II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 27


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Jahrgang 1900. Die Weltpriester, welche im Jahre 190,
Drei Frauenschicksale werden hier gezeigt, hervor¬
die heiligen Weihen empsingen, treifen sich am Donnerstag,
den 16. d. in Wien, I. Stefansplatz „Deutsches Haus“, Zimmer
wachsend aus drei Frauentemveramenten. Von den
Nr. 3 um 1 Uhr mittags.
„Strömen“ ist die Rede, die dunkelgründig und ge¬
Der De la Salle=Verein zur Erziehung von Waisen¬
heimnisvoll ewig zwischen Weib und Mann rauschen. Un¬
kindern, XV. Gebrüder=Lang=Gasse 6, veranstaltet eine Wallfahrt
erkannte, unbedankte, abgewiesene Liebe reißt hier Frauen
nach Döbling „Zur Mutter vom geneigten Haupte“ am Sonntag,
in verwirrende und unentrinnbare Wirbel, macht sie zur
den 19. d. unter Leitung des P. Alois Hutterer. Zusammenkunft
leichten Beute des Spielers. Ernste Männer träumen
der Teilnehmer um 3 Uhr am Saarplatz in Döbling, ½4 Uhr
und leiden an ihrem Glück vorbei. Es wäre ungerecht.
Predigt und heiliger Segen.
manche zarte Stimmung zu übersehen, die diese Komödie
Orgelkonzert in der Votivkirche. Walter Pach, der
Organist der Votivlirche veranstaltet am Donnerstag, den
birgt. So wird beispielsweise in einer Szene, in der die
16. d., abends 7 Uhr, zum Besten der Votivkirche ein Orgel¬
bräutliche Tochter mit ihrem Gatten das Vaterhaus ver¬
konzert. Mitwirkend: Konzertsängerin Friederike Zwierzina.
laßt, die süße Trauer auf die Bühne gezaubert, die da
Programm: Max Reger op. 27. Choralphantasie „Eine feste
allemal zurückbleibt. Auch im Dialog fällt manches kluge,
Burg ist unser Gott“; J. S. Bach: Präludium und Fuge
schön nuchballende Wort.
E=Moll; Mar Reger op. 137. Lieder mit Orgel; Max Reger
Aber dies sind nur stärliche und kaum erwärmende
op. 40 —I.: Choralphantasie „Wie schön leucht uns der Morgen¬
stern“ Karten bei Kehlendorfer „Deutsche Kunststelle“ im
Lichtblicke in einer unermeßlichen Oede, in die uns diese
Propsteipsarrhaus, sowie an der Abendlasse bei den Kirchen¬
Komödie erharmungslos versetzt. Mit einer Oberflächlich¬
keit, über die uns alles gewaltsame Geistreichtun, alles
uen. Vierziajähriges Priesterjubiläum. Am 5. d. feierte
Fangballspiel mit klug gerundeten Worten nicht hinweg¬
geistl. Rat und Pfarrer Franz Schmid in Wien, Zwischen¬
täuschen kann, wird da Frauenehre beschwätzt und besudelt,
brücken, Pfarre Zu Allenheiligen, sein vierzigjähriges Priester¬
mit einem geilen Zynismus, der wie ein Brechmittel
jubiläum. Am Vorabende sand eine Feier statt, bei der außer
wirkt, wird da der Schöpfung höchstes und scheuestes Ge¬
andern Abg. Volker die Verdienste des Jubilars würdigte.
heimnis abgetastet. Und um das Maß voll zu machen,
Sonntag wurde dieser von den Vereinen vom Pfarrhof in die
Kirche geleitet, wo nach der Festpredigt das Hochamt stattfand.
kommen im letzten Akte Stellen, die von stumpfsinniger
Der Kirchenchor führte bei diesem die große Messe in E von
Langeweile strotzen und auch jene liebenswürdige Unter¬
Franz Schubert und das Tedeum von G. Preyer auf. Nach
haltsamkeit, die man dem Dramatiker Schnitzler immer
dem Hochamte dankte der Jubilar in einer kurzen Ansprache
nachrühmte, gründlich vermissen lassen. Ein Anfänger,
für die zahlreiche Teilnahme der Bevölkerung.
der solch einen letzten Akt schriebe, würde nach dem letzten
Vorhangfall unbarmherzig ausgezischt. Davor freilich
schützt einen Schnitzler der Klang seines Namens, den
Theater, Kunst und Musik.
geschäftskundige Lobpreiser der Oeffentlichkeit begeistert
genug in die Ohren gehämmert haben. Wüßte mun nicht,
Burgtheater.
daß die Aufführung dieser Komödie als Veranstaltung
Artur Schnitzler: „Komödie der Verführung“.
im Rahmen des Theaterfestes der Stadt Wien gewünscht
wurde, so müßte man allen Ernstes die Frage aufrollen,
Erstaufführung am 11. Oktober 1924.
ob unser armer Staat mit den Milliarden, die das Defizit
Wer es jetzt noch nicht einsieht, daß er eigentlich doch
der Bundestheater verschlingt, nichts Besseres anzufangen
ein ganz verflixter Kerl ist, dieser Schnitzler, dem ist nicht
weiß, als solcher Kunst zu dienen.
zu helfen. Er gibt nicht nach. Als er fast noch ein Knabe
Voll Treue auch an die seiner unwürdigste Aufgabe
war, schon damals nicht „rein und ohne Falte“, da fing
hingegeben sehen wir das Durgtheater am Werke. Freilich,
er an, allerhand solche neckische und zugleich schwermütige
daß da nicht viele schauspielerische Darbietungen sind, an
Geschichten von nichtsinerischen Lebemännern und rätsel¬
denen man wirkliche Freude haben könnte, (ausgenommen
haft verdorbenen Frauenzimmern zu dichten. Jetzt ist er
etwa den grauhaarigen, von jugendlichem Temperament
über sechzig alt. Doch auch der Alte hält immer noch
glühenden Kammersänger des Herrn Reimers, oder
bei den gleichen melancholisch verschlampten Spielereien,
etwa noch die bessergeratene seiner beiden Töchter, Fräu¬
wie er sie shon vor drei oder vier Jahrzehnten schrieb.
lein Percy samt ihrem sympathischen Bräutigam Herrn
In erstaunlich vielfältigen Variationen hat er sie abge¬
Eichberger) dies ist nicht Schuld aller dieser vorzüg¬
wandelt und wenn ihm Gott ein langes Leben schenkt,
lichen Künstler. Wie peinlich es doch wirkt, eine Schau¬
so wird er schon noch ein paar weitere ersinnen. Ueber¬
spielerin von dem edlen Profil der Frau Wohlgemut
raschungen, wie er sie im „Grünen Kakadu“ und im
als jene Gräfin Aurelie von ihren sexuellen Exzessen er¬
„Jungen Medardus“ bot, sind nun kaum mehr zu ge¬
zählen zu hören! Auch Frau Mayen, der die Rolle der
wärtigen.
Seraphine aufgelastet wurde, ist uns viel zu wert, als daß
In der Tat ist dieser junge wienerische Max v. Reisen¬
wir sie ohne Bedauern anhören könnten. Frau Aknay
berg, der in der neuesten Komödie die unterschiedlichen
als die dritte im lieblichen Bunde bemüht sich vergeblich,
Verführungen zu bestreiten hat, ein alter Bekannter,
eine ihrem Wesen wenig zusagende Rolle zu meistern.
nämlich jener Lebejüngling Anatol, der nichts zu tun hat,
Für den Max Reisenberg bringt Herr Günther nicht
als hinter Weibern und Mädeln herzujagen und jedes
genug wienerische Leichtigkeit, nicht die verführerische
Liebesabenteuer mit philosophischen Geistreicheleien zu
Geste des „lieben Kerls“ mit. Herr Höbling ist
begleiten. Dieses ästhetische Früchterl ist diesmal ein
seiner Ehre sei es gesagt, ganz und gar nicht jener Maler
reicher Wiener Juwelierssohn. Auch sein Vater war schon
Gysar, der seine Kunst zur Dienerin seiner Lüste herab¬
ein solcher Schnipfer, er hat eine Gräfin verführt und
würdigt. Mit männlicher Wucht steht Herr Marr in¬
den Grafen dafür im Duell erschossen. Jetzt begegnet der
mitten des Buhlerreigens, während Herr Hennings
Sohn bei einem Maskenfest der jungen Gräfin Aurelie,
einmal eine Uniform schneidig zur Schau tragen darf.
der Tochter jenes gräflichen Paares. Und er überreicht ihr
Eine selbstverständliche Besetzung: der Baron Falkenir des
einen weißen Fliederzweig. Auf dem gleichen Feste be¬
Herrn Aslan, dem noble Schwermut des Ausdruckes
schenkt er noch zwei andere Mädchen mit solchen Zweigen,
und des Wortes so ausgezeichnet liegt. Auch Frau Retty
nämlich die Tochter eines Kammersängers und die Schwä¬
läßt bewährte Künste spielen. In farbloser Blässe verblieb
gerin eines Bankpräsidenten. So werden unschuldige
der neue Herr Andersen. Frau Witt war die Einzige,
Blüten ein wenig reichlich zu der bei Schnitzler herkömm¬
die ihrem Texte ein paar wienerische Dialektwendungen
lichen Funktion der Liebeswerbung mißbraucht, gleichwie
zu geben wußte. Zuguterletzt soll nicht vergessen werden,
bei ihm Frühlingsnächte immer nur dazu da sind, „schwül“
daß wenngleich nur in stummer Rolle, Frau Wil¬
zu sein und Liebesabenteuer wirksam vorzubereiten.
brandt auf die Bühne geführt wurde. Daß sie eine
Richtig fallen alle drei Mädchen den Verführungskünsten
kleine Weile dasaß und man sie anschauen durfte, machte
des Herrn v. Reisenberg zum Opfer, schön langsam der
den Abend wenigstens für diese kleine Weile erträglich.
Reihe nach. Am leichtesten macht es ihm die Gräfin
Die ablehnende Kühle, mit der die Erstaufführung
Aurelie. Die hat nämlich soeben mit ihrem Bräutigam,
vom Parterre und den Logen ausgenommen wurde, wurde
dem Baron Falkenir, welchen sie anderen Bewerbern,
vom Beifall einiger unentwegter Galerieenthusiasten
sogar einem Prinzen, vorzog, ein Malheur gehabt. Dieser
zu betrühlicher Schwermut neigende Baron hat die Ver= durchbrochen. So konnte sich der Dichter einige Male
B.
lobung nach halbstündiger Dauer gelest, denn er hat dankend vor dem Vorhange zeigen.
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