II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 92

box 337
29 Kongedie der Verfuchrung

feser reichsdeutschen
Aehnlich verstand Gudrun Kabisch' feuriger Lebensdrang Un¬
der Dichter nicht,
tiefen ihrer Sinnlichkeit als Indith zu überbrücken, und Friedel
Nowacks Seraphine, das süße Mädel aus Klinstlerschicht, umgab
kerspiel gewordene
hemmungskose Hingebung mit der Poesie des „Liebelei“=Dichters:
den einer märchen¬
Die Musikszene des vierten Bildes konnte in der Keuschheit ihrer
Prinzen Arduin
Wiedergabe fast über die Folgen, „Das Kind“
hinwegtrösten.
Aber fast noch
Glück hatte der Dichter aber auch in der Besetzung der drei
e Wirklichkeit des
Aurelie=Werber, deren in der Rolle stärkster, Prinz Arduin von
es Staatstheaters
Perosa, von Bernhard Herrmann ganz ausgezeichnet gegeben
m Wiener Burg¬
wurde: Menschlich, gütig, vornehm wirkend auch mit seinen
sstarken Erfolg ge¬
Schwächen. Dieser Prinz von Perosa ist Schnitzler vielleicht am
siegte im Zeichen
besten gelungen; er hatte es allerdings nicht schwer bei der Zeich¬
einer Dauer von
nung — das Original lebt und führt einen durchsichtig ähnlichen
ist im Forteilen
Namen —, doch auch hier vollendet darstellerisches Können erst
ßhielt, den Mit¬
das, was im Buche nur spielerisch=steif und egoistisch erschien. Die
irmen dankte.
männliche Hauptrolle des Stückes, Freiherr von Falkenir, fand in
Kurt Sellnick einen überraschend überzeugenden Vertreter,
überraschend, weil das Abgeklärte ja eigentlich nicht ganz dem
folges einer als
Wesen unseres rasch beliebt gewordenen Bonvivants entsprechen
Milderung ihrer
mag, und Ambros Doehl, der dritte um Aurelie Werbende, zu¬
Dr. Hans Bux¬
Hauptträger der
gleich die fürsorgende Vorsehung in den Abgrund=Szenen,
zzu sein, war Gustav Schwab nicht schwer: Hier waren Indi¬
der bleiben, deren
vidualität und Rolle eins.
kruierten, unwahr¬
ndige Persönlich¬
Zu diesen dreien kommt aber noch als vierter das Frage¬
auch ohne
zeichen der Komödie, der blutjunge Verführer aller Frauentypen,
sich mit
e der Erfindung,
Mar von Reisenberg, Lebejüngling von Veruf: Hauptrolle des
en,
eines
Komödienabends (nicht des Stückes) und die wohl schwerste Auf¬
n0
ubenhaft
gabe für die Darstellung. Sollie doch mit diesem Max versucht
weiblich
t dieser
werden, einen gewissenlosen Frauenjäger glaubhaft und nicht
zurück vor der
unsympathisch auf die Bühne zu bringen. An einem unangenehm
Seraphine ver¬
wirkenden Mar — und diese Gesahr liegt allzunahe — würde
drun Kabisch,
der Erfolg scheitern; doch Wolfgang Langhosf verstand, den
des Dichters, und
jungen Menschen in einer kindlich=naisen Genußsucht=Sphäre nur
hll“ von Aurelie,
zu spielen, naiv so sehr, daß die Gewissenlosigkeit dabei noch nicht
bemerkt wurde.
rüchwort: „tont
stehen heißt alles
Und blieb auch
Es sehlt leider an Raum, die übrigen bedeutenden Leistun¬
ar sie nicht ganz
gen, fast das gesamte Schauspiel=Ensemble war beschäftigt, noch
das Fehlende
einzeln zu würdigen; sie haben sich Alle um den starken Erfolg
zakt, den diese
des Abends verdient gemacht, und mit ihnen die Bühnenbildner,
förperlichem Ver¬
deren Werk zu rühmen nicht vergessen werden darf, gibt es doch
eines Sumpfes. 1 in den 3½ Stunden ebenko viel zu sehen — wie zu hören.
Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Telefon: Norden 3051
BERLIN N
Ausschnitt aus:
Deutsche Allgemeine Zeitung, Berlin
25.0kt. 1924
Schnitzler = Uraufführung in Wiesbaden. Im
Kleinen Hause des Wiesbadener Staatstheaters
kan Schnitzlers „Komödie der Verführung“ unter
der Regie von Dr. Hans Buxbaum zur reichs¬
deutschen Uraufführung. Eros feiert Triumphe
wie nur je bei Schnitzler. Der Vergleich mit dem
„Reigen“ liegt nahe. Nur ist an Stelle der fast!
hüllenlosen Gegenständlichkeit des Sexus die Um¬
schreibung getreten. Paare finden und verlieren
sich drei Akte und mehr als drei Stunden hin¬
durch. Im Wechsel einzig liegt Beständigkeit. Die
dramatische Form zerfließt; aus dem allzu üppig
geblähten Dialoge hebt sich zuweilen ein wunder¬
volles Wort, grüßt ab und an ein Abglanz des
Dichters der „Liebelei“ und des „Anatol“ Unter
den Darstellern ragten hervor die Damen Hummel
und Nowack, die Herren Herrmann und Langen¬
hoff. Das Publikum folgte der Aufführung, die
um einige Schwingungen leichter hätte sein
dürfen, mit Interesse.
L.-M.