II, Theaterstücke 30, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 65

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30. Der Gang zun Weihen
*— 710
Dienstag, 17. Februar 1931
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Meafer K.
Theater vom Samstag
Neuer Schnitzler im Burgthea¬
ter — „Serajewo 1914“ in der Ko¬ e
mödie.
Von Hans Liebstoeckl
I.
Nach dreijähriger Bedenkzeit ward am d
Samstag im Burgtheater Schnitzlers neues
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Schauspiel „Der Gang zum Weiher“ ein
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Lesestück voll gutklingender Verse, mit ver¬
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teilten Rollen vorgetragen. Meine Kollegen
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vom Fach, umsichtiger als ich, haben das
9.
Stück offenbar schon früher zu Gesicht be¬
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kommen; sie tun sehr vertraut, scheinen in
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Schnitzlers Absichten besser eingeweiht als
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der Dichter selbst und haben sich offenbar
viel Mühe damit gemacht, sonderbar genug,
wenn man bedenkt, daß das Burgtheater,
trotz abgeschlossener Vereinbarungen, den
Kritikern die Türe zu den Generalproben
vor der Nase zuschlug. Ich, der so naiv war,
zu glauben, das neue Bühnenwerk Schnitz¬
lers würde sich bei der Aufführung von e
selbst hinreichend offenbaren und der be¬
rühmte Dichter sich ein wenig hinter die
verträumte Pupille blicken lassen, gab bald
den Versuch auf, da Herr Heine vorzog, un¬
verständlich zu bleiben und auch anderes so
undeutlich als möglich sprechen zu lassen,
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was wahrscheinlich sehr zu beklagen ist, da de
seiner Dichtung
sich Artur Schnitzler in
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ohrenscheinlich bemüht ist, seine Gedanken
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zwar nicht klar, aber doch sehr schön auszu¬
drücken. So viel war wenigstens bei Ewald V
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Balser, der musterhaft phrasiert, festzustel¬
len: daß er einen abgesetzten Kanzler mit A
heimlichen Enttäuschungen und viel Liebe
zum undankbaren Kaiser spielt und daß er,
ein Diplomat auch in erotischen Dingen,
zugereisten Marschallssöhnen gerne den
Weg zum Weiher weist, wo sein eigenes K¬
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Tochterlein des Nachts ganz nackt zu baden ve
pflegt, um hinterdrein dem Gotte Pan durch
Tanz zu huldigen. Der Marschallssohn, Herr
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Hennings, prächtig gestüm, aber sichtlich be¬
engt durch die ignoble Grundzeichnung der
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Nolle, macht davon reichlichen Gebrauch,
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teils am Weiher selbst, teils im Turm¬
de
gemach, das an der Schönen Schlafgemach au¬
zu grenzen scheint. Sie selbst, die Holde, le¬
Ebba Johannsen, eine Königin der Nacht. "
die herrlich dahinschreitet und süße Dinge
mit zärtlichster Scheu spricht, ist von Kopf
bis Fuß auf Teiche und Marschallsöhne ein¬
gestellt (Leonilda und ihr Husar); wohl
hätte sie sich wahrscheinlich, wenn sich der
Dichter Sylvester Thorn, gespielt von Fer¬
dinand Onno, nicht so töricht benähme, auch
diesem hingegeben (am Teich sind alle Män¬
ner gleich), aber ihre gute Erziehung hat sie
offenbar gelehrt, Unterschiede zwischen alten
und jungen Herrn zu machen. Herr Onno, J
auf einen Kaing=Posten gestellt, läßt den