29. Kongedie der Verfuchrung box 33/6
aussetzt. Nun ist sie so erschüttert und verstört. an sich selbst irre
schaftsspiel ab; aber einige, nicht ganz unwesentliche Fasern ihrer
geworden, daß sie an seine Kraft und sein Recht zum Vertrauen
Nerven sind darin verstrickt, und zeitweilig sinkt sie in der Um¬
Verführung.
klammerung der Schlingpflanzen unter. Doch ist sie immer nur mit
nicht mehr glauben kann. Und in der Tat: unmittelbar, nachdem er
den Nerven, nie mit der Seele dabei. Die gehört dem einen jener
ihr versichert hat, daß die Gespenster keine Macht mehr über ihn
schnitzler.
beiden Freunde, und daß er wider Willen an ihrem Gleiten schuld
haben, und sie, scheinbar beruhigt, den Rücken gewendet hat, fällt er
[Rachbruck verboten.]
ist, das ist eine wirklich traurige Geschichte, traurig und wirklichkeits¬
in seine Zweifel zurück. Sie beide sind heillos zerstört, und als die
getreu. Denn als sie ihn, den Vierziger, einigen um ein halbes
Everth.
Frau, in richtiger Ahnung, daß seine angebliche Wandlung gar nicht
Menschenalter jüngeren Bewerbern vorzieht, glaubt er nicht, daß es
im Bereich seiner Möglichkeiten liegt, sich ertränkt und er ihr
Wien, den 14. Oktober.
Liebe sei, sondern nur Vertrautheit und Vertrauen aus der Jugend
folgt, geschieht das mit der Unentrinnbarkeit wirklicher Tragik.
her, zumal er einst ihr Vormund war. Er meint, sie täusche sich, er
e Uraufführung von Schnitzlers
Der Zuschauer ist ergriffen, aber einverstanden mit solchem Ende,
fürchtet die Enttäuschung und spintisiert weiter: sie, die Strahlende,
ödie der Worte“, die eigent¬
weil es notwendig ist.
müsse mehr vom Leben gewinnen als einen Menschen. So sehr sie
Verführung handelte, unter be¬
Das Ganze ist indessen doch keine Tragödie. Dazu ist das spezifische
auch, in wundervollen Worten, sich dagegen verwahrt, es bestätigt sich,
bruchs, kommt nun nach einem
Gewicht nicht durchweg groß und die Form nicht straff genug. Es ist
worüber er sich klar ist: Die Voraussicht hat geheimnis¬
ssen die Gestalt Casanovas dem
überhaupt eigentlich kein Drama, sondern ein Buch, das der Erzähler
volle Kraft, heraufzubeschwören, was sie verhüten
Lied von den „dunklen ewigen
Schnitzler in der äußeren Form eines Dramas geschrieben hat. In
möchte! So drängt er sie aus Lebensangst, vielleicht auch in der
n Mann zu Weib und von Weib
einer Erzählung kann man so viele Fäden verknüpfen, die zum Teil nur
schmerzlichen Wollust des Verzichtens — anderen in die Arme, zuerst
eschlecht“, wie es in der Komödie
sehr wenig miteinander zu tun haben. Merkwürdig übrigens, wie
zum Tanz, und das andere findet sich ohne sein Zutun. Die Szenen
er da, wo er dramatisch wird, sich eigentümlich in der Nachfolge Ib¬
aber des ersten Aktes, in denen diese Grundlinien des Bildes, auf das
gabzuwenden: Komödie steht nur
sens bewegt; in einigen Szenen gegen den Schluß hin spricht er im
es in dem Werk ankommt, gezogen werden, heben sich — es kann nicht
tertitel, und es ist auch gar keine
Tonfall und beinahe mit den Bildern des späten Ibsen. Man denkt
anders sein — auch dramatisch und dichterisch über das Niveau der
weilen schwer wie eine Tragödie,
an das Erwachen der Toten, und das Problem des unerschwinglichen
meisten anderen hinaus. Hier ist bester Schnitzler, hier ist bei aller
rzweigten Handlung ist ganz tra¬
Vertrauens erinnert, ebenso wie die Katastrophe, an Rosmersholm.
Grübelei seines Barons die ganze Kommentarlosigkeit und Vieldeutig¬
er Menschen. Das übrige ist schon
Das Ganze jedoch, ist so breit und so locker gefügt, daß man bei der
keit des Lebens. Und als am Schluß des Aktes, eben nach jenen
#ustig. So ist das Wort vielleicht
fast vierstündigen Uraufführung mehr hätte strrichen sollen, als
ei Bitterkeit in dem Werk, einiges
Szenen, die Frau von dem, den sie liebt, „freigegeben“ und sich selbst
man tat.
überlassen, mit einem jungen, liebenswürdigen Fant davongeht, nicht
fsehen. Im ganzen glaubt man,
Die Aufführung war gut. Das Wesentliche kam zu klarer Gestalt,
schwer zu erraten, wohin, ist man erschüttert. Komödie? Nein.
heater zu sitzen, wo die Menschen,
und in dem weniger Wesentlichen wurde mancher peinliche Zug ge¬
ebs. Marionetten gleich an den
Die Mischung ist anders.
mildert. Die Hauptrollen hatten Frau Wohlgemuth und Herr
ämon der Gattung zieht, vor dem
Inzwischen wirbelt nun der Liebestanz der menschlichen Eintags¬
Aslan. Die Frau, sehr schön wie immer, aber auch sehr klug und
um in Betracht kommen, nur als
fliegen fast zwei Akte lang, lange Akte. Dann hat die Frau, bei
seelisch ausschöpfend, nahm den Ton gleich zu Anfang schwer und tief
n die Zeit wieder einmal erfüllt ist
aller Unwandelbarkeit ihrer Liebe, erkannt, daß nach alledem auch
und stimmte alles, was sie durchlebt, auf einen letzten unanzweifel¬
leistet.
der einzige, den sie je geliebt hat, sie niemals so völlig besitzen
baren Ernst. Der Baron von Falkenir, ein Detter oder Bruder des
n anderen, in ewigem Spiel „Ver¬
könnte, wie er es zur Bedingung machte, weil kein Mensch einen
Herrn von Sala aus dem „Einsamen Weg“, war bei Herrn Aslan
e Art von „Reigen" Oder, wenn
andern je so besitzen kann. Ihm aber ist inzwischen der Fluch
vielleicht äußerlich nicht leicht genug, auch etwas zu alt, dazu anfangs
freuzung zwischen „Liebelei" und
der bloßen Betrachtung aufgegangen, er hat eingesehen, was
ein wenig scharf, fast eigensinnig in seiner Doktrin von der Lebens¬
pißchen viel durcheinander geliebelt,
der Zuschauer im ersten Akt ihm glaubte einwerfen zu sollen: daß
angst der anderen, an der doch niemand so leidet wie er selbst. Im
e Lust zum Leben gerade vermehrt
er hätte anders eingreifen können und müssen, um sie vor manchen
letzten Akt aber überzeugte auch er ganz.
k vielleicht ist es eine melancholische
„Möglichkeiten“ ihrer Natur zu bewahren, die durchaus nicht un¬
Das Stück wird seinen Weg machen. Es hat trotz allem manche
hiner, deren Gefühl rein und stark
verbrüchlich Wirklichkeiten zu werden brauchten, und deren Reali¬
theatralisch wirksame Szene, ernsthafte Menschen finden viel Besinn¬
darauf verzichten, den Cancan mit¬
sierung sie zerrüttet haben. Man kommt ja keineswegs nur dann
liches darin, und andere werden sich an den zahlreichen amourösen
frau, ohne Wetbewerb, ohne Eifer¬
zu sich und seiner Form, wenn man alle Möglichkeiten ausschöpft —
Affären ergötzen. In diesem Haus sind viele Wohnungen.
sden Männer zum ersten Mal auf
Form heißt immer Verzicht. Früheren Zeiten ist das eine selbst¬
die erste, wo man den Schnitzler,
verständliche Weisheit gewesen, und nur die quantitative Denkweise
n bekommt.
dieser Zeit hat die Qualität der Menschen gefährdet. Schnitzlers
nken, nicht bloß ihre Empfindungen
Aurelie hat Form und Qualität, und so zerbricht sie, als der von
euen suchen, hebt sich mit dem Ent¬
sicksals von jenem aimablen Gesell- ihren „Möglichkeiten“ besessene Grübler sie allen diesen Möglichkeiten
aussetzt. Nun ist sie so erschüttert und verstört. an sich selbst irre
schaftsspiel ab; aber einige, nicht ganz unwesentliche Fasern ihrer
geworden, daß sie an seine Kraft und sein Recht zum Vertrauen
Nerven sind darin verstrickt, und zeitweilig sinkt sie in der Um¬
Verführung.
klammerung der Schlingpflanzen unter. Doch ist sie immer nur mit
nicht mehr glauben kann. Und in der Tat: unmittelbar, nachdem er
den Nerven, nie mit der Seele dabei. Die gehört dem einen jener
ihr versichert hat, daß die Gespenster keine Macht mehr über ihn
schnitzler.
beiden Freunde, und daß er wider Willen an ihrem Gleiten schuld
haben, und sie, scheinbar beruhigt, den Rücken gewendet hat, fällt er
[Rachbruck verboten.]
ist, das ist eine wirklich traurige Geschichte, traurig und wirklichkeits¬
in seine Zweifel zurück. Sie beide sind heillos zerstört, und als die
getreu. Denn als sie ihn, den Vierziger, einigen um ein halbes
Everth.
Frau, in richtiger Ahnung, daß seine angebliche Wandlung gar nicht
Menschenalter jüngeren Bewerbern vorzieht, glaubt er nicht, daß es
im Bereich seiner Möglichkeiten liegt, sich ertränkt und er ihr
Wien, den 14. Oktober.
Liebe sei, sondern nur Vertrautheit und Vertrauen aus der Jugend
folgt, geschieht das mit der Unentrinnbarkeit wirklicher Tragik.
her, zumal er einst ihr Vormund war. Er meint, sie täusche sich, er
e Uraufführung von Schnitzlers
Der Zuschauer ist ergriffen, aber einverstanden mit solchem Ende,
fürchtet die Enttäuschung und spintisiert weiter: sie, die Strahlende,
ödie der Worte“, die eigent¬
weil es notwendig ist.
müsse mehr vom Leben gewinnen als einen Menschen. So sehr sie
Verführung handelte, unter be¬
Das Ganze ist indessen doch keine Tragödie. Dazu ist das spezifische
auch, in wundervollen Worten, sich dagegen verwahrt, es bestätigt sich,
bruchs, kommt nun nach einem
Gewicht nicht durchweg groß und die Form nicht straff genug. Es ist
worüber er sich klar ist: Die Voraussicht hat geheimnis¬
ssen die Gestalt Casanovas dem
überhaupt eigentlich kein Drama, sondern ein Buch, das der Erzähler
volle Kraft, heraufzubeschwören, was sie verhüten
Lied von den „dunklen ewigen
Schnitzler in der äußeren Form eines Dramas geschrieben hat. In
möchte! So drängt er sie aus Lebensangst, vielleicht auch in der
n Mann zu Weib und von Weib
einer Erzählung kann man so viele Fäden verknüpfen, die zum Teil nur
schmerzlichen Wollust des Verzichtens — anderen in die Arme, zuerst
eschlecht“, wie es in der Komödie
sehr wenig miteinander zu tun haben. Merkwürdig übrigens, wie
zum Tanz, und das andere findet sich ohne sein Zutun. Die Szenen
er da, wo er dramatisch wird, sich eigentümlich in der Nachfolge Ib¬
aber des ersten Aktes, in denen diese Grundlinien des Bildes, auf das
gabzuwenden: Komödie steht nur
sens bewegt; in einigen Szenen gegen den Schluß hin spricht er im
es in dem Werk ankommt, gezogen werden, heben sich — es kann nicht
tertitel, und es ist auch gar keine
Tonfall und beinahe mit den Bildern des späten Ibsen. Man denkt
anders sein — auch dramatisch und dichterisch über das Niveau der
weilen schwer wie eine Tragödie,
an das Erwachen der Toten, und das Problem des unerschwinglichen
meisten anderen hinaus. Hier ist bester Schnitzler, hier ist bei aller
rzweigten Handlung ist ganz tra¬
Vertrauens erinnert, ebenso wie die Katastrophe, an Rosmersholm.
Grübelei seines Barons die ganze Kommentarlosigkeit und Vieldeutig¬
er Menschen. Das übrige ist schon
Das Ganze jedoch, ist so breit und so locker gefügt, daß man bei der
keit des Lebens. Und als am Schluß des Aktes, eben nach jenen
#ustig. So ist das Wort vielleicht
fast vierstündigen Uraufführung mehr hätte strrichen sollen, als
ei Bitterkeit in dem Werk, einiges
Szenen, die Frau von dem, den sie liebt, „freigegeben“ und sich selbst
man tat.
überlassen, mit einem jungen, liebenswürdigen Fant davongeht, nicht
fsehen. Im ganzen glaubt man,
Die Aufführung war gut. Das Wesentliche kam zu klarer Gestalt,
schwer zu erraten, wohin, ist man erschüttert. Komödie? Nein.
heater zu sitzen, wo die Menschen,
und in dem weniger Wesentlichen wurde mancher peinliche Zug ge¬
ebs. Marionetten gleich an den
Die Mischung ist anders.
mildert. Die Hauptrollen hatten Frau Wohlgemuth und Herr
ämon der Gattung zieht, vor dem
Inzwischen wirbelt nun der Liebestanz der menschlichen Eintags¬
Aslan. Die Frau, sehr schön wie immer, aber auch sehr klug und
um in Betracht kommen, nur als
fliegen fast zwei Akte lang, lange Akte. Dann hat die Frau, bei
seelisch ausschöpfend, nahm den Ton gleich zu Anfang schwer und tief
n die Zeit wieder einmal erfüllt ist
aller Unwandelbarkeit ihrer Liebe, erkannt, daß nach alledem auch
und stimmte alles, was sie durchlebt, auf einen letzten unanzweifel¬
leistet.
der einzige, den sie je geliebt hat, sie niemals so völlig besitzen
baren Ernst. Der Baron von Falkenir, ein Detter oder Bruder des
n anderen, in ewigem Spiel „Ver¬
könnte, wie er es zur Bedingung machte, weil kein Mensch einen
Herrn von Sala aus dem „Einsamen Weg“, war bei Herrn Aslan
e Art von „Reigen" Oder, wenn
andern je so besitzen kann. Ihm aber ist inzwischen der Fluch
vielleicht äußerlich nicht leicht genug, auch etwas zu alt, dazu anfangs
freuzung zwischen „Liebelei" und
der bloßen Betrachtung aufgegangen, er hat eingesehen, was
ein wenig scharf, fast eigensinnig in seiner Doktrin von der Lebens¬
pißchen viel durcheinander geliebelt,
der Zuschauer im ersten Akt ihm glaubte einwerfen zu sollen: daß
angst der anderen, an der doch niemand so leidet wie er selbst. Im
e Lust zum Leben gerade vermehrt
er hätte anders eingreifen können und müssen, um sie vor manchen
letzten Akt aber überzeugte auch er ganz.
k vielleicht ist es eine melancholische
„Möglichkeiten“ ihrer Natur zu bewahren, die durchaus nicht un¬
Das Stück wird seinen Weg machen. Es hat trotz allem manche
hiner, deren Gefühl rein und stark
verbrüchlich Wirklichkeiten zu werden brauchten, und deren Reali¬
theatralisch wirksame Szene, ernsthafte Menschen finden viel Besinn¬
darauf verzichten, den Cancan mit¬
sierung sie zerrüttet haben. Man kommt ja keineswegs nur dann
liches darin, und andere werden sich an den zahlreichen amourösen
frau, ohne Wetbewerb, ohne Eifer¬
zu sich und seiner Form, wenn man alle Möglichkeiten ausschöpft —
Affären ergötzen. In diesem Haus sind viele Wohnungen.
sden Männer zum ersten Mal auf
Form heißt immer Verzicht. Früheren Zeiten ist das eine selbst¬
die erste, wo man den Schnitzler,
verständliche Weisheit gewesen, und nur die quantitative Denkweise
n bekommt.
dieser Zeit hat die Qualität der Menschen gefährdet. Schnitzlers
nken, nicht bloß ihre Empfindungen
Aurelie hat Form und Qualität, und so zerbricht sie, als der von
euen suchen, hebt sich mit dem Ent¬
sicksals von jenem aimablen Gesell- ihren „Möglichkeiten“ besessene Grübler sie allen diesen Möglichkeiten