Seie 8
Wien, 8
novas Gestalt nicht empfindet, dem muß
die Komödie zwiespältig, nicht aus einem
Guß, erscheinen.
„Casanova in Spa. Auf den Begriff
Casanova und auf den Begriff Spa kommt
es an: auf den frechen Zyniker und die
namenlos frivole Welt von Spielern,
„. *
Tirnen, Narren mit Menuettmusik und
+. 4
Degenklirren, die er beherrsch. Casanova,
mit Ehre, Tugend und Menschlichkeit jong¬
lierend, das ist das Thema. Alle anderen
Figuren sind glitzernde Hugeln, die er durch¬
einander wirft.
*
Ein Werk, geboren aus dem Geist der
Auflösung des ethischen Nihilsmus. Und,
für mich, mit dem schillernden Zauber des
echten Rolokos, das eine Zeit solchen
Geistes. war.
Vielleicht ist nur manchmal etwas derber
gesagt, breiter gemalt, als nötig wäre.
Keine. Sekunde der Langeweile übrigens
in den drei Versakten, während deren der
Vorhang nicht fällt.
*
Aber es bleibt ein bitterer Nach¬
geschmack. In dem von den Problemen der
eigenen Zeir bedrückten Zuschauer wehrt
sich etwas gegen die ethischen Grundlagen
des Werkes. Er fühlt sich mit Andrea, mit
Anina durch Casanova degradiert, zur
Schweineherde assentiert, mit einem Lächeln
zur Kanaille gestoßen, für die es keine
ernsten Bedenken mehr g.bt, kein Ethos,
keine Mannes= und Frauenwürde, nur gute
Scherze und ein fideles Diner.
Das Stück wird leicht mißverstanden,
wenn nicht ein wirklich blendender und
magnetischer Casanova im Vordergrund
steht. Das ist Treßler nun gar nicht.
Frech, jawohl, auch gewandt und schlau,
aber ohne jede Dämonie — man versteht
die vielen Frauen nicht, die sich von Casa¬
nova verführen, die vielen Männer nicht,
die sich von ihm betrügen ließen.
Schott in der Rolle des jungen
Dichters ein wenig steif, wenn auch
sehr
anstöndig und sympathisch in Ton und
Geste. Fräulein Aknay als des Dichters
Gefährtin ist voll reizvoller Sprödigkeit, so
lange der Text sie ihr gewährt; dann, zur
Herde gejagt, weiß sie nicht, was ihr ge¬
schieht und steht ein wenig ratlos da. Frau
Albach=Retty als Faminia ist sehr
gewandt und humorvoll, obgleich nicht eben
eine Neapolitanerin; der junge Thimig
in einer schelmischen Bed entenrolle wieder
so angenehm jung und anmutig; die übrigen
gehorsame Jonglierkugeln in des Dichters
Hand.
*
Der Erfolg war sehr groß. Das Publi¬
wen? Den
kum grüßte immer wieder
Dichter der „Liebelei“? Den Dichter der
„Schwestern“? Ich meine, ein bißchen
beide.
R. A. B.
Operntheater.
Wien, 8
novas Gestalt nicht empfindet, dem muß
die Komödie zwiespältig, nicht aus einem
Guß, erscheinen.
„Casanova in Spa. Auf den Begriff
Casanova und auf den Begriff Spa kommt
es an: auf den frechen Zyniker und die
namenlos frivole Welt von Spielern,
„. *
Tirnen, Narren mit Menuettmusik und
+. 4
Degenklirren, die er beherrsch. Casanova,
mit Ehre, Tugend und Menschlichkeit jong¬
lierend, das ist das Thema. Alle anderen
Figuren sind glitzernde Hugeln, die er durch¬
einander wirft.
*
Ein Werk, geboren aus dem Geist der
Auflösung des ethischen Nihilsmus. Und,
für mich, mit dem schillernden Zauber des
echten Rolokos, das eine Zeit solchen
Geistes. war.
Vielleicht ist nur manchmal etwas derber
gesagt, breiter gemalt, als nötig wäre.
Keine. Sekunde der Langeweile übrigens
in den drei Versakten, während deren der
Vorhang nicht fällt.
*
Aber es bleibt ein bitterer Nach¬
geschmack. In dem von den Problemen der
eigenen Zeir bedrückten Zuschauer wehrt
sich etwas gegen die ethischen Grundlagen
des Werkes. Er fühlt sich mit Andrea, mit
Anina durch Casanova degradiert, zur
Schweineherde assentiert, mit einem Lächeln
zur Kanaille gestoßen, für die es keine
ernsten Bedenken mehr g.bt, kein Ethos,
keine Mannes= und Frauenwürde, nur gute
Scherze und ein fideles Diner.
Das Stück wird leicht mißverstanden,
wenn nicht ein wirklich blendender und
magnetischer Casanova im Vordergrund
steht. Das ist Treßler nun gar nicht.
Frech, jawohl, auch gewandt und schlau,
aber ohne jede Dämonie — man versteht
die vielen Frauen nicht, die sich von Casa¬
nova verführen, die vielen Männer nicht,
die sich von ihm betrügen ließen.
Schott in der Rolle des jungen
Dichters ein wenig steif, wenn auch
sehr
anstöndig und sympathisch in Ton und
Geste. Fräulein Aknay als des Dichters
Gefährtin ist voll reizvoller Sprödigkeit, so
lange der Text sie ihr gewährt; dann, zur
Herde gejagt, weiß sie nicht, was ihr ge¬
schieht und steht ein wenig ratlos da. Frau
Albach=Retty als Faminia ist sehr
gewandt und humorvoll, obgleich nicht eben
eine Neapolitanerin; der junge Thimig
in einer schelmischen Bed entenrolle wieder
so angenehm jung und anmutig; die übrigen
gehorsame Jonglierkugeln in des Dichters
Hand.
*
Der Erfolg war sehr groß. Das Publi¬
wen? Den
kum grüßte immer wieder
Dichter der „Liebelei“? Den Dichter der
„Schwestern“? Ich meine, ein bißchen
beide.
R. A. B.
Operntheater.