, dessen früherer Direktor immer wieder
zögerte, die Aufführung anzusetzen, ein Zögern, das ihm
nicht wenig verübelt wurde, denn ein Werk Schnitzlers
13
mit stürmischer Freude sogleich und unbesehen aufzu¬
führen, zählt man in gewissen Kreisen geradezu zu den
es
„Verpflichtungen“ des Burgtheaters. Jetzt also bekamen
wir den „Gang zum Weiher“ zu sehen und jetzt verstchen
wir Herterichs Zögern und billigen es.
Der gewesene Kanzler Freiherr v. Mayenau, beim
jungen Kaiser nach Zeiten herzlicher Freundschaft plötzlich
in Ungnade gefallen, lebt einsam auf seinem Schlosse.
Sonstige Bewohner dieses Landsitzes: Anselma, des Frei¬
herrn unvermählte Schwester, die am Glück vorbeiging,
die Liebe verpaßte. Leonilda, des Freiherrn Töchterlein,
ein schwärmerisches Mädchen mit gefährlicher Unruhe im
Blute. Ein wunderlicher Sekretär endlich, dem der
Kanzler, getreu der Gepflogenheit abgesetzter Staats¬
männer, seine Memoiren diktiert. Nun kommt ein Gast,
Sylvester Thorn, ein Dichter von Beruf (soferne man
en
dies einen „Beruf“ nennen kann), Jugendfreund des
Freiherrn, jetzt gleich diesem an der Schwelle des Alters
et.
angelangt. Zehn Jahre lang hat man von ihm nichts
n
mehr gehört. Aber gesprochen scheint man oft genug von
er
ihm zu haben. Alle freuen sich über sein Kommen. Ins¬
en
besondere Leonilda. Ihre Freude ist
von seltsamer
Wärme. Sie hat es nicht vergessen, daß ihr Thorn die
lde
schönsten Märchen erzählte, als sie noch ein Kind war.
Kaum ist er da — er will eigentlich nur Tagebücher, die
hie
er einstens dem Freiherrn zur Aufbewahrung übergab,
nochmals lesen und dann verbrennen, um solcherart mit.
als
— so überfällt ihn Leonilda
den
der Jugend abzuschließen,
re
mit ihrer schwärmerischen Liebe. Gleich ist er entflammt
#nd
und hält beim Freiherrn um ihre Hand an. Der ist aufs
e
äußerste bestürzt. Nicht bloß der Altersunterschied macht
ten
ihn bedenklich, mehr noch schreckt ihn der Umstand, daß
itzt,
Thorn draußen in der Welt eine Geliebte hat die ihm in
für
den nächsten Tagen einen Sohn schenken soll. Es wird
bei
vereinbart, daß sich Thorn gedulden möge, jene andere
Verbindung zu lösen trachte und dann beim Wieder¬
ute
kommen seine Werbung neuerlich vorbringe. So zieht
der
Thorn davon. Aber gleichzeitig kommt ein Anderer,
Junger: Konrad von Ursenbeck, der Sohn des Marschalls,
An= Offizier in des Kaisers Armee. Er bringt Botschaft von
bevorstehenden kriegerischen Verwicklungen und deutet an,
ich¬
daß, falls der Kaiser sich nicht zum Kriege entschließen
sollte, das Heer mit dem Marschall an der Spitze sich
empören und auf eigene Faust Krieg führen werde. Diesen
jungen Mann nun gelüstet es nach langem nächtlichen
Ritte nuch einem Bade in dem versteckten Weiher des
der
Schloßparkes. Der Freiherr, der weiß, daß Leonilda eben
Die
jetzt dort ihr Bad nimmt, reizt den Jüngling mit War¬
im
nungen und Anspielungen, gleichfalls hinzugehen. Das
ist das Mittel, mit dem der seltsame Vater die Werbung
wei
Thorns ein für allemal unmöglich machen möchte. Und
rige
richtig: Die Rechnung stimmt. Die beiden jungen Leute
tatt.
„lieben“ sich prompt nach dieser Nacht, was man in der
iten
Welt Schnitzlers eben „Liebe“ nennt. Thorn kehrt zurück
und findet Leonilda im sicheren Besitze eines anderen.
Thorn wäre jetzt „frei“, seine Geliebte ist samt dem neu¬
geborenen Kinde gestorben, sein „Haßwunsch“ hat sie
getötet. Er sieht, daß er Leonilda nicht mehr gewinnen
kann und nun schreitet er in den Weiher, in den kühlen
ver¬
Tod. Der Freiherr will das junge Paar durch formelle
ker
Verlobung binden, aber dazu ist Leonilda zu stolz.
Konrad soll durch das Abenteuer nicht verpflichtet sein, sie
iner
will freie Verfügung über sich behalten. Er soll in den
zwei
Krieg ziehen, der nun glücklich doch ausgebrochen ist,
ifall
obwohl ihn der Freiherr, wieder in die Gnade des
den
Kaisexs aufgenommen, zu verhindern suchte. Wenn er
hren.
wiederkommt, wird man ja sehen ...
vom
Die Keimzelle zu dieser dramatischen Dichtung ist
estiv
offenkundig in der kecken, kleinen Novelle Emil Zolas
als
„Ein Bad“ zu suchen, die ganz primitiv, ganz gerädlinig