II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 53

29. Konoedje der Verfuchnung box 33/6
schngte Wstunta
2chung.
Wiener Theater= und Musikfest.
gesetzes zugunsten der obersten Gehaltsempfänger
wie
protestiert wird.
Bersiner-Pörsen-Zestlütienwerke. 7
Au¬
Wien, 12. Oktober.
wa#
Der Höhepunkt der abgelaufenen Woche des Theater¬
Bre
der Psychoanalysen ihren Grund findet. Es
festes, der vorletzten, war die mit großer Spannung er¬
nad
ist ein Drama, das keines ist, nicht Kunst,
wartete Uraufführung der neuen „Komödie der Ver¬
an
führung“ von Arthur Schnitzler im Burgtheater.
nicht Loben, sondern Literatur.
wei
Das dreiaktige, etwa vier Stunden währende Stück er¬
Das Burgtheater hatte weder Kräfte, noch
Ver
füllte die hohen Erwartungen nicht ganz. Es ist im Wesen
Kosten gespart, um das Werk würdig her¬
grö,
eine Wiederholung des „Reigens“ auf einer höheren Ebene.
mit
auszubringen. Bevor wir zur vorzüglichen
Verschiedenste Stadien, verschiedenste Arten der Erotik,
mät
Darstellung übergehen, seien rühmend die
allerdings durch die Meisterschaft der psychologischen Schil¬
schi
herrlichen Bühnenbilder Geylings,
derungskraft des Dichters zusammengehalten und auf ein
bea#
unanfechtbares Niveau gebracht, bilden den Kern des
namentlich der wundervolle Barockpark des
je
Stückes. Aurelie, die Heldin (von der Wohlgemuth
ersten Aufzuges und die Halle im Hause
mit
mit berückender Schönheit gestaltet), ist eine viel umwor¬
Westenhaus, erwähnt.
Dem glücklich¬
ruse
bene Gräfin.
Ein dekadent=melancholischer Prinz, ein
100
unglücklich liebenden Paar verliehen Frau
Baron Falkenir (Raul Aslan spielt ihn mit feiner Ele¬
liche
Wohlgemut und Herr Aslan einen
ganz) und ein junger Dichter bewerben sich um ihre Hand.
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Zug von tragischer Größe, den sie aus ihrem
Die wundersame Frau entscheidet sich für den gealterten
sone
Innern holten, um dem Dichter zu Hilfe zu
Baron, der das Glück kaum fassen kann, jedoch Aureliens
Hand ausschlägt.
Denn er ein Psychologe, hat entdeckt,
kommen; Frau Mayen war eine innige,
tel
daß der junge Max von Reisenberg (von Paul Günther
rührende Seraphine, voll eines seelischen eine
unverdorben und doch lebensgesättigt gespielt) das Weib
Lichts, das diese Gestalt, die bestgelungene
in E
berückt hat, die von einer wilden Erotik plötzlich durchzuckt
des ganzen Werkes in den Mittelpunkt der lichke
wird. Aurelie wirft sich Max in die Arme, schenkt ihm
Handlung rückte; Frau Aknay als Judith der
eine Nacht und lebt verborgen vor der Welt mit ihm, bis
kann
war von feuriger Wildheit mit leisen dämo¬
ja, bis Max sie verläßt und Judith, die Schwägerin
ange
des Präsidenten Westerhaus (Vilma Aknay gibt ihr ver¬
nischen Zügen; den Max stattete Herr
Tagt
führerisch dirnenhafte Züge), umwirbt. Judith vernimmt
Günther mit so viel sympathischem Sieg
seinen Roman, verspricht Trost für die Zukunft (auch eine
Wesen aus, als nur irgend möglich war; schen
Nacht) und läßt den leicht Beruhigten von sich gehen. Eine
Herr Hennings war ein vornehmer die L
Familienkatastrophe bricht über das Haus des Präsidenten
Prinz, Herr Andersen ein angenehm
ansta
herein: Verhaflung und Selbstmord des Familienober¬
Leobe
melancholischer Dichter, Herr Höbling ein
hauptes (Marr gibt ihm seine vollendete Charakteri¬
liche
verführerischer Maler. Dem Bankmann gab
sierungskunst) durch eine Schurkerei seiner Frau Juliag
(besor¬
Herr Marr herrische Härte, seiner Gattin,
(Albach=Rety), die den Staatsanwalt (König) liebt.
slawi¬
Judith erkennt, daß ihr Platz an der Seite des Toten, den
Frau Retty, einen Schuß Weibteufeltum;
ist) u.
sie im Herzen geliebt habe, sei. Max ist indes zu einem
Herr Georg Reimers war ein alternder
gelasse
neuen Liebesfruhling gelangt. Er hat Seraphine, die
Kammersänger von ewiger Jugend; in
dies
Künstlerin und Tochter eines Sängers (Maria Mayen
kleineren Rollen vortrefflich Fräulein berüh¬
leiht ihr Unschuld und Verklärung), geknickt und reist dann
Wagener und Herr Siebert. Wes= fährd.
ins Seebad, um Judith vereinbarungsgemäß zu treffen.
an de
halb man Frau Wilbrandt=Bau¬
Er sieht sie sich durch den Prinzen (des ersten Aktes)
Vorst¬
verloren, trifft auch Aurelie, die ihn nicht beachtet. Die
dins für eine Statistenrolle bemühte, bleibt skam
Heldin hat hier endlich ihre große mise en scène. Sie
unerfindlich. Die Zuhörer nahmen die ersten nomm
gesteht dem Freiherrn Falkenir, der sie noch immer
beiden Aufzüge mit Beifall auf, zum großes
liebt, daß sie unbändig sexuell veranlagt sei, daß sich
Schluß flaute die Stimmung merklich ab. kaufs
hinter ihrer Abgeklärtheit eine — Dirne verberge
und bekennt, daß es für sie nur einen Weg,
den Tod, gebe. Der Freiherr folgt ihr willig in das
rätselvolle Jenseits. Max jedoch, der erfährt, daß sein
Verhältnis mit Seraphine nicht ohne Folgen geblieben
sei, dabei aber schon wieder einer neuen Frau, Gilda, der
Tochter des Hoteldirektors (Hilde Wagener), nachjagt,
wird durch ein äußeres Ereignis in seiner „Laufbahn“
unterbrochen. Der Krieg bricht aus, er muß unter die
Fahnen. Vielleicht will Schnitzler mit diesem Schluß an¬
deuten, daß sich nach dem grauenvollen Kriege die Ein¬
stellung der Menschen zu den Problemen der Erotik ge¬
ändert habe, daß sich heute dem Leben andere Gesichts¬
punkte abgewinnen lassen; aber das Stück ist jetzt ge¬
schrieben, die Grazie und Kühle trotz der Sinnlichkeit blieb
dieselbe, wie beim alten Schnitzler. Diesem galt auch
vornehmlich der starke Beifall, der besonders nach dem
ersten und zweiten Akt stark war. Auch Brahms Regie
und die schönen Bühnenbilder sind mit Anerkennung zu
erwähnen.